Gemeinderat,
20. Sitzung vom 27.04.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 46 von 108
aber wichtig, dass wir die Mittel dafür heute
beschließen, und ich denke, die Bezirke haben diese Chance auch schon erkannt
und arbeiten hier sehr, sehr kooperativ mit uns zusammen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zu Wort gemeldet ist Herr Mag Jung. Ich erteile es
ihm. (GR Heinz Vettermann: Jetzt kommt
der Bildungsexperte!)
GR Mag Wolfgang Jung (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Vorsitzender!
Meine Damen und Herren!
Ich möchte zunächst gleich auf meine Vorredner
eingehen und da auf die Kollegin Novak, die sich solche Sorgen macht, dass man
in Österreich nur dann wirklich zu einer vernünftigen Ausbildung kommt, wenn
man ein finanziell entsprechend gut betuchtes oder abgesichertes Elternhaus
hat. Frau Kollegin, das ist wirklich haarsträubender Unsinn. Sie würden damit
allen Unterrichtsministern, die Sie gestellt haben, ein äußerst schlechtes
Zeugnis ausstellen. Das kann doch nicht wahr sein, dass man so etwas heute
wirklich ernsthaft in der Republik Österreich behauptet.
„Sozioökonomischen Status“ – dazu sage ich Ihnen
etwas: Ich komme aus einer Familie mit vier Kindern. Meine Eltern waren
Flüchtlinge und haben fast nichts oder nichts besessen. Ich habe es trotzdem
ohne Probleme geschafft, damals auch in die Mittelschule zu kommen, ins
Gymnasium zu kommen, obwohl es Aufnahmeprüfungen – lauter so furchtbare
Sachen – gab. Das ist es nicht, Frau Kollegin. (GRin Barbara Novak: Ein Beispiel ist leider keine empirische
Grundlage!)
Allerdings eines habe ich gekonnt (GRin Barbara Novak: Machen wir eine kleine
empirische Einführung!), ich habe Deutsch gekonnt, das stimmt, Frau
Kollegin, und ich habe, das stimmt schon, Eltern gehabt, die mich genauso wie
meine Geschwister unterstützt haben. (GRin
Barbara Nowak: Sie bringen ein Beispiel, das sagt empirisch gar nichts aus!)
Aber dass Sie sich jetzt aufregen und fast keine Luft mehr kriegen vor
Aufregung, zeigt nur, dass ich ins Schwarze getroffen habe. Ich habe damit
recht, Frau Kollegin. (Beifall bei der
FPÖ.)
Ich komme zum Kollegen Margileis (Ruf bei den GRÜNEN: Margulies!), der Leistung und Wettbewerb als
etwas geradezu Schlechtes darstellt. Das ist doch absurd, das ist doch mehr als
absurd. Jedes Kinderspiel beruht auf Leistung, ob es Wettlaufen ist, ob es
Tempelhupfen ist oder „Mensch ärgere Dich". Überall, egal, welche Spiele
Sie hernehmen, geht es um Leistungen, weil die Spiele daraus entstanden sind, dass
sie Kinder auf das Leben und auf das Leben mit Leistungen vorbereiten. Nichts
anderes ist es.
Sie fragen auch, warum die Flucht aus der Hauptschule
– als Beispiel haben Sie, glaube ich, Gänserndorf, gebracht – erfolgt. Das kann
ich Ihnen sagen. Die Flucht aus der Hauptschule erfolgt deswegen, weil auch in
den ländlichen Hauptschulen – in Wien natürlich auch – zunehmend Kinder in
die Schule gehen, die die Sprache nicht beherrschen und damit das allgemeine
Leistungsniveau hinunterziehen. Daher geben die Eltern dort, wo sie die
Möglichkeit haben, die Kinder in andere Schultypen und nicht deswegen, weil die
Hauptschulen als System unbedingt so schlecht gewesen sind. Viele Hauptschulen
am Land – es ist schon Tirol angesprochen worden – sind heute besser als manche
Unterstufen von Gymnasien bei uns in Wien, das kann ich Ihnen ganz klar sagen. (GRin Mag Alev Korun: Weil es eine
Differenzierung gibt! Das stimmt!)
Im Übrigen habe ich, Herr Kollege Marik, mit einigem
Amüsement einen Anspruch von Ihnen verfolgt, in dem Sie festgestellt haben, wie
sehr es doch wichtig ist, dass man hier in der Gemeinschaft arbeiten lernt und
dass Gemeinwohl vor Eigenwohl geht. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Das
ist aber schon ein Unterschied.) Wenn ich das sagen würde, dann hätten Sie
vor einem halbem Jahr oder vor einem Jahr vielleicht noch geschrien und hätten
mir eine Rhetorik vorgeworfen, die aus den 30er und 40er Jahren stammt. Ich
kann mich sehr gut an eine Aussendung des Dokumentationszentrums erinnern, wo
man genau das verteufelt hat, dass jemand den Gemeinnutz vor den Eigennutz
stellt. Es ist überhaupt ganz interessant zu beobachten – ich werde auch noch
auf Ihre Kollegin Korun eingehen –, wie Sie dabei sind, Ihre Positionen unter
dem Druck der Realität und der Wirklichkeit zu verändern. Hier tut sich
offenkundig einiges. (Zwischenruf von GRin Mag Alev Korun. – Ironische
Heiterkeit bei den GRÜNEN.)
Ich gehe jetzt auf die Nächste aus der grünen Runde
ein, auf die Frau Kollegin Jerusalem, die uns da ex cathedra belehrt hat und
anscheinend im Besitz der einzigen Wahrheit war, was wir zu wissen und zu tun
haben. Das ist doch ein haarsträubender Unsinn, zu behaupten, dass es, wenn ich
Leute, die nicht oder kaum Deutsch können und dem Unterricht nicht folgen
können, und Leute, die eben intellektuell schwächer sind, mit sehr guten
zusammengebe, keinen Leistungsverlust gibt. Das ist doch wirklich mehr als
unsinnig. Wenn Sie einen Lehrer in einer Klasse haben, der sich – nehmen wir
den Idealfall – vielleicht mit 20, 25 Schülern beschäftigt, dann muss er
sich logischerweise mit den Schwächeren ungleich mehr beschäftigen als mit den
Guten. Das heißt, die Guten lernen um einiges weniger, die Schwächeren kann er
hoffentlich etwas anheben.
Deswegen hat ein Schulsystem differenziert zu sein, damit
eben ungefähr gleich Starke, daher gleich Leistungsfähige in einem Schulbereich
beisammen sind. Das ist der Zweck, der dahinter steht, und nichts anderes. Das
erkennt man mittlerweile sogar schon in Hessen in Deutschland, wo man das
Gesamtschulsystem als einer der Ersten in Deutschland eingeführt hat, das aber
in die Hosen gegangen ist.
Und dann zu Bacher-Lagler – er war das, glaube ich –,
der sich so aufgeregt hat darüber, dass ich vorhin als Tugend – unter
Anführungszeichen – auch Disziplin erwähnt habe. Ich habe Gott sei Dank noch
eine recht brauchbare Schulausbildung gehabt und erinnere mich deshalb
deutlich, dass Schüler auf Latein discipulus heißt und dass das Wort Disziplin
Ordnung und Schule bedeutet - nicht nur scola. Also es kann das Wort Disziplin
im Zusammenhang mit Schule nicht etwas so Furchtbares sein, wie er glaubt.
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