Gemeinderat,
22. Sitzung vom 25.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 140
anzunehmen. Das ist zu ernst, als dass man es totschweigt.
Es war interessant, wie viel rascher die SPÖ reagiert
hat, als wir das Thema „Demokratie und Verfassung" wieder zur Sprache
gebracht haben, aber nicht deshalb, weil die SPÖ hier plötzlich ein Umdenken
vorgenommen und gesagt hätte, wir wollen mit den Bürgerinnen und Bürgern anders
umgehen oder wir wollen die Opposition anders behandeln.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie mit den
Bürgern und Bürgerinnen umgegangen wird, sieht man am Beispiel Markthalle, wo
einfach 15 000 Unterschriften zur Seite geschoben wurden, zugesagte
Gespräche nicht stattgefunden haben, wo man Bürgerinitiativen einfach ins Leere
laufen ließ und nicht bereit war, tatsächlich das Gespräch mit den Betroffenen
zu führen, sondern einfach zugesperrt hat.
Aber es zeigt auch, dass wir eine Verfassung haben,
die in vielem nur nach einem Gesichtspunkt ausgerichtet ist: Was ist günstig
für die Mehrheitspartei SPÖ, was macht es für die Oppositionsparteien
unmöglich, hier tatsächlich Diskussionen abzuführen?
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dazu gehört
etwa die Behandlung der nichtamtsführenden Stadträte, ob das jetzt ihr
Rederecht ist, die Möglichkeit, das Kontrollamt anzurufen oder Ähnliches. Das
schreit ja an sich schon nach einer Änderung. Oder das Wahlrecht, das mit
45 Prozent einer Partei die absolute Mehrheit bringen kann, was dazu
führt, dass manche Entscheidungen, die in anderen Landtagen einer
Zweidrittelmehrheit bedürfen, in Wien mit 45 Prozent beschlossen werden
können. Das sind Themen, über die man diskutieren müsste, genauso wie über das
Thema der Rechte der Bezirke. Das sind lauter Fragen, denen sich die SPÖ nicht
stellt.
Aber es war interessant, dass die SPÖ nur kurz
gebraucht hat, um zu reagieren und zu sagen: Nein, das kommt alles nicht in
Frage. Wir haben das seit Jahrzehnten so. Wir wollen ja gar nicht diskutieren.
Wir wollen weder mit den Bürgern diskutieren noch wollen wir mit der Opposition
diskutieren.
Zur Frage des
Gemeindebaugipfels wissen wir seit zehn Tagen nicht, was die SPÖ denkt. Das
schiebt man weg, mit dem setzt man sich einfach nicht auseinander.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine
Rechnungsabschlussdebatte ist eine Möglichkeit, diese Themen hier zu behandeln
und sie einzumahnen. Wir werden diese SPÖ wahrscheinlich nicht ändern können,
aber an Sie alle sei gesagt: Eine Sozialdemokratische Partei, die sich des
wichtigsten Themas, des wichtigsten Sozialthemas, das diese Stadt und letztlich
Europa hat, nämlich Arbeitslosenzahlen, Reduzierung von Arbeitslosenzahlen, Arbeitsmarkt,
wirtschaftliche Dynamik, nicht stellt, ist eine Partei, die offensichtlich die
Zukunft verschläft. Das ist das Problem der SPÖ, aber leider ist das auch das
Problem der Wienerinnen und Wiener, wenn diese Partei die absolute Macht in
dieser Stadt hat und Änderungen nicht zulässt.
Was wir in dieser Stadt brauchen, ist eine Änderung
in verschiedensten Politikfeldern. Das gilt für die Wirtschafts- und
Arbeitsmarktpolitik, das gilt für die Demokratiepolitik, das gilt für die
Verkehrspolitik, das gilt für die Bildungspolitik und, und, und.
Wir vermissen das alles in diesem Rechnungsabschluss,
wir vermissen das in den Aussagen der Frau Vizebürgermeisterin. Wir können
diesem Rechnungsabschluss sicherlich nicht unsere Zustimmung geben. (Beifall
bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als
Nächster am Wort ist Herr GR Oxonitsch. Ich erteile es ihm.
GR Christian Oxonitsch (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau Vorsitzende!
Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Es ist schon ein bisschen ein Problem mit
vorbereiteten Reden, wenn dann die Wirklichkeit nicht ganz so eintritt. Ich
will das jetzt nur am Rande bemerken, das ist kein zentraler Punkt, aber wenn
davon gesprochen wurde, dass es 25 Minuten braucht, bis die Rede auf
Wirtschaftsförderung kommt, schauen Sie sich einfach das Protokoll an. Ich
würde das insgesamt – aber darauf komme ich noch – manchmal empfehlen, sich
Debatten von vergangenen Jahren zu Rechnungsabschlüssen oder Budgets immer ein
wenig anzuschauen und dann einmal ein bisschen selbstkritisch zu überprüfen, ob
das, was man gesagt hat, so eingetreten ist. Aber wenn man sich das heutige
Protokoll und die Rede der Frau Vizebürgermeisterin anschaut, dann hat es genau
1 Minute 10 Sekunden gedauert, bis auf diesen wesentlichen Bereich –
und zu Recht hast du gesagt, das ist ein wesentlicher Bereich –
hingewiesen wurde. Vielleicht hat das Stichwort nicht so gepasst, aber ich kann
dir helfen. Maßnahmen, die das Wirtschaftswachstum fördern, sind durchaus
etwas, was man als Wirtschaftsförderung bezeichnen könnte. Das ist vielleicht
für die ÖVP zu abstrakt gedacht, aber ich glaube, man sollte versuchen,
vorbereitete Reden ein bisschen an der Realität zu überprüfen.
Ich denke, das sollte man auch insgesamt tun, und das
tun wir auch immer wieder: Dass wir eine Rechnungsabschlussdebatte als
Gelegenheit sehen zu überprüfen, ob zentrale Vorhaben, die man sich in der
Budgetgestaltung zum Ziel gesetzt hat, umgesetzt werden konnten, ob das
Zahlenwerk, das heute zu Grunde liegt, den Nachweis erbringt, dass die Ziele
dieser zentralen Politikfelder, die man sich vorgenommen hat, umgesetzt werden
konnten.
Wenn ich mir hier nicht zuletzt –
die Ausführungen der Frau Vizebürgermeisterin haben ja schon darauf hingewiesen
– das Zahlenwerk ansehe, dann kann ich sagen: Ja, es ist tatsächlich gelungen,
das, was wir uns mit dem Budget sehr ambitioniert vorgenommen haben,
umzusetzen. Entgegen den vielen Reden der Opposition – ich werde darauf noch
ein bisschen eingehen –, dass das alles so nicht funktionieren wird, dass das
Zahlenwerk verschleiert, was es hier an Einsparungen geben wird, was es an
Rückgang der öffentlichen Investitionen geben wird, konnte in wesentlichen
Bereichen der Stadt
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