Gemeinderat,
19. Sitzung vom 29.03.2007, Wörtliches Protokoll - Seite 66 von 71
Freundin Hochzeit gefeiert. Ayse ist davon
psychologisch schon so mitgenommen, dass sie vor ein Auto gelaufen ist. Sie
wurde so schwer verletzt, dass sie monatelang im Koma gelegen ist. Heute ist sie
auf dem Niveau eines dreijährigen Kindes und wird in einem Krankenhaus
rehabilitiert. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Schicksal von Ayse
steht stellvertretend für viele andere ähnliche Fälle.
Der Fall von Ayse zeigt uns aber auch, dass die Integrations-
und Frauenpolitik der SPÖ-Stadtregierung in den letzten Jahren versucht hat,
das Thema Zwangsheirat zu tabuisieren. (GR Godwin Schuster: Das ist aber
ungeheuerlich!) Lassen Sie mich aussprechen! (GR Godwin Schuster: In
keiner anderen Großstadt Europas hätte diese Behandlung stattgefunden! -
Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Dieser sensible Bereich darf nicht aus dem Blickfeld
der Wiener Öffentlichkeit verbannt werden. (Beifall bei der ÖVP. - GR Godwin
Schuster: Das ist ungeheuerlich! Dass Sie das Schicksal dieser Frau für plumpe
Politik ...!) Aber das ist genau das, was die Rathaus-Verantwortlichen mit
ihrer Politik der leeren Versprechungen tun. (GR Godwin Schuster: Diese Frau
hat sich diese plumpe Politik nicht verdient!) Hier ist ein Politikwechsel
erforderlich. Denn Zwangsheirat und Ehrenmorde sind keine Modeerscheinungen,
das Problem gibt es schon länger, und vor allem ist es kein Kavaliersdelikt. (GR
Franz Ekkamp: Christlich-sozial! - Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine Fraktion
und ich haben vor genau einem Jahr an dieser Stelle einen Beschlussantrag
eingebracht, und in meiner Rede habe ich die Brisanz dieses Themas betont. Es
wurde mittlerweile eine Studie erstellt - wie gesagt, sie liegt uns jetzt
einmal vor, die Erstellung dieser Studie hat mehr als eineinhalb Jahre in
Anspruch genommen (GRin Nurten Yilmaz: Welche Studie ...?) -, um dann
die Einrichtung einer Task Force anzukündigen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hätten Sie
meine Rede vom letzten Jahr hergenommen, hätten Sie sich diese Studie erspart.
Und wenn Sie den Maßnahmenkatalog von mir hernehmen, können Sie sich auch eine
Task Force ersparen. (Beifall bei der ÖVP.)
Es ist Gefahr im Verzug, es
ist dringender Handlungsbedarf da. In Wien fehlt es an den konkreten Maßnahmen,
die auch dringend umgesetzt werden müssen. Für uns ersetzen Werbemaßnahmen der
SPÖ-Stadtregierung keine Sprachkurse, keine integrationsfördernden
Kindergartenbesuche, keine bildungsfördernden Maßnahmen, keine Wohnungsvergabepolitik
und schon gar nicht ein Zusammenwachsen der unterschiedlichen
Bevölkerungsgruppen. Denn wir wissen ja: In Wien ist nicht überall Integration
auch drinnen, wo Integration draufsteht. (GR Dr Herbert
Madejski: Na geh! Das sagen wir schon seit zehn Jahren!)
Meine sehr geehrten Damen
und Herren! Die Stadt Wien ist aufgefordert, Integration nicht als Schlagwort
oder Werbeslogan, sondern endlich als dringend notwendiges Handlungsfeld zu sehen.
Mit dem Wechsel auf Seiten der Wiener Stadtregierung und mit StRin Frauenberger
besteht die Chance auf einen Neuanfang im Bereich der Integration. Integration
ist und bleibt eine Querschnittsmaterie. Man kann nur Erfolg haben, wenn man in
den verschiedensten Bereichen, von der Wohnungs- über die Bildungs- bis zur
Frauenpolitik, konkret handelt. - Danke. (Beifall bei
der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als
Nächster am Wort ist Herr GR Bacher-Lagler. - Bitte.
GR Norbert Bacher-Lagler (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Frau
Vorsitzende! Sehr geehrte Frau Berichterstatterin! Sehr geehrte Stadträtinnen!
Die vorliegenden Subventionsansuchen der Vereine und Organisationen,
die sich damit beschäftigen, Bevölkerungsgruppen zu unterstützen, die einen
besonderen Zugang benötigen zur Sprache, zum Verstehen der Kultur, aber auch
zur Eingliederung, sind meiner Ansicht nach zu unterstützen, weil es hier
gerade um Bevölkerungsgruppen in Wien geht - speziell Jugendliche und Frauen -,
die aufgrund spezieller Situationen in Wien den Zugang finden.
Integration bedeutet ja Sprache, und sehr viele der
Organisationen, für die heute Unterstützungen und Subventionen zum Beschluss
vorliegen, befassen sich mit der Erlernung von Sprachen für Jugendliche und für
Menschen, die nach Österreich zuwandern und damit einen besseren Zugang zur
Schule, zur Bildung und zur Berufswelt bekommen.
Integration bedeutet auch Zusammenleben und eine gute
Nachbarschaft. Ich behaupte, dass es sehr wichtig ist, dass wir das durch diese
Vereine fördern - neben den zahlreichen anderen Möglichkeiten und Maßnahmen,
die die Gemeinde Wien in den letzten Jahren gesetzt hat -, dass man versucht,
Nachbarschaften zu unterstützen, Gemeinsamkeiten zu finden und in Vereinen auch
den Zugang gemeinsam zu finden, sei es jetzt in Kindergärten, wo wir gemeinsame
Projekte planen und durchführen, sei es in Schulen, sei es in Jugendzentren,
sei es in Vereinen, sei es auf zahlreichen Veranstaltungen, wo die Gemeinde
Wien durch ihre Tätigkeit speziell versucht, alle Bevölkerungsgruppen
zusammenwachsen zu lassen und auch das Verstehen der Kulturen untereinander zu
fördern.
Denn Wien ist eine prächtige Stadt, Wien ist eine sehr
schöne Stadt, und Wien wird immer mehr auch durch die zahlreichen Touristen
gelobt, weil dies hier eine Stadt ist, in der es ein sehr friedliches
Zusammenleben aller Bevölkerungsgruppen gibt. (GR Dr Herbert Madejski:
Noch!) Dies sind die Erfolge der MA 17, dies sind die Erfolge der
amtsführenden StadträtInnen, die hier in den letzten Jahren tätig waren, und
man soll auch diese Projekte weiterhin fördern.
Integration bedeutet aber auch
Lernen, Lernen daraus, wie sich bestimmte Bevölkerungsgruppen verhalten, wo es
Konflikte gibt, diese auszuloten und zu messen und alles daranzusetzen, dass
diese Konflikte nicht entstehen, sondern im Gegenteil im Vorhinein entsprechend
eruiert und erkennbar gemacht werden. Nur dadurch ist
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