Gemeinderat,
55. Sitzung vom 28.04.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 73 von 85
ergeht es den Zulieferfirmen, die es sich einerseits nicht leisten können, auf Großkunden, wie es diese Einkaufszentren nun einmal sind, zu verzichten, aber andererseits dem Preisdruck nur durch Weitergabe an das Personal oder mindere Qualität der Waren gerecht werden können.
Auch betroffen ist dann die immer größer werdende
Gruppe der Singles und der älteren Menschen, die keinen Wocheneinkauf im
Einkaufszentrum machen wollen oder auch können, weil sie vielleicht über kein
Auto verfügen. Wer fährt dann schon mit den schweren Packeln vielleicht mit der
U-Bahn, wo er dreimal umsteigen muss, nach Hause? Diese Menschen möchten
vielleicht an ihren Haushalt angepasst kleinere Mengen, frische Mengen und die
vor Ort und nicht irgendwo über drei Ecken kaufen.
Wenn man dann sagt, es liegt auch manchmal daran,
dass bei den Einkaufsstraßen die Mieten so hoch sind, dann kann ich mir das
nicht gut vorstellen, wenn sich eben andererseits gerade
"Preisruinen", Bestmärkte und so weiter sehr wohl dort ansiedeln, die
ja nicht die großen Spannen haben. Und dass es beim Greißler ein bisschen
teurer ist, ist auch klar, würde aber sicher angenommen, denn man kauft ja auch
bei den Tankstellen die teureren Produkte. Man muss es aber ermöglichen.
Was bei dem Sozialen noch dazukommt: Die kleinen
Läden haben oft nicht diesen enormen Personalwechsel, sodass sich hier vor Ort
ein Kommunikationszentrum für die Menschen aufbaut. Das ist wie ein Dorf in der
Stadt. Die Leute gehen immer zum selben Greißler und haben damit auch
Ansprechpartner, was in einer Stadt mit Vereinsamung, glaube ich, besonders
wichtig ist. (Beifall bei der FPÖ.)
Dies alles aber wird verhindert, indem wir immer mehr
unpersönliche, kontaktarme, billigpreisfördernde Einkaufszentren mit all den
geschilderten Auswirkungen zulassen. Daher ist unser heutiger Antrag betreffend
einen zeitlich befristeten Widmungsstopp für Einkaufszentren in Wien besonders
wichtig, vor allem dort, wo es eine Aufwertung der Einkaufsstraßen im Sinne des
Einzelhandels, des Personals, vor allem aber der Konsumenten geben soll. Und
das fordern wir Freiheitliche. (Beifall
bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Frau GRin Trammer, bitte.
GRin Heike Trammer
(Bündnis Zukunft Wien – die Stadtpartei): Vielen Dank. – Herr Vorsitzender!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Das BZW befürchtet wohl mit Recht, dass die Klein-
und Mittelbetriebe in Wien dem Untergang geweiht sind. Negativbeispiele gibt es
genug. Wir haben es gehört, Floridsdorfer Hauptstraße, Stadlauer Straße, Praterstraße,
Lerchenfelder Straße, Josefstädter Straße, Hernalser Straße und viele mehr,
allesamt früher einmal blühende Einkaufsstraßen, verzeichnen ein massives
Geschäftssterben. Die Nahversorgung wird, wenn überhaupt, nur mehr durch große
Einkaufsketten gewährleistet, der Greißler ums Eck sowie die typischen Wiener
Fachgeschäfte werden durch Sexshops und Wettbüros abgelöst, diese zum Teil
sogar angesiedelt in unmittelbarer Nähe von Kindergärten. Siehe Beispiel
Floridsdorf.
Ein neues Großeinkaufszentrum jagt das nächste,
vielleicht auch deshalb, weil die Investoren für Wien einige infrastrukturelle
Verbesserungen finanzieren wollen, so nach dem Motto, die eine Hand wäscht die
andere, aber das weiß man nicht so genau. Sowohl im Strategieplan Wien als auch
im Stadtentwicklungsplan 05 ist die Revitalisierung dieser vorhin
genannten Einkaufsstraßen eindeutig nicht vorgesehen. Die wirtschaftliche
Konzentration erfolgt auf die innere Mariahilfer Straße, die fast
ausschließlich aus Großketten besteht, auf die Kärntner Straße, den Graben und
all das, was sich so im ersten Bezirk abspielt.
Dieses verfehlte Einkaufsstraßenmanagement unter der
Federführung der neuen selbsternannten Wirtschaftspartei SPÖ, wie man ja vom
Herrn Strobl bei der Wirtschaftskammerwahl immer hören konnte, dem Wiener
Einkaufsstraßenmanagement, dem Wiener Wirtschaftsförderungsfonds und last but
not least der Wirtschaftskammer führt so weit, dass StR Schicker von den
Kleinunternehmen so genannte Privatinitiativen fordert, um überleben zu können.
So nämlich seine Reaktion auf eine Anfragebeantwortung in einer
Gemeinderatssitzung vom 27. Jänner dieses Jahres.
Allerdings ist – und das darf man nicht vergessen zu
erwähnen – dieser Planungsmurks, Großeinkaufszentren an allen Ecken und Enden
zu errichten, dem ehemaligen Planungsstadtrat der ÖVP, Görg, zu verdanken.
Daher ist die ÖVP letztendlich auch für die heutigen Zustände und das langsame
Sterben der Klein- und Mittelbetriebe mitverantwortlich. Die überhöhten
Geschäftsmieten und die Nähe der überdimensionierten Einkaufszentren bedeuten
für die Klein- und Mittelbetriebe á la longue den Todesstoß.
Dabei ist die Bedeutung der Klein- und Mittelbetriebe
für die Volkswirtschaft besonders groß. Zwei Drittel aller Arbeitsplätze werden
in entwickelten Volkswirtschaften von Klein- und Mittelbetrieben
bereitgestellt. Warum sind die Klein- und Mittelbetriebe für uns in Wien so
wichtig? Sie bieten ein reichhaltiges Angebot, spüren Marktnischen auf, wirken
Monopolisierungstendenzen entgegen und sichern so den Wettbewerb. Sie sichern
die Nahversorgung und sind konjunkturstabil, wenn sie nicht gerade auf
Zulieferfirmen angewiesen sind. Das Wichtigste aber, meine sehr geehrten Damen
und Herren: Sie stellen Lehrplätze zur Verfügung.
Wenn man die KMUs, so wie hier in dieser Stadt, durch
derart schlechte Rahmenbedingungen immer mehr vernichtet, dann wundert es
nicht, wenn jetzt Wiener Lehrlinge nach Preßburg gehen müssen, um da ihr
Praktikum zu machen, weil es eben dort noch gut funktionierende Fachbetriebe
gibt.
In diesem Sinne, zum Schutz der Klein- und
Mittelbetriebe und für die Erhaltung der Ausbildungsplätze für unsere Jugend
und der Arbeitsplätze insgesamt, stimmen wir dem Antrag des blauen Klubs zu. (Beifall
beim BZW.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl:
Danke. – Als Nächster
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