«  1  »

 

Gemeinderat, 22. Sitzung vom 25.06.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 49 von 140

 

erfolgen, sodass für den Zeitraum des U-Bahn-Baus erhebliches Fremdkapital erforderlich war. Der Trafikant bot damals der Bank als Sicherstellung für Kredite und Überziehungen ein kleines Einfamilienhaus sowie drei Lebensversicherungen im Ausmaß von jeweils 20 000 Eur an. Anfang Jänner dieses Jahres teilte ihm die Bank mit, dass weitere Überziehungen auf Grund von Basel II nicht mehr möglich wären, und er die bestehenden Überziehungen abdecken müsse. Er hat dann innerhalb von drei Wochen, das muss man sich bitte vorstellen, innerhalb von drei Wochen, sein Einfamilienhaus im Jänner notverkauft und mit den bei den Banken hinterlegten Lebensversicherungen war ein Großteil seiner Schulden abgedeckt. Nur, nachdem der U-Bahn-Bau noch etwa ein Jahr dieses Geschäft weiter behindern wird, hat er für diesen kommenden Zeitraum einen Betriebsmittelkredit von 60 000 bis 70 000 Eur benötigt. Die Bank sagte schlichtweg Nein. Begründung: Für Basel II sind unter anderem die letzten beiden Bilanzen entscheidend, und durch den U-Bahn-Bau waren die natürlich entsetzlich. Dass dieser Betrieb vorher immer mit entsprechenden Gewinnen bilanziert hat und nach Fertigstellung des U-Bahn-Baus wieder mit entsprechenden Gewinnen bilanzieren würde, hat niemanden interessiert. Sämtliche Interventionen bei den diversesten Banken waren ohne Erfolg. Nicht einmal Herr VBgm Rieder, den ich damals um Rat und Hilfe angesprochen habe, konnte helfen.

 

Seitens der Wirtschaftskammer war die Förderung für den U-Bahn-Bau zu gering, um die Kosten abzufangen. Das größte Problem war aber die geringe Zeit, die seitens der Bank für die Kreditsicherung gewährt wurde, nämlich nicht einmal drei Wochen. Sogar wenn die Wirtschaftskammer hätte helfen wollen, wäre es innerhalb dieser kurzen Frist nicht möglich gewesen. Am 25. Jänner hat die Bank dann an die Mitarbeiter dieses Trafikanten keine Gehälter mehr überwiesen, somit trat Zahlungsunfähigkeit und Insolvenz ein. Alter: 61 Jahre, ein Leben lang gearbeitet, jetzt Ruin. Das Einfamilienhaus weg, drei Lebensversicherungen weg. Dies innerhalb von drei Wochen ohne Vorwarnung. Das am Wirtschaftsstandort Wien im Jahr 2007, meine sehr geehrten Damen und Herren. Traurig. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Und, sehr geehrte Frau Vizebürgermeister, die Banken agieren weiter und machen das an sich auch sehr geschickt. Sie treten an ihre Kunden heran und fordern, die Überziehungen in Kredite umzuwandeln. Dabei werden Laufzeiten von zehn Jahren angeboten und günstigere Zinssätze wie bei Überziehungen. Eine an sich schlüssige und anscheinend sinnvolle Aktion, nur gibt es dabei einen Haken: Kredite müssen nach dem Kreditwesengesetz besichert sein, die Banken verlangen also Sicherstellungen, wie Grundstücke, Eigentumswohnungen, et cetera. Nur gibt es diese in den wenigsten Fällen. Keine Sicherstellungen, keine Kredite, somit Zahlungsunfähigkeit und Insolvenz. Seit Jänner dieses Jahres wurden zwölf meiner Klienten von den Banken aufgefordert, ihre Überziehungen in Kredite umzuwandeln. Das Ergebnis bleibt abzuwarten.

 

Sehr geehrte Frau Vizebürgermeister, ich fürchte Schlimmes für diese Betriebe und für den Wirtschaftsstandort Wien. Sehr geehrte Frau Vizebürgermeister, die SPÖ behauptet immer, dass sie sich für die Anliegen der österreichischen Klein- und Mittelunternehmen stark macht. Wir konnten das leider nicht feststellen. Bitte, verabsäumen Sie nicht, dem größten Arbeitgeber Wiens, den Klein- und Mittelbetrieben, die überlebensnotwendigen Unterstützungen im Interesse aller Wiener zu geben. Sprechen Sie bitte mit den Banken, übernehmen Sie aber auch Haftungen und gewähren Sie entsprechende Förderungen, anstatt die Wirtschaftsförderung weiter zu kürzen.

 

Seien Sie nicht nur die Lobby für die Großbetriebe und für die Banken, die nur zwei Prozent der Dienstgeberbetriebe sind. Seien Sie auch Lobby für die restlichen 98 Prozent der Dienstgeberbetriebe, seien Sie Lobby für die KMUs. Die Unterstützung der Freiheitlichen Fraktion ist Ihnen gewiss. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Dipl-Ing Margulies.

 

GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Ich möchte mich jetzt bei dem Punkt eher mit einem anderen Punkt beschäftigen. Wir haben schon sehr viel über die Wirtschaftssituation in Wien gesprochen, und ob Basel II tatsächlich auf Wiener Ebene zu lösen ist, das wage ich zu bezweifeln, wenngleich ich die Kritik teile, also wie sich Basel II in Wirklichkeit auf Klein- und Kleinstunternehmen auswirkt.

 

Ich möchte aber über die Dezentralisierung und die Bezirksmittelverordnung sprechen. Ich habe mir die Mühe gemacht, die Budgets der vergangenen Jahre anzusehen und, wie gesagt, wir haben schon drüber gesprochen, dass einnahmenseitig wegen der geringen Erhöhung der Kommunalsteuer in den vergangenen Jahren und wegen der noch geringeren Erhöhung der Dienstgeberabgabe - de facto die beiden Parameter, die für die Mittel, die in Summe den Bezirken zur Verfügung gestellt werden, maßgeblich sind - die Bezirke innerhalb der letzten fünf Jahre real verloren haben. Dramatisch mehr, wenn man es sich wirklich anschaut, denn bereinigt um den Verbraucherpreisindex ist es ungefähr eine Reduktionssumme um die 5 Prozent.

 

Ich beziehe mich in dem Zusammenhang, das schicke ich vielleicht vorweg, auf den Topf 1 und auf den Topf 2, nachdem die Mittel für die Hauptstraßen und für den Kanal in der Regel anders festgelegt werden, und das auch mit Abstand die kleineren Summen sind.

 

Wie verteilt sich eigentlich das Geld, das in der Bezirksmittelverordnung geregelt ist, also knapp 145 Millionen EUR der Töpfe 1 und 2? Da verteilen sich zunächst einmal rund 35 Prozent im Topf 1 nach dem Bevölkerungsstand, weitere 35 Prozent verteilen sich nach den Verkehrsflächen, 5 Prozent nach der Dichte, 20 Prozent nach den Pflichtschülern und 5 Prozent nach der Lex 1. Bezirk, nach den Arbeitsstätten.

 

Das große Problem an dem Ganzen ist, - jetzt kann man über die Indikatoren des Topfes 1 streiten - dass

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular