Gemeinderat,
9. Sitzung vom 24.05.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 76 von 108
der Migrantenkinder in den Sonderschulen sitzen oder
in die Sonderschulen abgeschoben werden. Wenn Sie vor dieser Tatsache die Augen
verschließen, dann haben Sie wieder jene politische Haltung eingenommen, vor der
wir warnen und die die Integrationsprobleme in dieser Stadt verschlimmern wird!
(GR Jürgen Wutzlhofer:
43,8 Prozent!) Täuschen Sie sich bitte nicht, Sie können vielleicht
irgendwelche verkehrspolitischen Fehler, die Sie machen, aussitzen, Sie können
auch bei der Kultur abwarten, man kann sogar bei der Umweltpolitik auf die
großen Zusammenhänge hinweisen und bei der Gesundheitspolitik immer wieder auf
den Bund hinweisen, aber wenn Sie sich aus der Verantwortung für die
Integration von Migrantenkindern stehlen wollen, dann hat das für diese Stadt
mittelfristig sozial katastrophal auswirkende Folgen, die wir alle nicht wollen
können! (Beifall bei der ÖVP.)
Ich möchte an dieser Stelle noch eine Studie
zitieren. Diese Studie wurde vom Magistrat Wien und dem ehemaligen Wiener
Integrationsfonds gefördert. Darin steht, ich zitiere: „Es scheint sogar, dass
sich die Situation bezüglich des Anteils an ungelernten und angelernten
ArbeiterInnen einer zweiten Generation und solchen, die überhaupt nicht am
Arbeitsmarkt aufscheinen, im vergangenen Jahrzehnt um einiges negativer
entwickelt hat, als bisher angenommen. Es ist also nicht nur dringender
Forschungsbedarf, sondern auch dringender Handlungsbedarf gegeben!" -
Zitat Ende.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ, wie
so oft mauern Sie und sehen über das Problem hinweg.
Ich kann mich in dieser Debatte darauf beschränken,
meine Forderungen noch einmal zu wiederholen: Letztes Kindergartenjahr gratis,
Vorverlegung der Schuleinschreibung auf mindestens ein Jahr vor Schulbeginn, es
soll maximal ein Drittel der Schüler einer Klasse einen Migrationshintergrund
und mangelnde Deutschkenntnisse aufweisen, pro Klasse dürfen nicht mehr als
22 Schüler sein. Zu fordern ist auch eine flächendeckende kostenlose Nachmittagsbetreuung
für alle Kinder.
Dazu werde ich heute auch einen Antrag gemeinsam mit
meiner Kollegin Alev Korun von den GRÜNEN einbringen. In formeller Hinsicht
beantragen wir die Zuweisung dieses Antrags an den Gemeinderatsausschuss der
Geschäftsgruppe Bildung, Jugend, Information und Sport.
Des Weiteren möchte ich auch eine langjährige
Forderung von mir persönlich hier noch ansprechen: Muttersprachliche Mediatoren
beziehungsweise Kontaktlehrer im Pflichtschulbereich, um begabten Kindern den
Zugang ins höhere Bildungswesen zu ermöglichen. Diverse Bildungseinrichtungen,
die sich dieses Themas angenommen haben, sollen finanziell unterstützt werden.
Wir wissen aus der praktischen Arbeit, dass es wirklich ganz tolle
Einrichtungen gibt, die leider keinen einzigen Groschen bekommen. Ich möchte
hier die Namen nicht nennen, aber diese werden sich sicher in den nächsten
Tagen auch medial zu Wort melden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn diese
Forderungen in der dargestellten Form von dieser SPÖ-Stadtregierung
aufgegriffen und umgesetzt werden würden, dann wäre ein wichtiger Schritt in
die richtige Richtung, nämlich der Integration der Migrantenkinder, getan. Dann
könnten wir wirklich sicher sein, dass es Zustände wie in Paris oder in manchen
Berliner Schulen bei uns nicht geben wird.
Ich möchte auch nochmals diese Thematik
beziehungsweise unser Konzept gegen Sprachlosigkeit kurz aufgreifen, weil damit
heute so schön immer polemisiert wurde. Das Thema ist viel zu ernst. Uns geht
es nicht darum, Migrantenkinder durch halb Wien führen zu lassen. Ich glaube,
das Thema ist an Ihnen wirklich vorbei gegangen, bei den Roten genauso wie bei
den Grünen. Uns geht es einfach darum, ein ausgewogenes Verhältnis zu schaffen.
Ich habe gestern die Ausführungen einer türkisch-österreichischen
Elternvereinsobfrau zitiert, die sagt, sie hat tagtäglich Interventionen in
diese Richtung und wird sich auch medial zu Wort melden. Dass Sie sich darüber
sozusagen einfach hinwegsetzen und das negieren, finde ich einfach nicht angebracht!
Das ist auch eine Realitätsverweigerung, meine Damen und Herren!
Zum Schluss möchte ich zum Schließen der Debatte
sozusagen einen Punkt machen, indem ich gemeinsam mit den Kollegen Mag Ines
Anger-Koch und Dr Wolfgang Aigner sowie mit Heinz Vettermann und Barbara Novak
von der SPÖ einen Antrag betreffend ausgewogener Speiseplan in Kindergärten,
Schulen und Kindertagesheimen einbringe:
„Der Wiener Gemeinderat spricht sich dafür aus, dass
in den Kindergärten, Schulen und Kindertagesheimen eine ausgewogene und gesunde
Kost angeboten wird, auf gesundheitliche, religiöse und persönliche Gründe
dabei Rücksicht zu nehmen.
In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung
betragt.“ - Herzlichen Dank. (Beifall bei
der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als Nächster ist Herr GR Vettermann am Wort. Ich
erteile es ihm.
GR Heinz Vettermann (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Frau Vorsitzende! Meine
sehr geehrten Damen und Herren!
Zuerst vielleicht zwei, drei grundsätzliche
Bemerkungen zur Anfrage:
Das eine ist, weil das von der Kollegin Matiasek
schon angesprochen worden ist, wir kämpfen, wir schaffen Gerechtigkeit für alle
Kinder, natürlich immer auch, und das war das speziellere Thema, für
benachteiligte Gruppen. Dass Migrantinnen und Migranten nicht zu den
bevorteiltesten und stärksten Gruppen in unserer Gesellschaft gehören, ist ja
evident. Daher möchte ich es bei dieser Feststellung auch belassen. Das heißt
aber nicht, dass uns sozial Schwache mit sozusagen anderem Hintergrund egal
sind oder nicht in unserer Aufmerksamkeit stehen.
Eine der wichtigsten Aufgaben,
egal, was wir heute hier diskutieren, um weiterzukommen, wäre eine
tiefgreifende Schulreform, wäre ein Ende des Stopps nach der Volksschule,
dieses unnatürliche Auseinanderdividieren,
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