Gemeinderat,
59. Sitzung vom 03.10.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 36 von 37
echtes Gfrast war. Ich habe gerauft, und zu Recht habe ich die Schule verlassen müssen - also nicht die Schule verlassen müssen, sondern vom Unterricht weg müssen -, und zwar so lange, bis ich einsichtig war, bis sogar mir klar war: Raufen zahlt sich nicht aus und führt zu noch schlechterem Schulerfolg, weil ich eh ein fauler Hund war. Bei mir hat das also genützt.
Es hat aber auch genützt, dass wir einen Direktor
hatten, der sich der Sache angenommen hat. Er hat ernsthaft selbst Gangaufsicht
gemacht, er ist auch gekommen und hat Klassenaufsicht angeordnet, wenn es
notwendig war. Alles das sind Dinge, die hier vielleicht versäumt wurden. Es
gibt das Instrumentarium der Klassenaufsicht. Wenn es Schulen oder Klassen mit
Problemkindern gibt, in denen immer wieder etwas passiert (GRin Mag Sonja
Ramskogler: Das ist alles kontextabhängig!), dann gibt es das Mittel der
Klassenaufsicht, Kollegin Ramskogler. Es ist nur im konkreten Fall nicht
angewendet worden.
Da interessiert mich auch der Datenschutz oder sonst
irgendetwas nicht, weil das ein vorgeschobenes Argument ist. Den Datenschutz
kann ich immer, wenn es notwendig ist, durch einfachgesetzliche Regelungen dort
hinlenken, wo er hingehört. Es war bekannt, dass dieser Schüler zweimal beim
Jugendgericht vorgeladen war. Dass er keine Verurteilung gekriegt hat, ist
wurscht, aber er hat eine Vorladung bekommen. Er muss ja irgendeinen Grund
angeben, warum er nicht in der Schule war. Das hat niemanden interessiert. Als
er die Schule gewechselt hat, hat es niemand weitergesagt. Das ist alles
wurscht, und die Eltern des Kindes verstehen das natürlich nicht. Die Eltern
des toten Kindes verstehen das nicht, sie wollen nicht zur Tagesordnung
übergehen.
Ich verstehe das auch. Wäre es mein Sohn, wäre es
meine Tochter, würde ich auch nicht zur Tagesordnung übergehen wollen. Ich würde
mir nicht anhören wollen/müssen, dass wir eh Anträge eingebracht haben, die die
Welt nicht bewegt haben. Ich würde mir nicht anhören wollen/müssen, dass man
sagt, man kann die Schultaschen nicht kontrollieren - vom Kollegen Strache und
von anderen gesagt, ein völliger Holler! Natürlich - Staatsgrundgesetz 1867,
Hausrecht - kann die Schulbehörde als Inhaber des Hauses ganz normal das
Hausrecht ausüben, Kollege Vettermann! Natürlich könnten sie dort theoretisch
jede Schultasche kontrollieren.
Mir wird natürlich schwummerig bei dem Gedanken, dass
es notwendig ist. Gefallen würde mir das nicht. Aber wenn es notwendig ist, ein
Menschenleben zu retten: Warum soll man es nicht machen? In der Schulordnung
ist eindeutig vorgesehen, dass gesundheitsgefährdende Gegenstände nicht
mitzubringen sind. Da ist es eine Ausrede - von Strache ist dieses sinnlose
Argument gekommen -, dass man das nicht kontrollieren darf. Das stimmt
überhaupt nicht. Natürlich darf man es kontrollieren - Ausübung des Hausrechtes
-, das findet seinen Niederschlag in der Schulordnung - Bundesgesetz. Es wird
nur nicht praktiziert!
Genauso werden keine Statistiken geführt. Frau Stadtschulrätin,
das ist vielleicht der einzige Vorwurf, der mir persönlich in dem Zusammenhang
einfällt. Ich habe mich im Vorfeld schlau gemacht, und beide Behörden, sowohl
die Schulbehörde des Bundes als auch die des Landes, haben mir die Auskunft
erteilt, dass keine Statistik geführt wird: Wir führen keine Statistik über
auffällige Schüler - nämlich nicht über die Person, sondern darüber, wie oft
diese Phänomene passieren. Es wird keine Statistik geführt.
Jeder Mensch, der sich ein bisschen mit Planung beschäftigt,
weiß, dass empirische Grundlagen das Wichtigste sind. Ich muss einmal wissen,
ob es das Phänomen gibt, woher es stammt, wie es sich äußert, um zielgerichtet
dagegen arbeiten zu können. Wenn es keine Statistik gibt - vielleicht hätte die
Statistik dem kleinen Buben, dem 14-jährigen Buben nicht das Leben gerettet,
vielleicht nicht, aber vielleicht wird in Zukunft die Statistik und werden die
Maßnahmen, die daraus fließen, irgendeinem anderen das Leben retten. Wenn das
der einzige Zweck meiner heutigen Rede war, Sie davon zu überzeugen, eine
Statistik zu führen und damit vielleicht irgendwann in grauer Zukunft oder
sonst wie irgendeinem der uns Schutzbefohlenen das Leben gerettet zu haben,
dann hat es mich schon befriedigt. Dann bin ich für heute schon glücklich, und
dann ist es mir auch wurscht, was Sie sonst darüber denken. Dann ist es für
mich schon ein Vorteil.
Ich sage - und bekenne mich dazu -, ich wäre auch
bereit, an den Schulen, wenn es notwendig ist, standardisierte Kontrollen zu
machen. Es ist nicht schön, es wird mir schwummerig dabei, aber wenn es
notwendig ist: Warum denn nicht!
Ein Wort noch zu den Anträgen: Diese werden
überwiegend unsere Zustimmung finden.
Ich bringe abschließend noch einen Antrag ein, der
sich mit derselben Frage beschäftigt, die Kollegin Jerusalem angesprochen hat.
Ja, es ist richtig, ich glaube auch - und es ist mir wurscht, wer das sonst wie
entschieden hat -, dass die Klassenschülerzahl so gesenkt werden sollte, dass
die Lehrer sich wieder damit beschäftigen können, wie es den Kindern sonst auch
geht. Obwohl: Das nur in die Schule hinein zu delegieren - und das ist jetzt in
der Diskussion klar geworden -, das Phänomen der Gewalt und wie sie dort damit
umgehen können, nur in die Schule hinein zu delegieren, ist sicherlich auch
falsch. Die Schule kann nicht das ersetzen, was wir alle den ganzen Tag falsch
machen, einschließlich der Familien.
Als
Familienvater frage ich mich immer, ob ich das Richtige mache oder nicht. Ich
bin noch nicht überzeugt, und entschuldigen Sie, wenn ich Sie heute hier an
dieser Frage teilhaben lasse. Aber mein Sohn ist viereinhalb, er neigt dazu,
stark und groß zu sein und sich von den anderen hauen zu lassen, weil ich ihm
immer sage, dass er nicht zurückhauen darf. Manchmal denke ich mir: Warum sage
ich eigentlich, dass er nicht zurückhauen soll - soll er doch zurückhauen! Das
wäre natürlich falsch. Ich sage immer: Nein, hau nicht zurück! Er ärgert sich
schon ein bisschen, weil sich dann mehrere zusammentun, und die sind
automatisch stärker als er. Ich gebe also zu, ich
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