Gemeinderat,
57. Sitzung vom 28.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 42 von 116
besonderem Maß flexibler Kinderbetreuung und
familienadäquater Arbeitszeiten. (GRin
Martina LUDWIG: Die gibt es in Wien!) Ich komme noch zu den Zahlen. (GRin Martina LUDWIG: Die gibt es ja in
Wien!) Warten Sie ein Sekunderl noch!
Ich würde sagen, wir beschließen endlich einmal die
kostenlose Halbtagsbetreuung im Kindergarten, zumindest das letzte
Kindergartenjahr gratis, ich hätte gerne alle gratis. Ich hätte gerne eine
100-prozentige Deckung der Nachmittagsbetreuung, auch an Schulen. Es muss Ihnen
ja vielleicht was sagen, dass 63 Prozent der Wiener Eltern sagen, die
Beiträge für die Betreuung sind zu hoch.
Weiters ist eine Flexibilität von Öffnungszeiten
wichtig. Es geht hier aber nicht nur um Schulen oder Kindergärten und darum,
wie kurz oder lang – wie immer Sie das nennen wollen – die offen haben – auf
jeden Fall sind sie nicht flexibel genug –, es geht um alle öffentlichen
Einrichtungen, die von der Stadt Wien betrieben werden. Geriatrische
Tageszentren schließen um 16 Uhr. Was stellen Sie sich eigentlich vor,
wenn eine Frau arbeitet, wie kann Sie um 16 Uhr wieder zu Hause sein, um
einen Pflegefall zu übernehmen? (GRin Anica Matzka-Dojder: Vielleicht kann
das auch einmal ein Mann übernehmen! – GRin Barbara Novak: Wenn Sie einmal mit
Frauen reden würden, wüssten Sie es!) Es ist ganz einfach so und Sie wissen
es ganz genau, dass zu 80 Prozent die Frauen zu Hause für diese Dienste
tätig sind. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich kann das leider
nicht verstehen, wenn alle gleichzeitig reden.
Ich komme jetzt zu Karriere und Akademikerinnen. Laut
Arbeiterkammer Wien sind gerade 2,9 Prozent der Geschäftsführer und
Vorstände weiblich. In Aufsichtsratsgremien sind es 7,6 Prozent, das ist
beschönigt durch 2,5 Prozent Arbeitnehmervertreterinnen. Jetzt frage ich
Sie: Wieso gibt es in England 11,2 Prozent weibliche Topmanager und hier
nur 3 Prozent? Und wieso sind bei denen zwischen 87 und 98 Prozent
gleichzeitig Mütter und hier nur 57 Prozent? Soll ich es Ihnen sagen, warum?
Weil es eine Nachmittagsbetreuung gibt, deswegen können die das machen. (Beifall
bei der ÖVP. – GRin Martina LUDWIG: In Österreich gibt es keine! Sie haben
Recht! Hier haben Sie wirklich Recht!)
Ich werde Ihnen jetzt etwas sagen, die Schulen, die
Pflichtschulen... (GRin Martina LUDWIG:
In Österreich fehlt die Nachmittagsbetreuung! Da haben Sie Recht!)
98 Prozent der Bundesschulen in Österreich haben Nachmittagsbetreuung, bei
Ihnen haben nicht einmal 30 Prozent der Pflichtschulen
Nachmittagsbetreuung. Es ist so. (GRin
Barbara Novak: Kennen Sie die Realität?) Wenn Sie diese Zahlen nicht
kennen, dann holen Sie sich diese bei uns ab. Das sind Statistiken, die ganz
klar sind.
Ich bringe jetzt folgenden Antrag zur Vereinbarkeit
von Beruf und Familie ein: „Im Rahmen von Werbe- und Medienkampagnen rühmt sich
die Stadtregierung, Wien als eine Metropole darstellen..." (Anhaltende
Zwischenrufe bei der SPÖ.) Schauen Sie einmal, wenn es diese
Rahmenbedingungen in Wien gäbe, dann würden die Zahlen in anderen Großstädten
ja nicht wesentlich besser sein als hier. Vielleicht sollten Sie sich einmal
international vergleichen und nicht ständig mit Grammatneusiedl. Vergleichen
Sie sich mit London, vergleichen Sie sich mit Paris, wir sind eine Metropole
hier. (Beifall bei der ÖVP. – GRin
Martina LUDWIG: Mit Schweden zum Beispiel!) Gut.
Ich bringe
jetzt den Antrag ein. Also Sie sagen, dass die Vereinbarkeit von Beruf und
Familie leicht möglich ist in Wien, es gibt allerdings ganz klare Defizite. Der
Rechnungsabschluss der Magistratsabteilung 11A für das Jahr 2004 sagt,
dass die Versorgungsquote in städtischen Kindertagesheimen für Kinder von
eineinhalb bis drei Jahren seit 2002 von 57 Prozent auf 50 Prozent
gefallen ist. Gefallen! Auch im Bereich der Nachmittagsbetreuung bestehen
Defizite. Von 448 Pflichtschulen haben nur 135 Standorte eine
Ganztagsbetreuung, das sind 30,1 Prozent. Die Öffnungszeiten von
Kinderbetreuungseinrichtungen haben bezüglich der Flexibilisierung einen
Optimierungsbedarf. Zusätzlich haben Frauen, die sich in Schulungen des
Arbeitsmarktservices befinden, Probleme, in kurzer Zeit für ihre Kinder
Betreuungsplätze in städtischen Einrichtungen zu bekommen.
Daher stellen wir den Antrag, dass Sie folgenden
Maßnahmen veranlassen:
„Steigerung der Versorgungsquote in städtischen
Kindertagesheimen für Kinder von eineinhalb bis drei Jahre um 30 Prozent;
Ausweitung des Angebots an ganztägiger Betreuung im
Bereich der öffentlichen Pflichtschulen innerhalb eines Jahres von 30 auf
mindestens 50 Prozent;
Anpassung der Öffnungszeiten an flexibilisierte
Arbeitszeiten und stärkere Berücksichtigung der speziellen
Kinderbetreuungsbedürfnisse von Frauen, die in einer Schulung des Wiener
ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds sind.
In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung
verlangt.“ (Beifall bei der ÖVP)
Also es wäre sehr schön, wenn Sie endlich akzeptieren
könnten, dass sich die Lebensbedingungen von Familien und Frauen verändert
haben und dass sich ein ganz klarer Auftrag an die Politik daraus ableitet. Das
heißt, weiter am Verständnis der Gleichberechtigung für Frauen zu arbeiten,
unterstützende Maßnahmen zu schaffen, geeignete Rahmenbedingungen, flexible
Zeiten und vor allem die Reaktionsgeschwindigkeit etwas erhöhen, die
Einkommensunterschiede verringern, Maßnahmen für den Wiedereinstieg verstärken.
(GRin Martina LUDWIG: Wissen Sie, wie die
Einkommensunterschiede gemildert werden können? Durch genügend
Kinderbetreuung!)
Im Namen aller Frauen appelliere ich jetzt an Ihr
Gewissen: Handeln Sie, handeln Sie schneller, handeln Sie jetzt! – Vielen Dank
für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Danke. –
Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin FRANK.
GRin Henriette FRANK
(Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Vorsitzende! Frau Stadträtin!
Meine sehr
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