Gemeinderat,
20. Sitzung vom 27.04.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 108
geehrten Damen und Herren!
Ich persönlich als Vorsitzender möchte mich diesem
Dank an den WAFF sehr, sehr herzlich anschließen und würde Mag Meisel bitten,
diesen Dank an den WAFF auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in dieser
Form weiterzuleiten.
Für die weiteren Wortmeldungen bringe ich in
Erinnerung, dass sich die Damen und Herren des Gemeinderats nur einmal zum Wort
melden dürfen und ihre Redezeit mit fünf Minuten begrenzt ist.
Als
nächster Redner hat sich Herr GR Mag Gudenus zum Wort gemeldet und ich erteile
ihm das Wort.
GR Mag Johann Gudenus, MAIS (Klub
der Wiener Freiheitlichen): Meine sehr geehrten Damen und Herren!
„Jobperspektiven für Wiens Jugend! Wien setzt
Taten!" - Wirklich ein sehr mutig gewähltes Thema angesichts der Situation
hier in Wien. Sie beweisen mit dieser Titelauswahl sehr viel Phantasie, weil
das mit der Realität ja nicht wirklich viel zu tun hat.
Ich frage mich, von welcher Stadt meine Vorrednerin
hier eigentlich gesprochen hat, bei allem Respekt vor ihrer ersten Rede hier im
Rathaus. Sie hat von einem Herzensanliegen der SPÖ gesprochen. Ich frage mich
nur: Wo sind die Taten für die Jugend? Wo sind die Taten für bessere
Jobperspektiven für die Jugend in Wien? Man kann eher feststellen, dass hier
mehr Untaten als Taten gesetzt werden.
Sie werden mir wahrscheinlich bei der These „Ohne
ausreichende Bildung gibt es keine Zukunftschancen“ zustimmen. Und wir sind uns
auch einig, dass der Bildungsprozess schon von klein auf beginnt, im
Kindergarten, bei den Kinderbetreuungseinrichtungen. Da frage ich mich: Wo sind
die Perspektiven, wenn der Kindergarten nicht gratis ist, so wie wir das schon
seit Langem fordern? Wo sind die Perspektiven angesichts der Überfremdung in
den Wiener Schulklassen? Wo bleibt der Grundsatz: Zuerst Deutsch, dann Schule?
Warum ist es nicht schon längst so weit, da man ohne Deutsch dem
Regelunterricht nicht folgen kann, sondern erst dann, wenn man die deutsche
Sprache ausreichend beherrscht, so wie es die Wiener FPÖ fordert? Aber nein! (Beifall bei der FPÖ.)
Aber nein! Die vorgezogene Schuleinschreibungsphase
und dann die Deutschkurse sind nur auf freiwilliger Basis. Also ein reiner
Placeboeffekt. Ein Selbstbetrug par excellence. Es ist nämlich niemand wirklich
angehalten, sich zu integrieren und genau das ist der Punkt hier in Wien. Und
deswegen weichen auch immer mehr Schüler in Privatschulen aus, weil es
Schulklassen gibt, in denen ein über 90 Prozent-Anteil
nichtdeutschsprachiger Schüler Realität ist.
Die Grundfertigkeiten Rechnen, Lesen und Schreiben
sind die Mankos, die wir feststellen müssen. Das haben wir in der
PISA-Studie 2003 gesehen. In der OECD-Studie liegt Österreich und
vorgehoben hier eben vor allem auch Wien nur noch einen Platz vor der Türkei!
Und die Antwort der Wiener SPÖ ist die Gesamtschule, die Antwort auf die
Bildungsmisere in Wien, die Antwort auf die PISA-Studie! Und es ist völlig
egal, dass man dazu auf Bundesebene eine Zweidrittelmehrheit braucht. Die
Antwort ist die Gesamtschule flächendeckend in Wien ab 2009! Das ist wirklich
ein genialer Einfall, das muss ich schon sagen, als würde man die
Bildungsmisere damit lösen können, als würde man damit das Bildungsniveau der
Jugend stärken können und als würde man damit Jobperspektiven für die Jugend
schaffen können!
Aber es ist ja vollkommen logisch: Die Unternehmer
werden vor den Gesamtschulen nicht Schlange stehen, um die Absolventen
abzuwerben, weil die ja so gut ausgebildet sein werden. Oder vielleicht werden
schon vor Schulabschluss der Gesamtschule die Absolventen abgeworben, weil die
Gesamtschule sicherlich das Bildungsniveau heben wird und die Ausgebildeten
dort so ein tolles Bildungsniveau haben werden?
Machen wir uns bitte nichts vor, meine verehrten
Damen und Herren: Das Schulwesen in Wien ist krank und die Einführung der Gesamtschule
wird dem Schulwesen noch den Todesstoß versetzen.
Wo sind also in Wien die Jobperspektiven angesichts
des maroden Bildungssystems? Vielleicht im Lehrlingsbereich?
16 000 Lehrlinge in Wien! Im Vergleich zu Tirol, die haben
12 000, 13 000 Lehrlinge, aber eine bei weitem geringere
Bevölkerungszahl. Meine Vorrednerin hat gesagt, wir schauen auf die Lehrlinge.
Es wird aber meines Erachtens und unseres Erachtens nichts unternommen, um in
Wien mehr Lehrplätze zu schaffen, im Gegenteil. In den letzten 20 Jahren
sind in Wien die Lehrplätze um die Hälfte gesunken. Es wird nichts getan, um
die Lehrplätze, um die Lehrerausbildung attraktiver zu gestalten, im Gegenteil.
Die Lehrlinge werden zum Bürger zweiter Klasse degradiert.
Anstatt den Lehrlingsberuf aufzuwerten, gehen Sie mit
Ideenlosigkeit an die Materie heran. Anstatt zum Beispiel wie in Oberösterreich
vermehrt auf Ausbildungsverbünde zu setzen, anstatt Unternehmen zu motivieren,
mehr Lehrlinge aufzunehmen und auszubilden, anstatt die Lehrlinge und Schüler
mit den Studenten gleichzusetzen, was die kostenlose Benützung der Öffis
betrifft, oder anstatt endlich unsere alte Forderung aufzugreifen, die
Führerscheinausbildung in die Lehrlingsausbildung zu integrieren, machen Sie
genau das Gegenteil. Und dann beschweren wir uns im Endeffekt über den Mangel
an Facharbeitern!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Reden wir bitte nicht von Träumereien in Wien. Sehen wir der Realität ins Auge.
Reden wir von Tatsachen. Die Arbeitsmarktstatistik sagt ganz, ganz deutlich,
dass die Wiener am Arbeitsmarkt immer mehr von Ausländern verdrängt werden. Das
sagt das WIFO. Im Jahre 2005 ist die Anzahl ausländischer Beschäftigter um
3,5 Prozent gestiegen, während die Anzahl der inländischen Arbeitskräfte
um 0,3 Prozent gesunken ist. Es findet hier also ein beinharter
Verdrängungswettbewerb statt. Das heißt, was wir hier in Wien erleben, sind
nicht Taten, sondern Untaten. Sie praktizieren einen reinen Selbstbetrug, so im
Wiener Wahlkampf vor eineinhalb Jahren, wo Sie ganz groß „Mehr Jobs"
plakatiert haben. Ich frage mich, wo sind
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