Gemeinderat,
22. Sitzung vom 25.06.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 140
von Teilzeitjobs und nicht von geringfügigen
Beschäftigungen leben und leben müssen und gezwungen sind, das zu tun, dann
müssen wir - und es führt wirklich kein Weg daran vorbei - die
Kinderbetreuungsplätze ab dem ersten Lebensjahr der Kinder ausbauen und zu
einer Selbstverständlichkeit machen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Was wir in Wien brauchen, ist ein Rechtsanspruch auf
einen Kinderbetreuungsplatz für jedes Kind ab dem ersten Lebensjahr. Das würde
heißen, dass wir seitens des Landes eine Bereitstellungspflicht haben, und das
würde heißen, dass wir ein ganz konkretes und gezieltes Ausbauprogramm
entwickeln müssen, das würde heißen, dass wir innerhalb der nächsten
fünf Jahre überlegen müssen, wie wir es schaffen, für jedes Kind ab diesem
ersten Lebensjahr einen Kinderbetreuungsplatz zur Verfügung zu haben.
Meine Damen und Herren, ich finde, das würde
großteils auch einen Teil der Debatten, die wir dieser Tage haben, erübrigen,
ob Kindergartenpflicht ja oder nein, ob verpflichtendes Schuljahr ja oder nein,
ob verpflichtendes Schuljahr für alle Kinder oder nur für Kinder mit
Schwierigkeiten in der deutschen Sprache und vieles mehr, was diese Debatte
inzwischen an Vorschlägen, sozusagen an Sumpfblüten, hervorgebracht hat.
Ich finde, hier wäre der Punkt, von dem man ausgehen
kann. Ab dem ersten Lebensjahr gibt es einen Rechtsanspruch auf
Kinderbetreuungsplätze, und das bedeutet, dass ab dem dritten Jahr, weil es ja
ausreichend Plätze gibt, diese auch darüber hinaus zu gestaffelten Gebühren, ja
auch gratis zur Verfügung stehen können.
Eine Kinderbetreuungseinrichtung besuchen: Hier ist
es vollkommen klar, und mehrfach waren wir uns, und meines Wissens sogar alle
Fraktionen hier im Haus, einig, dass Kinderbetreuungseinrichtungen keine
Verwahrungseinrichtungen sind, sondern Bildungseinrichtungen. Das heißt, hier
haben wir es auch schlussendlich sogar mit einem Arbeitsmarkteffekt zu tun,
denn wenn wir sicherstellen, dass Kinder ab dem ersten Lebensjahr, wie gesagt,
in qualitativ wertvolle Betreuung kommen, noch dazu unter Begleitung von Pädagoginnen
und Pädagogen, würde das eigentlich heißen, dass wir auch mit einem
Beschäftigungseffekt rechnen könnten, der in Wahrheit nicht zu unterschätzen
ist, und wir würden, wie gesagt, auf eine durchaus sanfte Art und Weise das
Problem lösen, das sich stellt, wenn man feststellt, dass bei der Einschulung
ungefähr ein Drittel aller Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache nicht über
ausreichende Deutschkenntnisse verfügt, um dem Unterricht zu folgen.
Das heißt, bevor wir hier mit Zwang kommen, bevor wir
mit ganz leichten, - verzeihen sie mir den Ausdruck - billigen Lösungen kommen,
um komplexere Probleme, die es in dieser Gesellschaft gibt, zu lösen, sollten
wir vielleicht lieber den anderen Weg beschreiten. Wir sollten zunächst einmal
schauen, dass tatsächlich genug Plätze da sind, wir sollten dafür sorgen, dass
diese Plätze leistbar, beziehungsweise gratis sind, wir sollten dafür sorgen,
dass die Information bei den Betroffenen tatsächlich einlangt, dass es eine
Kampagne gibt, dass man die Menschen sozusagen dazu anhält, sie informiert und
motiviert, die Kinder in Betreuung zu geben. Und wenn man das drei, vier Jahre
lang ausprobiert hat und noch immer festgestellt hat, dass es nicht
funktioniert, dann kann man auch über Zwänge diskutieren.
Aber grundsätzlich den Gedanken, dreijährige,
vierjährige Kinder zu zwingen, in die Schule zu gehen, in die Vorschule zu
gehen in diesem Fall, was ja auch eine bestimmte Verschulung betrifft, ist
etwas, mit dem ich mich nicht ohne Bauchweh anfreunden kann.
Das heißt, meiner Meinung nach ist der Weg, den Wien
hier bestreiten müsste, einmal massive Investitionen im Bereich der
qualitätsvollen Kinderbetreuung zu tätigen, und diese klarerweise auch gratis
zur Verfügung zu stellen. Ob es in Anspruch genommen wird oder nicht, bleibt
dann den Eltern überlassen.
Und ich komme zum Bereich Schule. Das ist auch ein
Thema, das wir in den letzten Jahren hier vielfach diskutiert haben. Welche
Wege führen aus der Wiener Schulpleite, wie wir sie in den letzten Jahren
erlebt haben? Wieso spreche ich von einer Schulpleite, auch wenn Sie meinen,
dass das vielleicht ein drastischer Ausdruck ist? Nun, wir haben
50 Prozent Kinder, noch einmal gesagt, etwa die Hälfte, fast
50 Prozent, mit einem anderen Hintergrund, also mit einem nicht-deutschsprachigen,
also mit einer anderen Muttersprache als Deutsch. Wir haben eine frühe
Selektion und wir haben einen Lehrerinnen- und Lehrermangel, das heißt, wir
haben nicht ausreichend Personal, um Stützmaßnahmen als ausreichende
Fördermaßnahmen irgendwie zu finanzieren und zu tragen. Wir haben eine
Konzentration dieser Kinder auf bestimmte Bezirke, und dann darüber hinaus auch
eine Konzentration von Kindern mit Deutschschwierigkeiten bei der Einschulung
teilweise auf bestimmte Schulen, und wir haben darüber hinaus nach wie vor eine
schlechte Bausubstanz in vielen Schulen.
Wir haben jetzt endlich ein Paket zur Sanierung von
Schulen, aber nichtsdestotrotz wird es Jahre dauern, bis wir die Bausubstanz
erreicht haben, so wie wir sie im Schulwesen brauchen. Das heißt, hier, meine
Damen und Herren, ist meines Erachtens einer der Kernbereiche, in denen in den
nächsten Jahren Investitionen vorgenommen werden müssen. Wien braucht viel mehr
Lehrerinnen und Lehrer, als jetzt zur Verfügung stehen. Wien braucht auf jeden
Fall an die tausend Lehrerinnen und Lehrer, wenn es darum geht, individuelle
Förderung, Unterstützungsmaßnahmen, StützlehrerInnen und FörderlehrerInnen so
zu finanzieren, dass sie auch tatsächlich in den Schulen existieren, wenn es
darum geht, die Anzahl der Kinder pro Klasse auf 25 zu senken, wenn es darum
geht, Kinder so zu unterstützen, dass sie tatsächlich eine Chance haben, in
unserem Schulsystem weiter zu kommen, dass sie tatsächlich eine Chance haben,
jemals beispielsweise die Universität zu erreichen oder zu maturieren. Die
Situation, so wie wir sie jetzt haben, ist leider eine traurige.
Ich muss feststellen, dass
bestimmte Kinder in Wahrheit, wenn sie das Pech haben, in einem
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