Gemeinderat,
3. Sitzung vom 12.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 55 von 105
Nettozahler. Das Steueraufkommen, das wir aufbringen, ist die Sicherheit, ist das Rückgrat des Steuervolumens der Republik. Also zu sagen, wir hungern aus, ist einfach absurd. Wir erbringen den größten Brocken in der Überschussgebarung. Ohne diese Leistungen der Stadt und des Bundeslandes Wien wäre ein stabiler Haushalt der Republik Österreich nicht möglich.
Weiterer Punkt: Ein Viertel des EU-Beitrages, den die
Gemeinden erbringen – er wird ja zu einem Teil von den Gemeinden und von den
Bundesländern aufgebracht –, ein Viertel also wird von Wien aufgebracht und ein
Fünftel auf der Ebene der Länder. Also wir erbringen einen überproportional
hohen Anteil des Beitrages, der von den anderen Gebietskörperschaften zu dem
geleistet wird, was der Bund dann eben in die EU einzahlen muss. Wir zahlen
mit, meine sehr geehrten Damen und Herren, für den Amtssitz der Vereinten
Nationen, wir zahlen mit für den Amtssitz einer Reihe internationaler
Organisationen. Niemand von Ihnen wird doch behaupten können, dass die
Tatsache, dass Wien der Sitz internationaler Organisationen ist, dass wir jenes
Bundesland, jenes Land in der Europäischen Union sind, das als einziges einen
Amtssitz der Vereinten Nationen hat, dass das nur ein Wiener Problem ist. Davon
zu sprechen, dass Wien den Bund aushungert, ist wirklich absurd! (Beifall
bei der SPÖ.)
Und ich rede jetzt gar nicht davon, dass wir eine
Reihe von Leistungen erbringen als Stadt und als Land, die weit über unsere
Grenzen hinaus für die Bevölkerung von ganz Österreich von Bedeutung sind. Das
sind beispielsweise die vielen Patienten, die nach Wien ins AKH kommen,
30 Prozent, die in die anderen Spitäler der Stadt Wien kommen, das ist die
Hälfte der Studierenden an den Fachhochschulen, die in Wien tätig sind.
Ich glaube, der Herr Wolf hat wenig Interesse an dem,
was ich sage. Entschuldigen Sie, ich will Sie nicht stören, aber ich habe den
Herrn Tschirf direkt angesprochen. Vielleicht könnten Sie die Nettigkeit haben,
ein bisschen später mit ihm zu sprechen, ja? (GR Dr Franz Ferdinand Wolf: O
ja! – GR Mag Thomas Reindl: Der Herr Wolf ist ja noch jung in dem Gremium! Er
wird es schon noch lernen!)
Oder nehmen wir den Konferenztourismus, Herr
Klubobmann der ÖVP. Da gibt es ein Steueraufkommen von
124,8 Millionen EUR. Davon profitiert der Finanzminister mit
81,6 Millionen EUR. Wir kriegen nur 15,3 Millionen EUR. Angesichts
dieser Tatsache davon zu sprechen, dass wir den Bund aushungern, ist eigentlich
in jeder Hinsicht absurd. Ich kann Sie nur bitten, das noch einmal zu
überdenken, was Sie da wirklich gemeint haben. (Beifall bei der SPÖ. – GR Dr
Matthias Tschirf: Das ist genau überdacht! – GR Mag Thomas Reindl: Ich glaube,
der Herr Klubobmann versteht das nicht!)
