Gemeinderat,
14. Sitzung vom 20.11.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 64 von 108
Mehrheit, aber das geht uns nichts an? Wir schauen einfach zu, wie es verfällt, und hin und wieder könnte ja auch einmal jemand gröber verletzt werden?
Hier könnten Spielregeln, die es bereits gibt,
genützt werden! Da geht es gar nicht darum, ob man etwas Neues erfindet: ein
Pickerl für einen Altbau, eine regelmäßige Überprüfung - darum geht es gar
nicht. Diese Häuser wären jetzt schon sanierungsbedürftig in einem Ausmaß, dass
man den § 6 MRG bemühen könnte und dann ein solches Haus kurzfristig, ich
sage nicht, enteignet, sondern dem Eigentümer kurzfristig so weit entwendet,
dass es saniert wird, und das Haus, wenn das ganze Geld wieder verdient
wurde ... (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Wer soll das machen?)
Das könnt ihr jetzt schon machen, mit der Stadt! Ihr
müsst nur im Mietrechtsgesetz den § 6 durchlesen und einmal nicht nur
durchjudizieren lassen ... (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Das kann die
Stadt Wien machen, meinen Sie?) Sehr richtig, ja! Das ist zumindest die
Rechtsmeinung von meinen Experten und von einigen, die ich innerhalb der SPÖ
gefragt habe. Aber das können wir gerne am Rande noch zu Ende diskutieren: Was
ist mit dem § 6 MRG möglich und würde möglicherweise einige Menschen vor
einer Verletzung schützen? Aufzüge und Brücken werden laufend kontrolliert,
alte Häuser in der Stadt nicht; private Aufzüge, private Brücken werden
trotzdem kontrolliert, und ein privates Haus könnte auch kontrolliert werden.
Wir stehen vor dem größten Konkurs 2006: Die SEG
wird mit hoher Wahrscheinlichkeit Konkurs anmelden müssen; warum genau, wird
sich erst noch weisen. Das liest sich alles ein bisschen wie eine Verkettung
vieler unglücklicher Umstände, vieler schlechter Geschäfte, die abgeschlossen
worden sind. Die ehemals hoch gelobte Frau Wustinger-Renezeder hat
offensichtlich nicht immer nur das Richtige gemacht, sondern hin und wieder
auch eine Fehlentscheidung getroffen. Wenn es jetzt um eine kommunale Stelle
ginge, würde die ÖVP sagen: Das beweist, dass der Staat und die Kommune nicht
wirtschaften können. Wenn man zynisch wäre, würde man es umkehren und sagen:
Das beweist, dass die Privaten nicht wirtschaften können. Aber da ist das eine
so lächerlich wie das andere, also lassen wir das.
Ich frage mich angesichts dieses Konkurses, ob es so
wie bei den Eröffnungen des Gasometers oder der Jean-Nouvel-Siedlungen, die die
SEG gebaut hat, wo Herr Faymann immer für ein Foto dort gestanden ist, jetzt
auch beim Konkursantrag ein gemeinsames Foto von Frau Renezeder und Herrn
Faymann geben wird. Der Konkurs ist sicher nicht in erster Linie auf die
Gemeinde Wien umzuwälzen, das wäre eine große Übertreibung. (Amtsf StR
Werner Faymann: Danke!) Aber manche der schönen Bauten, die dort
aufgestellt wurden, haben sich nicht gerechnet. Das war auch vorher
klar ... (Amtsf StR Werner Faymann: Sagen Sie, die Architekten sind
schuld? Das würde ich gern hören!) Es war vorher klar, dass sich das nicht
rechnet. (Amtsf StR Werner Faymann: Sagen Sie, die sind schuld?)
Das ist ja die Frage: Wollen wir einen schönen
Architekten haben, und wissen wir vorher, dass sich das nicht rechnet? Machen
wir uns ein schönes Bild in der Zeitung, und wenn das dann in Konkurs geht,
geht es in Konkurs und die Leute, die ihr Geld verlieren - denn darum geht es
heute auch: In dem Verfahren werden viele Leute ihr Geld verlieren. Das steht
auch schon in der „Presse" zu lesen: Einzelne Leute werden um viele, viele
Tausend Euro umfallen.
Bei diesen vielen tollen Bauten waren Sie immer
dabei. Man muss sich als Stadt Wien trotzdem überlegen: Will man, dass berühmte
europäische Architekten, dass großen Namen in Wien Häuser bauen (Amtsf StR
Werner Faymann: ... auch die Architekten schuld?), von denen wir
vorher wissen, dass sie sich am Ende so weit nicht rechnen, dass jetzt die
Gläubiger bei der SEG allein in etwa um 25 Millionen EUR, wenn ich
den Berichten in der Zeitung „Presse" und im „Format" folgen darf,
„geschossen" werden? Da sind sehr, sehr viele kleine Gläubiger dabei! Dass
wie üblich ein paar Banken drinhängen, das lässt sich ja nicht verhindern.
Ich glaube, dass in all diesen Punkten, die ich
aufgezählt habe, von der Stadt mehr Augenmerk notwendig ist, und ich glaube,
dass auch im letzten Punkt - das regt Sie offensichtlich mehr auf als die neuen
Althäuser - mehr Vorsorge nötig wäre. Beim Gasometer hat es hinter
vorgehaltener Hand immer geheißen: Die, die dort gebaut haben, haben sich nicht
unbedingt von sich aus aufgedrängt, sondern wurden freundlich gebeten, dort zu
bauen. Nicht einmal die GPA ist glücklich geworden mit dem Gasometer! Sie ist
heute nicht glücklich, und es hätte dort keinen gestört, wenn sie nicht hätten
bauen müssen. (Amtsf StR Werner Faymann: Ist auch falsch!) Das wissen
Sie so gut wie ich. Das gilt auch für die SEG, die von Vornherein gewusst hat,
dass das kein Geschäft ist. Sie hat eben gehofft, dass es Folgegeschäfte geben
wird, und die sind offensichtlich in dem Ausmaß leider nicht erfolgt.
Ganz zum Schluss - letzter Satz - würde mich einfach
noch interessieren, was mit den Gebietsbetreuungen in den Bezirken 6, 7, 8
und 9, die der SEG neuerlich zugeschlagen wurden, geschehen wird und ob es
dafür schon einen Notfallplan B gibt oder nicht. - Danke. (Beifall bei
den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Der
nächste Debattenredner ist Herr GR Walter. Ich bitte ihn zum Rednerpult.
GR Norbert Walter, MAS (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr
Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich möchte nicht auf Kollegen Herzog und auch nicht
auf Kollegen Ellensohn eingehen, weil ich denke, dass erstens die SEG im Moment
in einem schwebenden Verfahren ist - wir sollten einmal schauen, was
letztendlich wirklich übrig bleiben wird -, wenngleich ich heute beginnen
möchte mit einem Zitat von Johann Wolfgang Goethe, der gesagt hat: „Drei Dinge
sind an einem Gebäude zu beachten: Dass es am rechten Fleck steht, dass es
wohlgegründet sei und dass es vollkommen ausgeführt sei."
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