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Gemeinderat, 57. Sitzung vom 28.06.2005, Wörtliches Protokoll  -  Seite 19 von 116

 

bekommt das Ronacher jetzt auch noch um 46, 47 Millionen EUR dieses Domenig – Klappdach.

 

Jetzt will ich sicher nichts Negatives über den Architekten und auch über die architektonische Lösung sagen, aber seien Sie mir nicht böse, meine Damen und Herren, jeder muss sich nach der Decke strecken, und bevor ich mir 47 Millionen EUR Kredit aufnehme, nur damit ich eine Bühne schaffe, die eine Freilichtbühne werden kann, wenn es nicht regnet, eine zusätzliche, das ist nicht wirklich notwendig in Wien. Deswegen haben wir uns auch in einem Antrag dagegen ausgesprochen.

 

Abschließend vielleicht noch kurz zum Volkstheater. Das Volkstheater, ich weiß nicht ob der Rote Stern heute schon erwähnt wurde. (GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Noch nicht!) Heute vielleicht noch nicht, dann mache ich das. Der Rote Stern, also Michael Schottenberg sagt, der Rote Stern leuchtet als Signal für das, was er unter Theater versteht. Es soll ein Symbol der Republik, meiner Spieler und Narren sein. In dieser Republik lässt sich die Zeit beschleunigen, verlangsamen oder zum Stillstand bringen. Dies sind schöne Worte, große Worte. Für mich persönlich schaut das aus wie ein Kommunistenstern, auch wenn der Herr Stadtrat sagt, nun, das sind eigentlich die fünf Vs des Volkstheaters. Aber eine Assoziation zum Kommunistenstern ist ja eindeutig gegeben. (GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Vielleicht ein Weihnachtsstern!) Bitte, wir wollen keine Vorurteile haben, es wird schon so sein, ich werde mich davon überzeugen. Ich werde nicht nur kritisieren, ich werde mich auch davon überzeugen. Was mich ein bisschen stört, ist - das haben Sie glaube ich, einmal kritisiert - die Probebühne am Hundsturm. Natürlich, 200 000 EUR, wenn man die freien Gruppen schließt, die Theater sozusagen demütigt und dann 200 000 EUR einfach so ausgibt, um eine Probebühne zu eröffnen, wenngleich dort auch sicher interessante Dinge gespielt werden. Christopher wird dort auftreten und so weiter. Nur dass er dann sagt, in einer der dunkelsten Ecken von Wien ein attraktives Theater um ein Spottgeld, in einer der dunkelsten Ecken von Wien. Das ist immerhin im 5. Bezirk, ich bin Obmann, der geschäftsführende Obmann des 5. Bezirkes. Ich möchte mir als solcher verbieten, dass der Hundsturm eine der dunkelsten Ecken von Wien ist. (StR Johann Herzog applaudiert.) Danke. Gut, das ist die Solidarität der Margaretner.

 

Ja, all das, meine Damen und Herren belegt eindrucksvoll, dass diese Theaterreform nicht, wie angekündigt, eine Transparenz bringt und eine Bereicherung des Theaterlebens, sondern in unseren Augen auch ein recht perfides Mittel ist und eine gezielte Zerschlagung und Entmündigung der Klein- und Mittelbühnen Österreichs darstellt. Wir tragen diese nachhaltige Zerstörung nicht mit und lehnen deshalb den Rechnungsabschluss ab. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet hat sich Frau GRin Zankl. Ich erteile es ihr.

 

GRin Inge Zankl (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Herr Vorsitzender! Herr Stadtrat! Meine Damen und Herren!

 

Ich mache mir ja direkt Sorgen um den Zustand der FPÖ, wenn sie schon André Heller zitieren muss, um einen Beleg für ihre Thesen zu haben. (StR Johann Herzog: Ganz meiner Meinung, das ist berührend!) Na, sehr spannend.

 

Aber zu meinen Themen: “Alt Wien, die Stadt, die niemals war“. Der Titel der Ausstellung belegt, dass jede Vorstellung von der Vergangenheit eine nachträgliche Interpretation ist. Vereinfacht gesagt, die gute alte Zeit hat es nie gegeben, oder wie Karl Kraus treffend formuliert hat: “Alt-Wien war einmal neu.“ Diese Schau war mit 56 000 Besuchern die seit Jahren erfolgreichste Ausstellung des Wien-Museums.

 

Damit zeigt sich auch, dass die thematische Neupositionierung des Wien-Museums unter der Leitung von Wolfgang Kos gelungen ist. Ziel des Museums ist es nun, beim Blick auf die Geschichte offen für aktuelle Fragestellungen zu sein und sich mehr mit den Menschen und weniger mit den Dingen zu beschäftigen. Insgesamt konnte das Museum in den letzten Jahren die Besucherzahlen um 20 Prozent steigern und seinen Bekanntheitsgrad verdoppeln. Ein Beispiel für diesen Wandel war auch die Ausstellung "GASTARBAJTERI". Dass Menschen ihre Heimat verlassen, ist nicht erst seit dem 20. Jahrhundert notwendig und bekannt, schon der Humanist Enea Silvio Piccolomini schrieb um 1452 über Wien: „Nur wenige sind in der Stadt, deren Vorfahren den Nachbarn bekannt sind. Alte Familien gibt es kaum, Zuwanderer überwiegen“. Das war 1452.

 

Aus der Ortschaft Adatepe in der Türkei kamen in den 60er Jahren mehr als die Hälfte der Einwohnerinnen und Einwohner nach Österreich, und eine Fischfabrik im 10. Bezirk diente als erste legale Beschäftigungsmöglichkeit.

 

“Die Sinalco Epoche - Essen, Trinken, Konsumieren nach 1945“ lautet die Ausstellung des Wien-Museums im Jubiläumsjahr 2005 und ich zweifle nicht daran, dass sie genau so erfolgreich sein wird wie die letzten.

 

Im Museumsjahr 2005 stehen für uns nicht die Feierlichkeiten im Vordergrund, sondern unter dem Motto “Begegnung findet Stadt“ die inhaltliche Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit. Wir wollen kein Jubeljahr veranstalten, aber durchaus mit Stolz auf die Entwicklungen, die die Stadt Wien in den letzten 50 Jahren genommen hat, zurückschauen, meinte unser Bürgermeister.

 

Besonders berührend fand ich persönlich die Fotoserie “Zähler und Nenner“ des Jüdischen Museums. Sie zeigt 40 Bilder von tätowierten Unterarmen von Gefangenen in Auschwitz. Sie sind namenlos, die Zahl auf ihren Unterarmen ist ihr einziges Identifikationsmerkmal. Über 400 000 Personen wurden zwangstätowiert, nur etwa 65 000 sind dem Morden entkommen, und die Bilder geben einen Eindruck über die Mechanisierung des Grauens und die Entmenschlichung des NS-Systems.

 

Der Hauptbeitrag des Jüdischen Museums zum Republikjahr ist aber die Ausstellung “Jetzt ist der bös, der Tennenbaum“. Das ist ein Zitat aus Merz/Qualtinger, “Der Herr Karl“.

 

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