Gemeinderat,
3. Sitzung vom 12.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 51 von 105
ansiedelt und versucht, sie zu erhalten oder sie weiter
auszubauen. Es sind mehrere Beispiele genannt worden, etwa das Life Science in
der Muthgasse, wo wir weiterarbeiten, aber auch der Siemensstandort in der
Siemensstraße entwickelt sich ganz toll und sichert wahrscheinlich auch nachhaltig
eine höhere Forschungsquote.
Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Auch das Thema Arbeitslosigkeit oder Beschäftigung kann man, glaube ich, einem
Vergleich unterziehen, und ich möchte da einiges zurechtrücken. Der Herr
Vizebürgermeister hat es, glaube ich, so gesagt: Wir sind das Bundesland mit
dem drittgeringsten Anstieg. Das ist vielleicht schlecht rübergekommen. (GR Dr Matthias Tschirf: Man muss die
absoluten Zahlen sehen!) Wir haben noch immer eine Steigerung, und wir
wissen, dass Wien auch eine hohe Arbeitslosigkeit hat. Das wissen wir. Aber wir
haben den drittgeringsten Anstieg, und das kann man bitte auch auf der Homepage
des Arbeitsmarktservice nachlesen. Das sind keine erfundenen Zahlen. Und es
steht auch außer Zweifel – Klubobmann Oxonitsch hat das gesagt –, dass Wien in
den letzten 14 Monaten oder 11 oder 12 Monaten sinkende Arbeitslosenzahlen
gehabt hat. (GR Dkfm Dr Fritz Aichinger: Aber viele sind in Schulungen!
Oder?) Okay. Andere Bundesländer machen auch Schulungen. Das muss man ganz
einfach hinnehmen. Ich denke auch, dass Schulung wichtig ist. Die Wirtschaft
verlangt nämlich immer bestausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Darüber sind wir uns, glaube ich, einig. Und damit, dass das Budget von
51,5 Millionen auf 56 Millionen erhöht worden ist, trägt man diesem
Wunsch auch Rechnung. Wer einmal erlebt hat, wenn Betriebe aus Wien absiedeln –
ich habe es erlebt – und wegen kurzfristiger Gewinnmaximierung im
produzierenden Bereich ins nahe gelegene Ausland gehen – heute gehen sie ja gar
nicht mehr nach Ungarn, heute gehen sie ja schon weiter –, wo dann 500, 600
Leute betroffen sind, dann sind diese Leute froh, wenn sie in Stiftungen gehen
können. (Zwischenruf von GRin Mag Barbara Feldmann.) Sie wissen ja gar
nicht, wovon Sie reden. Und wenn dort dann bis zu vier Jahre auf einen
Wiedereinstieg ins Berufsleben hingearbeitet wird, ausgebildet wird, gefördert
wird, dann ist das, glaube ich, eine ganz, ganz tolle Sache und im Interesse
der Wienerinnen und Wiener, meine sehr verehrten Damen und Herren. (Beifall
bei der SPÖ.)
Es gäbe noch viel zu sagen, aber die Zeit
ist bald zu Ende, das Lämpchen blinkt. Wie ich eingangs gesagt habe, ist dieses
unter nicht optimalen Rahmenbedingungen entstandene Budget trotzdem ein konjunkturpolitisches
und ein ambitioniertes Budget. (Ironische
Heiterkeit bei der ÖVP.) Es orientiert sich an den Menschen, ohne dass wir
den finanziellen Handlungsspielraum für die Zukunft unserer Stadt aufgeben
müssen.
Wenn am Beginn gefordert wird, man soll
immer vergleichen. Ich denke, der Vergleich macht eben sicher, auch für die
ÖVP. (GR Dr Matthias Tschirf: Ja eben!)
Sie können mit ruhigem Gewissen diesem Budget zustimmen. (Beifall bei der
SPÖ. – GR Dr Matthias Tschirf: Leider eben nicht!)
Vorsitzender GR Dr Wolfgang Ulm:
Zu Wort gemeldet ist Herr GR Kenesei. Ich erteile es ihm.
GR Günter Kenesei (ÖVP-Klub
der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr
Vizebürgermeister! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Nur um eine bisschen wieder auf die hard
facts, auf die tatsächliche Wirtschaftspolitik in der Stadt zurückzukommen,
Kollege Strobl und Kollege Ekkamp, und nicht irgendwie zu philosophieren, wer
woran schuld sein könnte und warum und wieso etwas passiert. Es wird nur fünf
Minuten dauern. Aus der Praxis.
Die Firma Ankerbrot, 10. Bezirk,
seit 112 Jahren an diesem Standort als Brotfabrik, vormals geführt vom Genossen
Schuster mit mäßigem Erfolg, dann ist sie abgegeben worden an eine deutsche
Firma. Seit dreieinhalb Jahren gibt es dort einen neuen Chef. Ich weiß nicht,
ob der Herr StR Rieder den neuen Chef schon kennt, zu Gesicht bekommen hat er
ihn wahrscheinlich noch nicht, denn niemand von der Stadtregierung hat sich um
dieses Unternehmen gekümmert. Sein Name ist Peter Ostendorf, ein junger
Unternehmer, der relativ viel Geld investiert hat, um dieses marode
Unternehmen, das der Herr Schuster de facto gegen die Wand gefahren hat, wieder
auf die Beine zu bringen. Er hat erfolgreich einen Ausgleich hinter sich
gebracht und beschäftigt derzeit an dem Standort 960 Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter. Das sind Arbeitsplätze, die in Wien sind; mit den Filialen sind es
insgesamt knapp 2 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Jetzt bemühen sich dieser Herr Ostendorf
und sein Vorstandskollege seit dreieinhalb Jahren mit dem Wiener
Wirtschaftsförderungsfonds, mit dem hoch gelobten Instrument, das Sie angeblich
haben, ins Gespräch zu kommen bezüglich einer Hilfestellung bei den
Grundstücken, bei den Gebäuden, die freigemacht wurden, bezüglich auch einer
anderweitigen Nutzung, um die Möglichkeit, in den freien Hallen und in den
freien Betriebsflächen Klein- und Mittelbetriebe unterzubringen, eventuell auch
eine widmungsmäßige Änderung herbeizuführen, um auf diesem Industriegelände
auch eine Widmung Betriebsbaugebiet zu bekommen, um diese Klein- und
Mittelbetriebe umzusetzen. Unterstützung bis zum heutigen Tag von dieser Stadt
Wien, die diesen tollen Wirtschaftsförderungsfonds und das Superbudget hat, die
immer sagt, wir machen alles für die Wirtschaft, aber schuld ist der Bund:
Null! Unterstützung bis zum heutigen Tage null von dieser Stadt für einen
Unternehmer, der in den letzten dreieinhalb Jahren 7 Millionen EUR
aus seiner Privatkassa in dieses Unternehmen investiert hat, der es geschafft
hat, mit diesem Unternehmen wieder in die schwarzen Zahlen zu kommen, nachdem
es jahrzehntelang tiefrot gewesen ist. Aber nicht nur, weil es der Genosse
Schuster damals geführt hat, sondern weil er offensichtlich vom Wirtschaften
tatsächlich keine Ahnung gehabt hat. Aber es werden diesem Unternehmen
permanent nur Prügel vor die Beine geworfen.
Da gibt es zum Beispiel ein
Nachtauslieferungsfahrverbot. Oftmals hat er vorgesprochen, oftmals hat er
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