Die Frau StRin Mag Cortolezis-Schlager hat in ihrem
Redebeitrag eine besondere Ambition gehabt, Wien mit Oberösterreich zu
vergleichen. Irgendwie hat mich das erinnert, dass im Wahlkampf der ÖVP auch
der Lhptm Pühringer hier in Wien eingesetzt worden ist – unter
Anführungszeichen. Es war ihm nicht ganz wohl dabei, habe ich aus seinen
Bemerkungen empfunden, die in den Zeitungen zu lesen waren. Aber vielleicht
kann man noch einmal etwas sagen. Um die Proportionen zwischen Oberösterreich
und Wien in das richtige Verhältnis zu bringen, kann man vielleicht Folgendes
sagen: Das Bruttoregionalprodukt Wiens ist mit 61 Milliarden EUR um
fast zwei Drittel höher als das des Bundeslandes Oberösterreich. (GR Dr
Matthias Tschirf: Aber die haben 20 000 Arbeitsplätze dazubekommen!) Nur
so zum Vergleich der Wirtschaftskraft: Pro Kopf und Jahr erwirtschaften die
Wienerinnen und Wiener 39 300 EUR. Damit ist das mehr, um die Hälfte
mehr, als das, was die Oberösterreicher produzieren.
In Wien gibt es 76 279 Wirtschaftsbetriebe. Das sind 22,1 Prozent
aller Betriebe und ist deutlich mehr, als sie die Bundesländer Oberösterreich
oder Niederösterreich aufweisen. Und wir haben ein Viertel aller
österreichischen Arbeitgeberbetriebe, und das bedeutet immerhin eine
beachtliche Leistung. Ich könnte jetzt diese Aufzählung beliebig fortsetzen.
Ich möchte nur klarstellen: So, dass wir uns Oberösterreich zum Vorbild nehmen
müssten und dass es nur mehr das Leitbild Oberösterreich gibt, so ist es
wirklich nicht.
Ein Thema zur Frage der
Wirtschaftsförderung. Herr GR Aichinger, ich habe nicht ganz verstanden,
warum Sie meine Bemerkungen zur Frage der Wirtschaftsförderung so in die
falsche Kehle bekommen haben. Also ich habe gesagt – ich habe mir das auch noch
einmal herausgesucht, wie das gelautet hat, es war so, wie meine Erinnerung
gewesen ist –, wir wollen die Wiener Wirtschaft so fördern, dass sie mehr
Arbeitsplätze schaffen kann – ein sinnvolles Vorhaben, das niemand bestreiten
wird –, und habe hinzugefügt, wir verstehen darunter nicht Wirtschaftsförderung
mit Steuermitteln, die der Gewinnmaximierung dienen, womöglich noch auf Kosten
der Arbeitsplätze. Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, was müssen sich
jene Steuerzahler denken, die oft über ein kleines Einkommen verfügen, deren
Geldmittel wir in Anspruch nehmen, um damit Unternehmen zu fördern, wenn der
ganze Zweck nur darin besteht, dass dann ein Gewinn erzielt wird, den der
Betreffende privat einsteckt. Das kann ja nicht die Lösung des Einsatzes von
Steuermitteln sein. Und das ist ja auch kein Thema, das zwischen uns als Streit
ist. Jeder von uns geht davon aus: Wenn wir Steuermittel verwenden, um
Wirtschaftsunternehmen zu fördern, dann aus einem gemeinwirtschaftlichen Grund
und nicht zur privaten Bereicherung des Betreffenden. Das hätte mich ja
verblüfft, wenn das jemand von Ihnen jemals behauptet hätte. Und daher hat es
mich irritiert, dass Sie da so aufgeregt reagieren bei einem Satz, der
eigentlich eine Selbstverständlichkeit ist und nur unterstreichen soll, dass es
eben eine Widmung gibt, wenn man öffentliche Mittel einsetzt.
Das
zweite Thema, das ich hier ansprechen möchte: Ich will jetzt nicht das
strapazieren, was Margulies hier auch gesagt hat, nämlich dass man sehr wohl
bei den Voranschlägen auf die Rechnungsabschlüsse dort zurückgreifen muss, wo
es nicht um Investitionen geht, sondern wo es um Ausgabenposten geht. Da hat er
schon in einer gewissen Hinsicht Recht. Aber so
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