Gemeinderat,
57. Sitzung vom 27.06.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 122 von 136
habe das, glaube ich, einmal hier als rassistische Wohnbaupolitik bezeichnet und bin dann von sehr vielen Menschen aus der Sozialdemokratie scharf angegangen worden -, sagen dann andere bei uns: Sag diesmal Apartheid! Ich glaube nicht, dass das auf mehr Freude stoßen würde.
In aller Kürze: Dieser Antrag spricht sich nur dafür
aus, ein Konzept zu erarbeiten, das bis 2010, unabhängig vom Pass, die
Gleichstellung aller Menschen beim Zugang zu den Gemeindewohnungen ermöglichen
soll. Ich gehe davon aus, dass uns die Gesetze der Europäischen Union bis 2010
sowieso so weit bringen werden, dass wir das tun müssen. Schöner wäre es
natürlich, wenn die Sozialdemokratie nicht darauf warten würde, bis sie es tun
muss, sondern es, wenn sie das vorhat, gerne gemeinsam mit den GRÜNEN
beschließt. (GR Dr Herbert Madejski: Die bieten heute dauernd die Koalition
an! Ein Wahnsinn!)
Am Schluss komme ich noch zu den eingangs erwähnten
Kontrabässen, Kleinigkeit, ist ja Wiener Wohnen. Da schreibt mir ein Herr, der
im 3. Bezirk wohnt: „Ich lebe seit Februar 1996 in einer 20 m²
Gemeindewohnung mit einem Schäfermischlingshund und zwei Kontrabässen. (Zwischenrufe
bei der ÖVP.) Eigentlich ist diese Wohnsituation eine echte Belastung für
mich. Für einen Esstisch ist kein Platz." Gut, das klingt jetzt witzig,
aber er hat ein echtes Problem. Er hat dort 20 m², mit und ohne Kontrabass
ist nicht viel Platz.
Der Herr hat musikalische Referenzen. Er hat nicht
einfach zwei Kontrabässe gekauft, damit er jetzt sagen kann, ich habe keinen
Platz in der Wohnung und brauche eine größere Wohnung, sondern er spielt das
professionell. Er war in Tokyo beim Galakonzert der Wirtschaftskammer Wien, er
war bei der OPEC-Gala im Wiener Rathaus, er war mit der Wirtschaftskammer Wien
im Hotel Hyatt in Frankfurt bei einer Gala des Wiener Tourismusverbandes, er
hat am Life-Ball gespielt und und und. Er schickt mir eine ellenlange Liste
darüber, wo er überall aufgetreten ist. Jetzt hätte er gerne etwas: Eh nur eine
Wohnung für einen, aber ein bisschen größer als die 20 m², 30 oder
35 m² oder wie viel eben erlaubt ist. Er hat wirklich das Problem, dass
man ihm, wo er auch hingeht, sagt: Das geht auf gar keinen Fall, das steht dir
einfach nicht zu, Punktum.
Jetzt hat er sogar eine Fügung des Schicksals oder
Glück gehabt: Er kennt jemanden, der eine Gemeindewohnung hat und dort
auszieht, nämlich im 3. Bezirk, in der Lechnerstraße. Die Person zieht
aus, die Wohnung wird frei, und noch ist sie nicht nachvermietet, weil dort
nämlich eine Sockelsanierung vorgesehen ist. Er würde sich jetzt für die
Wohnung interessieren. (GR Dr Herbert Madejski: Das geht nicht!)
Das ist jetzt kein Lobbyismus für einen, aber da muss
man sich wirklich einmal die Situation überlegen: Er hat einen Hund und hat
20 m², er hat keinen Platz. Er zahlt seit 10 Jahren Miete. Ich habe extra
nachgefragt, ob er in der Vergangenheit viele Probleme gemacht hat - dann wird
er es eine Spur weniger leicht haben -, ob er die Miete regelmäßig bezahlt hat
oder nicht. Anscheinend war das alles niemals ein Problem. Er spielt nicht
jeden Tag zu Hause Kontrabass, weil er ja auf seine Auslandsreisen gehen und
dort herumfahren muss. Aber sichtlich wirft das nicht genügend Geld ab, dass er
sich eine große Wohnung leisten könnte. Die Künstler haben es nicht leicht in
dem Land.
Ich würde mich sehr freuen, wenn man diesem Herrn
helfen könnte, und vielen anderen, die sich eine bessere Wohnung wünschen. -
Danke. (Beifall bei den GRÜNEN. - GR Dr Herbert Madejski: Ich kenne jemanden
mit einer Ziehharmonika, der kann auch nicht...!)
Vorsitzende GRin Inge Zankl: Als
Nächster ist Herr GR Fuchs zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Georg Fuchs (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Frau Vorsitzende! Herr Stadtrat! Meine Damen und
Herren!
Herr GR Fritz Strobl, der Wirtschaftssprecher der SPÖ,
hat heute gesagt: Die Finanzen der Stadt sind in Ordnung gehalten worden, es
wurde im Wohnbereich nicht gekürzt. Das hat er wortwörtlich gesagt. Nun, dass
die Finanzen der Stadt in Ordnung sind - da hat Herr Kollege Ellensohn schon
Recht, wenn ich heute sagen werde, dass die Finanzen deswegen in Ordnung sind,
weil natürlich der Bund jährlich 460 Millionen EUR gibt. Dann ist es
sicherlich leicht, die Finanzen in Ordnung zu halten, das ist ganz klar.
Nun aber zum Rechnungsabschluss, zur Bilanz 2004 über
Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung, meine Damen und Herren! Diese Bilanz und
vor allem die Auflösung des Gemeinderates verleiten schon ein bisschen dazu,
eine Fokussierung der letzten Jahre zu machen, in den verschiedensten Bereichen
in dieser Legislaturperiode. Ich glaube, dass diese Bilanz deswegen nicht allzu
rosig ist, weil gewisse substanzielle Problembereiche des urbanen Wohnens nicht
erfüllt worden sind. Ich möchte nur ein paar herausgreifen.
Das ist einerseits die Leistbarkeit - und wir haben das
schon gehört -, das sind die Leistbarkeit und die Wohnversorgung für das untere
Drittel in unserer Gesellschaft, diejenigen, die am wenigsten verdienen, meine
Damen und Herren. Das ist aber auch der Bereich Sicherheit, und da hätte man
wesentlich mehr machen können, auch im Bereich der Nachhaltigkeit, Herr
Stadtrat. Ich glaube, dass das ganz wesentliche Dinge sind. Das sind drei
Tätigkeitsfelder, da haben Sie zwar kräftig Öffentlichkeitsarbeit betrieben,
ganz kräftig, aber keine wirklichen Lösungen für die Betroffenen herbeigeführt,
und das trotz SPÖ-Alleinregierung. Ich muss schon sagen, eigentlich sollte man
nicht sagen, trotz SPÖ-Alleinregierung, sondern weil es eine
SPÖ-Alleinregierung gewesen ist. Sonst hätten Sie sicherlich nicht so agieren
können und hätten sehr wohl immer jemanden mahnend zur Seite gehabt, der Ihnen
das eine oder andere gesagt hätte.
Meine Damen und Herren! Ich möchte
jetzt zur Leistbarkeit kommen. Sie können sich erinnern, es hat einen Stadtrat
gegeben, der ist angetreten und hat gesagt, jedem Wiener seine leistbare
Wohnung! (Heiterkeit bei den GRÜNEN.) Es sind viele, viele Jahre
vergegangen, Herr Stadtrat, und in der Zwischenzeit haben wir nicht nur
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular