Gemeinderat,
4. Sitzung vom 14.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 25 von 119
Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich möchte eines sehr wohl unterscheiden: Zwischen
einer positiven Bilanz und einem ambitionierten Programm liegt ein großer
Unterschied. Dass Wien ambitionierte Programme vorlegt, das hat Kollegin Sandra
Frauenberger eindeutig ausgeführt.
Wovon wir aber heute sprechen, sind die
Rahmenbedingungen für berufstätige Frauen. Die Frauenerwerbsquote, wir haben es
heute schon gehört, liegt bei 79,3 Prozent, und - hört, hört! - das ist
flächendeckend der Österreichschnitt, der am höchsten ist. Seltsam, nach Ihrer
Darstellung stimmt das so nicht. Wien investiert zusätzlich
315 Millionen EUR jährlich, um für die Rahmenbedingungen zu sorgen.
Das bedeutet den sukzessiven Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen. In
diesem Bereich, meine Damen und Herren, darf nicht gespart werden, weil das für
uns einen volkswirtschaftlichen und einen wirtschaftlichen Nutzen hat. (Beifall
bei der SPÖ.)
74 000 Plätze werden in Krippen,
Kindergärten und Horten angeboten, weitere 25 000 Plätze in
Nachmittagsbetreuungseinrichtungen wie Ganztagsschulen oder Lerngruppen sowie
1 872 Kindergruppenplätze und 1 000 Plätze bei Tageseltern. Wenn
Sie das zusammenzählen, sind das rund 102 000 Kinderbetreuungsplätze
in Wien, und die Möglichkeit für so viele Frauen, auch einer Berufstätigkeit
nachzugehen.
Ende 2006 - und das zeigt, wie wichtig es uns ist -,
wir wissen, dass wir eine Vollversorgung der drei- bis sechsjährigen Kinder in
Wien haben, die uns... (StRin Mag Katharina Cortolezis-Schlager:
95 Prozent ... Sechsjährigen!) Es ist die Unterversorgung, die
wir noch haben: Im Bereich der Null- bis Dreijährigen setzen wir Schwerpunkte, was
bedeutet, dass nächstes Jahr in Wien 690 neue Kinderbetreuungsplätze gebaut
werden. Darüber werden sich Bezirke wie Favoriten, Simmering, Brigittenau,
Floridsdorf und die Donaustadt freuen. (Beifall bei der SPÖ.)
Drei Viertel aller Krippenbetreuungsplätze von ganz
Österreich liegen in Wien. (Zwischenruf von StRin Mag Katharina
Cortolezis-Schlager.) Ich weiß nicht, aber vielleicht bekommen Mütter in
den Bundesländern ihre Kinder erst in einem Alter von drei Jahren und bringen
sie erst dann zur Welt, weil vorher keine Versorgung möglich ist. (Beifall
bei der SPÖ. - Rufe und Gegenrufe zwischen SPÖ und ÖVP.)
Noch als Draufgabe haben wir in Wien bei den
Kinderbetreuungsplätzen die höchstmögliche Versorgung anhand der
Öffnungszeiten. Wir sprechen hier von zehn Schließtagen, im Gegensatz zu
Vorarlberg, wo wir 57 Schließtage haben. Und wir sprechen von Tagen, die nicht
mit den Schulschließungen zusammenhängen: Wir sprechen von Tagen auch außerhalb
des Schulbereichs, und die werden in unseren Kinderbetreuungsbereichen sehr
wohl integriert. (Beifall bei der SPÖ. - Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Viele Frauen haben aber in ihrem Leben die
Berufstätigkeit bereits unterbrochen, bedingt durch Kinderbetreuungszeiten, und
leider schaffen es wirklich nur mehr zwei mit dem Wiedereinstieg.
Da möchte ich aber schon noch in die Richtung des
Bundes ein Beispiel bringen, und zwar das Beispiel des Kinderbetreuungsgeldes.
Nicht nur wir, sondern auch der ÖGB, seltsamerweise auch die
Industriellenvereinigung und der Wirtschaftsbund wollen eine Veränderung des
derzeit bestehenden Kinderbetreuungsgeldes. Wir drängen auf eine Reform, es
soll nicht so sein, dass die Frauen keine Wahlmöglichkeit haben. (GRin
Martina LUDWIG: Genau!) Diejenigen, die es sich wünschen, können in der
längstmöglichen Zeit zu Hause bleiben, andere sollen jedoch die Möglichkeit
haben, in kürzerer Zeit einen höheren Betrag zu konsumieren, was vielleicht
dann auch die Männer dazu bringt, für eine Zeit die Kinderbetreuung zu
übernehmen.
Ein letztes Stichwort: Zuverdienstgrenze. Haben Sie
schon einmal versucht, sich die Zuverdienstgrenze auszurechnen? Es klingt sehr
einfach und lapidar: 14 600 EUR im Jahr. Es rechnet Ihnen im Vorfeld
niemand aus, die Frauen sind verlassen und allein gelassen. Bei der derzeitigen
Gesetzeslage müssten sie das Kinderbetreuungsgeld des gesamten Jahres
zurückbezahlen. Das kann nicht unsere Forderung sein, und dazu stehen wir
nicht! (Beifall bei der SPÖ. - GRin Martina LUDWIG: Genau!)
Somit komme ich schon zum Schluss. Wie ich auch
gestern schon gesagt habe: Wien springt mit dezidierten Maßnahmen ein, mit
Maßnahmen, die natürlich auch für uns nicht in ausreichender Form vorhanden
sind, die aber ein Grundstein und ein guter erster Schritt sind. Kollegin
Sandra Frauenberger hat sie angeführt, sie sind vorhanden, aber Wien springt
schon wieder für Versäumnisse des Bundes ein. Was die Rahmenbedingungen für
berufstätige Frauen betrifft, könnte sich der Bund am Beispiel Wiens etwas
überlegen. Berufstätige, eigenständige, unabhängige Frauen können...
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer (unterbrechend):
Bitte zum Schluss kommen.
GRin Angela Lueger (fortsetzend):
...und haben durch ihre Kaufkraft die Möglichkeit, die Wirtschaft auch anzukurbeln.
Vergessen Sie eines nicht, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von den
Fraktionen der Bundesregierung: Frauen könnten die Wirtschaft ankurbeln. Nützen
Sie deren Kaufkraft, und schaffen Sie die dafür erforderlichen
Rahmenbedingungen. (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Bevor wir zur Erledigung der Tagesordnung kommen, gebe ich gemäß § 15
Abs 2 der Geschäftsordnung bekannt, dass an Anfragen eingelangt sind: 4
von den Freiheitlichen, 1 von den GRÜNEN und 20 vom ÖVP-Klub.
Weiters sind zwei Anträge von den GRÜNEN eingelangt.
Diese Anträge werden den anderen Fraktionen schriftlich bekannt gegeben. Die
Zuweisungen erfolgen wie beantragt.
Von den Gemeinderäten Anton
Mahdalik und Dr Herbert Madejski wurde ein Antrag an den Herrn
Bürgermeister betreffend "Wien-weite Geschwindigkeitsbeschränkung von
50 km/h" gerichtet. Das Verlangen auf
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