Gemeinderat,
10. Sitzung vom 27.06.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 3 von 96
(Wiederaufnahme um 9.02 Uhr.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Guten
Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Wir nehmen die Sitzung des Gemeinderats wieder auf.
Entschuldigt ist Frau GRin Matiasek.
Die Beratung des Rechnungsabschlusses der Bundeshauptstadt
Wien für das Jahr 2005 wird jetzt fortgesetzt.
Wir kommen zur Beratung der Geschäftsgruppe Gesundheit
und Soziales.
Ich schlage vor, die Debatte zur Geschäftsgruppe
Gesundheit und Soziales mit der Postnummer 2, das ist der Jahresabschluss
der Unternehmungen Wiener Krankenanstaltenverbund für das Jahr 2005,
gemeinsam durchzuführen, die Abstimmung über den Rechnungsabschluss der
Bundeshauptstadt und den Jahresabschluss der Unternehmung Wiener
Krankenanstaltenverbund jedoch getrennt vorzunehmen.
Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der
Fall. Ich darf die Damen und Herren des Gemeinderates ersuchen, so vorzugehen.
Wir kommen nun zur Beratung der Geschäftsgruppe
Gesundheit und Soziales. Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag Ebinger. –
Bitte sehr.
GR Mag Gerald Ebinger (Klub der
Wiener Freiheitlichen): Danke schön, Frau Vorsitzende! Sehr geehrte Frau
Stadtrat! Meine Damen und Herren!
Lassen Sie mich vielleicht ressortbezogen etwas Positives
an den Anfang setzen. Unsere Kollegin Matiasek liegt leider im Spital, weil sie
ziemlich krank ist, im Wilhelminenspital, wird dort aber vorzüglich behandelt
vom Pflegepersonal und von den Ärzten. Das sollen wir ausdrücklich ausrichten.
– Das war aber schon das einzig Positive, was ich eigentlich sagen wollte. (GR
Karlheinz Hora: Da sieht man, wie gut die Gesundheitspolitik ist!) Na ja.
Beginnen wir einmal mit dem Fonds Soziales Wien. Es
ist die ganze Zeit ein Thema von uns, dass hier eine Flucht aus dem Budget
stattfindet, und die hat ihren Höhepunkt gefunden mit der Ausgliederung der
sozialen Dienstleistungen in den Fonds Soziales Wien. Wenn man sich jetzt den
Rechnungsabschluss 2005 anschaut, so weist die Dotation des Fonds Soziales Wien
530,8 Millionen EUR auf, im Voranschlag 2006 ist die Dotation
mit 534,8 Millionen EUR budgetiert, damit steigt das Budget vom
Vorjahr um bloß 4 Millionen EUR, das heißt, um 0,8 Prozent. Das
heißt, wenn eine Valorisierung weit unter der Inflationsrate vorgenommen wird,
meine Damen und Herren, dann kann man sich nicht vorstellen, wie die
explodierenden Ausgaben im Sozialbereich bewältigt werden können.
Für uns ist klar, es gibt zu dem Fonds Soziales Wien
nur zwei Alternativen: Leistungskürzungen im Sozialbereich oder drastische
Gebührenerhöhung auf Kosten der Kranken und Behinderten.
Durch die Ausschaltung der Opposition – die haben wir
schon zigmal hier, wie gegen Windmühlen, breitgetreten – kann man nicht einmal
wirklich was dagegen sagen, denn wir werden mit den Budgetzahlen nicht wirklich
konfrontiert. Wir kriegen einen Zettel, den habe ich gestern gekriegt (Der Redner hält ein Blatt Papier in die Höhe.),
und der Herr Hacker wird mir vielleicht heute noch etwas dazu erklären. Für
mich steht einmal fest: Wenn das der Bruttoaufwand nach Kostenstellengruppen
des Fonds Soziales Wien nach Rechnungsabschluss ist, so gibt es hier keinen
Vergleich mit dem Voranschlag, hier gibt es keinen Vergleich mit dem Jahresabschluss 2004.
Für einen, der kein Buchhalter ist und nicht alle anderen Zahlen im Kopf hat,
ist das nichts weiter als ein Zahlenfriedhof und völlig unverwendbar.
Eine Mindestforderung der Opposition muss es sein,
dass die Vorlagetermine gleich sind, dass also die Zahlen rechtzeitig und
gleichzeitig mit denen von Wiener Wohnen und vom KAV vorliegen. Und wenn man
das schon erwähnt: Bei den anderen Fonds dieser Stadt, beim Wiener
Wirtschaftsförderungsfonds, beim Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds haben
die Oppositionsparteien Sitz- und Stimmrecht im budgetbeschließenden Organ. Das
haben wir dort nicht. Genau dieses Sitz- und Stimmrecht fehlt im Fonds Soziales
Wien. Die Konstruktion dieses Fonds verstößt daher gegen das Budgetvergaberecht
und schaltet die Budgethoheit des Gemeinderates aus.
Der Rechnungsabschluss verschweigt weiters die
wirtschaftliche Krise des KAV. Das laufende Defizit des
Krankenanstaltenverbundes ist im Jahre 2005 explodiert, meine Damen und
Herren. Mit 650 Millionen EUR waren für die Deckung des Defizits
unserer Spitäler mehr Mittel erforderlich als je zuvor. Der Jahresabschluss des
KAV weist eine Steigerung des Defizits in der Höhe von
103 Millionen EUR gegenüber 2004 aus. Auch 2005 setzte sich
damit die Entwicklung fort, dass das Defizit des KAV explodiert, aber das im
Vorjahr um 103 Millionen EUR explodierende Defizit der Spitäler wird im
Rechnungsabschluss nicht abgebildet, meine Damen und Herren. Der
Rechnungsabschluss verschweigt die wirtschaftliche Krise des Krankenanstaltenverbundes.
Wenn wir das beschlossene Finanzierungsübereinkommen
2006 bis 2009 hernehmen, so sehen wir, dass der falsche Weg dort fortgesetzt
wird. Die Wiener Spitäler werden weiterhin von der Stadt kaputt gespart, eine
wirtschaftliche Sanierung ist nicht in Sicht. Von der Pflegemilliarde, die uns
der Bürgermeister versprochen hat, ist ebenfalls nichts in Sicht.
Lassen Sie mich auch ein Wort zum sozialen Wien
überhaupt sagen – ich bin ja Gesundheits- und Sozialsprecher – oder dazu, was
Sozialdemokraten unter einem sozialen Wien so verstehen, wie sie das umsetzen,
wie die Partei der kleinen Leute in der Theorie und in der Praxis das lebt.
Nicht einmal ein halbes Jahr nach der Wahl mit all den Wahlversprechungen
seitens des Bgm Häupl gibt es ein weiteres Belastungspaket in Wien, und dieses
Belastungspaket betrifft insbesondere die Ärmsten der Armen – das ist ein
Ausdruck, der im Zuge früherer Wahlkämpfe auch von Ihnen verwendet wurde, meine
Damen und Herren von der Sozialdemokratie –, es betrifft die Ärmsten der Armen.
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