Gemeinderat,
9. Sitzung vom 24.05.2006, Wörtliches Protokoll - Seite 71 von 108
Wahrscheinlich übt sie draußen schon das Schreien, denn hier drinnen wäre das wahrscheinlich unerträglich für uns alle! Ich würde sehr gerne auch mit ihr die Diskussion pflegen, denn es gehört schon viel dazu, in diesem Ausmaß Fehler zu ignorieren und sich der Reform zu verweigern! Man verschließt sich in Ihrer Partei der Diskussion, und ich meine, es ist schon ein starkes Stück, wenn man dann noch mit diesen Vorschlägen kommt, die Kinder mit Bussen herumzuführen und lieber Buschauffeure zu zahlen anstatt Lehrerinnen und Lehrer!
Ich möchte nun die kurze
Zeit, die mir zur Verfügung steht, dazu nutzen, darauf hinzuweisen, wieso wir
der Meinung sind, dass Wien selbst ebenfalls einen Teil der Schuld für die
schlechten Ergebnisse bei Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache trägt.
Punkt 1 beginnt
natürlich mit dem Kindergarten: Wenn es uns nicht gelingt, die
Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache, die schon in Wien geboren sind, mit
drei Jahren in die Kindergärten zu bekommen und dort einen aufbauenden muttersprachlichen
Unterricht anzubieten und den Kindern in spielerischer Art und Weise eine
Förderung in Deutsch mit auf den Weg zu geben, dann werden wir wahrscheinlich
auch weiterhin in der Schule auf verlorenem Posten stehen!
Da sich nicht alle von Ihnen im Bereich der Schule so
gut auskennen, möchte ich Ihnen einen Hinweis darauf geben, wie zum Beispiel
derzeit für die Kinder, die außerordentliche SchülerInnen sind, der Deutschkurs
abläuft: Dieser elfstündige Deutschkurs für außerordentliche Schulanfänger darf
nicht während der Fächer Musik, Zeichnen, Werken und Turnen stattfinden. Man
lernt dort auch nicht Schreiben oder Rechnen, aber die Kinder werden aus dem
Unterricht herausgenommen, das heißt, sie nehmen an einem Großteil des
eigentlichen Unterrichtes nicht teil und versäumen daher wahnsinnig viel vom
Unterricht. Die elf Stunden, die der Herr Bürgermeister genannt hat, finden
nämlich nicht zusätzlich statt, sondern sie finden statt, während die anderen
Kinder anderen Unterricht haben, und das ist mit ein Grund dafür, dass so viele
Kinder im Endeffekt in der Sonderschule landen, weil ihnen unwahrscheinlich
viel fehlt beziehungsweise unwahrscheinlich viel fehlen muss! Sie bekommen den
Lernstoff einfach nicht mit.
Sollte es Sie interessieren, was die Lehrerinnen und
Lehrer darüber denken, dann brauchen Sie nur ins Forum im LehrerInnenweb.at zu
schauen. Dort wird derzeit gerade darüber diskutiert, und die Menschen fragen
sich, wer eigentlich diese unwahrscheinliche Idee geboren hat, die nun
neuerlich dazu führen wird, dass Kinder mit nichtdeutscher Muttersprache einen
enormen Nachteil haben werden. Die Tatsache, dass beim muttersprachlichen
Unterricht erneut gekürzt wird, hat Maria Vassilakou bereits erwähnt. Ich
erwähne es noch einmal. Und ich finde das erstaunlich, denn gerade die SPÖ war
beziehungsweise ist eine Partei, die zu verstehen gegeben hat, dass sie weiß,
dass ein Kind die Muttersprache sehr gut beherrschen muss, um dann eine
Zweitsprache erlernen zu können. Das heißt, der muttersprachliche Unterricht
ist für diese Kinder genauso wichtig wie der Unterricht in Deutsch. Man muss
ihn aber zur Verfügung stellen!
Ich komme jetzt noch einmal auf den Kindergarten
zurück: Sie wissen so gut wie ich, dass dort überhaupt nur genau zehn Mitarbeiterinnen
für diesen muttersprachlichen Unterricht zur Verfügung stehen! Das heißt, es
besteht kein Anlass zur Freude! Und man kann mit Sicherheit davon ausgehen,
dass sich die Lage diesbezüglich nicht verändern wird.
Ein
Hinweis noch: Diese Lage wurde von der OECD sehr genau beschrieben, und es
wurde festgehalten, dass Österreich schlechter dasteht als nahezu jedes andere
untersuchte Land, vor allem im Zusammenhang mit der Ausbildung jener Kinder,
die bereits in Wien oder in Österreich geboren sind. Die Situation sieht schon
ohne die Kürzungen im Schulbereich nicht gut aus, und wenn Sie jetzt noch die
Kürzungen dazunehmen, dann können Sie sich in etwa vorstellen, auf welches
Debakel wir zugehen, wenn die ersten PISA-Ergebnisse vorliegen, wenn diese Kürzungen
bereits alle wirksam sein werden. Und da ist eine Mitschuld Wiens über den
Finanzausgleich nicht bestreitbar! Das ändert sich auch nicht, wenn der Herr
Bürgermeister noch so oft sagt, dass er faktisch in Sachen Finanzausgleich ein
Unbeteiligter ist!
Ein Punkt ist in der Diskussion ein bisschen
untergegangen. Ich möchte ihn deswegen im Speziellen jetzt hervorheben: Die SPÖ
hat einen Schulsprecher, Herrn Dr Niederwieser, der immer wieder gute und
richtige Sachen fordert, und auch Dr Gusenbauer hat sich mehrfach dazu
geäußert: Das ganztägige Schulsystem soll gefördert werden, und das soll im
Speziellen auch Kindern mit nichtdeutscher Muttersprache zugute kommen.
Letztere würden nämlich besonders davon profitieren, denn viele von ihnen haben
zu Hause keine Eltern, die mit ihnen die Hausübung machen oder mit ihnen gut
Deutsch sprechen können und so weiter und so fort. Diese Kinder sind darauf
angewiesen, dass es ein funktionierendes Schulsystem für sie gibt.
Wie viele Kinder besuchen in Wien eine ganztägige
Schulform und sind gleichzeitig außerordentliche Schüler? – Wenn man Herrn
Niederwieser oder Herrn Gusenbauer folgt, dann müssten das im roten Wien sehr,
sehr viele sein! Da haben sie die Hand drauf, da könnten sie etwas tun und
tatsächlich dafür sorgen, dass sehr viele Kinder, die außerordentliche Schüler
sind oder Schülerinnen sind, auch eine ganztägige Schulform besuchen. Das kann
man ihnen nahe legen mit guter Informationspolitik, Beratung et cetera. Herr
Abg Vettermann! Sie sagen, Sie verstehen das nicht! (GR Heinz
Vettermann: Das stimmt nicht!) Stimmt gar nicht? (GR Heinz Vettermann:
Ich verstehe es schon! Ich habe nur inhaltlich den Kopf geschüttelt!) Sie
haben inhaltlich den Kopf geschüttelt? – Gut! Dann schauen wir uns das
einmal ein bisschen genauer an!
Der Anteil an Kindern mit
außerordentlichem Status beträgt an öffentlichen und privaten Volksschulen
16 Prozent. Ihr Anteil an ganztägigen Schulen beträgt aber nur
9,5 Prozent. – Ich würde einmal sagen, das ist
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