Gemeinderat,
14. Sitzung vom 20.11.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 61 von 108
sozialdemokratischer Seite auch gerne als „Heuschrecken" bezeichnet, übergegangen sind. Ist da letztendlich vom Mietzins her gesehen noch ein Unterschied zwischen dem, was in Leipzig oder Dresden passiert, wo es irgendwelche Garantien gegen Mietzinserhöhungen gibt, und nicht wie hier in Wien für jeden, der neu einzieht, eine deutliche Erhöhung der Zinse die Folge sein wird?
Mit diesem Abrücken, mit dem Aufgeben der
mietzinslichen Sonderstellung der Gemeindewohnungen verabschieden Sie sich,
Herr Stadtrat, vom Gedanken des sozialen Wohnbaus, der die Sozialdemokratie
seit Ende des Ersten Weltkriegs, seit 1921/22, bestimmend geprägt hat. Der
Hinweis auf eine Wohnbeihilfe geht insofern ins Leere, als Wohnbeihilfe, unter
welchem Titel auch immer, allen zukommt, also auch Bewohnern im privaten
Hausbesitz.
Die städtischen Gebührenerhöhungen, die, wie wir
schon angesprochen haben, der Hauptfaktor für massive Betriebskostenerhöhungen
sind, habe ich bereits kurz genannt, aber ich glaube, man kann sie nicht oft
genug benennen: 2006 und 2007 sind die Gaspreise um 17 Prozent, die
Strompreise um 5 Prozent, die Kommunalsteuer um 8 Prozent, die
Kanalsteuer um 28 Prozent, die Müllsteuer um 20 Prozent und der
Kulturförderungsbetrag um 34 Prozent gestiegen. Ab 1.1.2007 werden der
Gaspreis um weitere 5,3 Prozent und der Strompreis um weitere
6,3 Prozent steigen. Derjenige, der ab dem Jahr 2007 eine neue
Gemeindewohnung bezieht, wird zusätzlich einen erhöhten Hauptmietzins zu
erbringen haben.
Vor allem gibt es aber bei dieser Mietpreiserhöhung
und bei diesen Belastungsschienen keine soziale Staffelung. Die Kosten treffen
sowohl die sozial Schwachen als auch die Bessergestellten. AlleinerzieherInnen,
Familien mit Kindern und die Senioren trifft es sicher am meisten. Das heißt,
eine soziale Dimension ist nicht ohne Weiteres erkennbar.
Eine andere Frage, Herr Stadtrat: Wie lange werden
Sie oder Ihr Nachfolger auf die Einhebung von Zuschlägen verzichten? Wenn man
Ihre Versprechungen vom Festhalten am Kategoriezins für bare Münze nimmt,
müssen sich die Gemeindebaubewohner schon jetzt zu fürchten beginnen. Laut
Arbeiterkammer müssen die Bürger Wiens bis zu einem Drittel Ihrer Einkünfte für
Wohnungskosten aufwenden. Für uns gilt das Höchstwertsystem, das jetzt von Wien
im eigenen städtischen Bereich eingeführt wurde. Das Ausweichen von
einkommensschwachen Bewohnern dieser Stadt in die Gemeindewohnung, zumindest
der Versuch, wenn sie eine bekommen, wird in Bälde der Vergangenheit angehören.
Im Wirtschaftsplan 2007 werden schon freudig
Umsatzerlöse in Mehreinnahmen von 27 Millionen EUR eingeplant, die
sich nicht zuletzt, aber vor allem, aus dem nunmehr zur Realität werdenden
Richtwertzins für die Gemeindebauten ergeben werden. Dafür sind, wie wir schon
gesagt haben, das haben wir auch schon angeführt, die Investitionen in Wiener
Wohnen und in der Wohnbauförderung, jeweils 15 Millionen EUR, sicher
mit entsprechenden Nachteilen für das Gewerbe in Wien, für die Arbeitsplätze,
für die man eigentlich nicht genug tun könnte, verknüpft.
Auf die
drohende Gefahr für die soziale Sicherheit und für den sozialen Ausgleich in
Wien durch die Gleichbehandlungsrichtlinie und deren Wiener Verwirklichung
wurde heute schon hingewiesen, auch von mir. Die Wiener SPÖ hat bei der Novelle
alle Bedenken über Bord geworfen und auch die Ratschläge ihres eigenen
Parteifreundes Swoboda nicht zur Kenntnis genommen. Die Forderung nach Quoten
oder die Möglichkeit, über Quoten zu verhandeln, ist ungehört verhallt. Swoboda
hat die Gefahr der Ghettoisierung vorangestellt.
StR
Faymann hat das in einem „Presse"-Interview, das ich da habe, auch so
gesehen, und zwar am 29.6.2006: „Das Konfliktpotenzial steigt. Wohnbaustadtrat
Werner Faymann sieht in bestimmten Gemeindebauten die Gefahr der Ghettoisierung
und zudem verschärft sich außerhalb des Gemeindebaus in bestimmten Wiener
Stadtteilen die Tendenz zur Ghettobildung. Das bestätigen auch Wissenschaftler,
Regionalforscher wie Heinz Fassmann. Im Gemeindebau treffen Österreicher und
Neo-Österreicher aufeinander und die Stadt Wien muss immer öfter Konflikte
zwischen beiden Gruppen schlichten. Gemeindebetreuer berichten, dass immer
häufiger Kleinigkeiten des Lebens die Wogen hochgehen lassen und
Gemeindebaubewohner kritisieren laute, schreiende, respektlose Kinder von
Neo-Österreichern, die im Gemeindebau trotz Staatsbürgerschaft weiterhin als
Ausländer gesehen werden." - Über diese Tendenz zur Ghettobildung sollten
wir uns vielleicht auch noch unterhalten. Hier gibt es sicher Tendenzen dazu.
Das steigende Konfliktpotenzial habe ich gerade angesprochen.
Es gibt
auch einen weiteren Bericht aus der „Presse" im Juni, die feststellt, dass
deutlich mehr als die Hälfte der Wiener Bevölkerung, nämlich 59 Prozent,
das Zusammenleben von Menschen mit Migrationshintergrund und von so genannten
waschechten Wienern als negativ empfindet. Lästern tun vor allem die
Österreicher zu 64 Prozent, während nur 39 Prozent der Migranten im
Gemeindebau das auch so sehen. Stein des Anstoßes sind alltägliche Konflikte,
wird festgestellt, Nutzung von Höfen, Spielplätzen und Parkbänken, Musik, Lärm,
der Kindern und Jugendlichen zugerechnet wird, das Miteinander von Jung und Alt
und Gerüche, die sich aus der Zubereitung des Essens ergeben. Diese
Schwierigkeiten sind dem Herrn StR Faymann wohl bewusst, ich glaube zumindest
so.
Anders hielt es die StRin Wehsely,
die am Freitag, dem 30. festgestellt hat, dass das SP-Programm von Zuwanderern
erwartet, dass sie Deutsch können. „Wären Sie für verpflichtende
Sprachkurse?" - Sie sagt, dass das nicht notwendig ist. Dann auf die
Frage, in Gemeindebauten ist laut einer Studie das Zusammenleben mit den
Migranten gespannt, sagt sie: „Ich kenne diese Studie nicht, habe darüber nur
in der Presse gelesen. Generell glaube ich, dass die Konflikte im Gemeindebau
großteils normale Nachbarschaftskonflikte sind, die ethnisiert werden. Wurde
früher zwischen Franz und Karl
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