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Gemeinderat, 21. Sitzung vom 25.05.2007, Wörtliches Protokoll  -  Seite 100 von 105

 

plötzlich ein Kompetenzzentrum, also praktisch eine Verwaltungsstruktur, schaffen will. Also schaue ich mir an, was sie genau machen wollen:

 

„Projekte: Ein inhaltlicher Schwerpunkt ist dabei der Konfrontation, Tradition, Moderne, Postmoderne im Theater und Performing Arts gewidmet." - Aha, eh super! – „Die Analyse der zeitgenössischen Konstruktionen von Moderne und Modernität und auch Übertradition zielt nicht darauf ab, einen weiteren Beitrag zur Re- und Umformulierung des Begriffs der Moderne zu leisten, sondern sieht die Pluralisierung und Differenzierung des Begriffs als Impuls." - Ich kenne mich noch immer nicht aus. Es ist sehr gescheit und ein bisschen schräg. Es geht weiter: „Die Auseinandersetzung der Konstruktion von Moderne und Tradition richtet sich auf zeitgenössische Repräsentationen, Argumentationen und Diskursstrategien. Die Problematisierung der Antinomie ..." - ich hoffe, ich spreche das richtig aus – „... von Moderne und Tradition konzentriert sich sowohl auf den künstlerisch-ästhetischen Bereich als auch die gesellschaftlich-kulturpolitischen Konzeptionen beziehungsweise deren Wechselwirkungen." - Meine Damen und Herren, das ist heiße Luft! Das ist vielleicht für irgendwelche Superintellektuelle geschrieben, weil es ist eine Kunstsprache, um vorzutäuschen, dass es hier um gar nichts geht. (GR Kurth-Bodo Blind: Um die Marie geht es!) - Entschuldigung, ich muss nur kurz telefonieren. Tut mir leid, meine Tochter erwartet mich schon lange, aber ich muss trotzdem reden, was soll ich tun? - Weiter, wir lassen uns nicht aus der Ruhe bringen: „Mit der Rekontextualisierung der künstlerischen und gesellschaftlichen Diskurse von Moderne und Tradition verlieren die vielfach erst durch eine selektive Rezeption entstandenen Kontraste an Trennschärfe und werden von einem differenzierten ambivalenten Spannungsfeld zwischen den Polen Innovation und Tradition abgelöst." - Aber geh, kann ich da nur sagen! Das ist wirklich eine Superbegründung, warum wir eine halbe Million Euro hergeben müssen. (GR Kurth-Bodo Blind: Das schreibe ich ab! Ich mache es um die Hälfte!)

 

Vielleicht geht es bei Aus- und Weiterbildung, auch ein Standbein dieses neuen Konstrukts. Ist es da vielleicht klarer? Dort steht unter anderem: „Mittel- bis langfristig plant das Theater des Augenblicks als Kompetenzzentrum für internationale Kulturvernetzung und Beratung die Entwicklung eines international ausgerichteten Aus- und Weiterbildungsprogramms ..." - Bitte jetzt aufpassen! – „... und den Aufbau eines Inkubators für den Bereich der darstellenden Kunst. Darin wird die Abgrenzung zu anderen am Markt angebotenen Aus- und Weiterbildungsprodukten bestehen." - Ich verstehe überhaupt nichts, wenn ich ehrlich bin. Ich weiß nicht, ich glaube, hier wird etwas begründet, was es in Wirklichkeit nicht gibt, aber bitte. – „Die Vorteile des Inkubatormodells: offene Strukturen, ..." - Logisch, ist immer gut, das kann man überall hineinschreiben. – „... bedarfsgerecht entwickelte Aus- und Weiterbildungsangebote, zum Beispiel in den Bereichen Projektmanagement, Kommunikation und Kulturfinanzierung, ..." - Kann man auch so, Pass, Doppelpass, überall einsetzen, sagt überhaupt nichts aus. – „... Bildung einer Virtual Community und daraus resultierende Nachhaltigkeit." - Meine Damen und Herren, ich glaube, der ganze Akt ist virtuell und sonst gar nichts.

 

Aber wir haben noch das Budget, das detailliert angehängt ist. Darin sehen wir: „Kosten 500 044 EUR, davon künstlerische Leiterin ..." - die Theaterleiterin – „... für 40 Stunden pro Jahr 74 000 EUR." - Das sind wahrscheinlich 50 000 EUR brutto, wenn man die Lohnnebenkosten abzieht. Okay, ist ein schönes Auskommen, wenn doch die Presse im Augenblick nichts mehr über das Theater schreibt.

 

Dann gibt es noch eine künstlerische Assistenz, eine Administration, eine Bedienerin, Buchhaltung, Lohnverrechnung, Rechtsberatung, das ist budgetiert, und dann das, was man für so ein Kompetenzzentrum braucht, um sich international zu vernetzen, Graphiker, Websitepflege, Projektmanager, Medienbetreuung, Produktionsbetreuung, Übersetzer, Techniker - drei Techniker, zwei mit 40 Stunden, einer jährlich angeführt ohne jeden Budgetposten. Warum hat man das dann überhaupt hineingeschrieben, wenn man eh nicht die Absicht hat, dass man das alles tatsächlich umsetzt? (GR Kurth-Bodo Blind: Das haben sie irgendwo abgeschrieben!) Es sind nur die Namen der Personen dort, aber keinerlei Budgetposten.

 

Wenn man sich schlussendlich noch anschaut, wenn das ein internationales Kompetenzzentrum für kulturelle Vernetzung ist, so wird eine gewisse Reisetätigkeit damit verbunden sein. Wenn man 7 000 EUR budgetiert, kann man nur hoffen, man muss nie irgendwo hinfliegen, und dann kann man nicht übers Wochenende bleiben, weil sonst ist das Budget mit zwei, drei Flügen ausgeschöpft.

 

Schlussendlich, um das nicht zu lange in die Länge zu ziehen, haben wir auf der letzten Seite: „Personalkosten 318 000 EUR, Sachkosten 181 000 EUR, ergibt Gesamtkosten 500 044 EUR, davon Einnahmen, Förderungen null, Kartenverkauf null, Sonstiges null, Subvention MA 7: 500 000." - Jetzt fragen Sie sich vielleicht, da fehlen 44 EUR. Das habe ich mich auch gefragt. Wenn wir uns den Antrag anschauen, steht ganz klar auf diesem Formular: „Stadt Wien 500 000 EUR, Eigenleistung 44 EUR." (Heiterkeit bei der FPÖ.) - Wenn ich Ihnen jetzt 100 EUR auf den Tisch lege, kriege ich dann 1 Million EUR Subvention für 2 Jahre? Das mache ich sofort, wenn das der Weg ist, das zu kriegen!

 

Wir, meine Damen und Herren, glauben allerdings, das ist ein offenbar nicht so übermäßig erfolgreiches Theater, das einen guten Schmäh gefunden hat, der offensichtlich vom Hause hier goutiert wird, wenn man mit irgendeinem besonders wichtig klingenden Titel und einer Aneinanderreihung von bedeutungslosen Worthülsen sein Auskommen für die nächsten Jahre sichern kann. Wir können dem Akt nicht zustimmen! (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Ing Mag Dworak. - Bitte.

 

GR Ing Mag Bernhard Dworak (ÖVP-Klub der

 

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