Gemeinderat,
3. Sitzung vom 12.12.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 39 von 105
Am einfachsten könnte sie durch entsprechende
Dotierung der Wiener Wirtschaftsförderung erfolgen. Aber gerade bei der Wiener
Wirtschaftsförderung, die ja vor allem für die Klein- und Mittelbetriebe
gedacht ist, wird seit dem Jahr 2001 laufend gekürzt. Ich verweise auf die
Kürzung der Nahversorgungszuschüsse von 50 000 auf 10 000 EUR je
Betrieb, die Kürzung der Wiener Innovationsförderung um zwei Drittel, die
Abschaffung der Wiener Telematikförderung, die Kürzung der Wiener
Strukturverbesserungsaktion um ein Drittel und so weiter. Von diesen Kürzungen
steht nichts im Magazin des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbandes. Dort
bezeichnet man Kürzungen als "maßgeschneiderte Förderungen", und das
ist insgesamt schlecht für die Wiener Betriebe! (Beifall bei der FPÖ.)
Eine weitere Möglichkeit der Kapitalstärkung wäre die
Förderung von Wissenschaft und Forschung - aber auch hier gab es Kürzungen -
oder zum Beispiel die Förderung betriebserweiternder Investitionen. Es gäbe
hier sicher noch eine Vielzahl weiterer Möglichkeiten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! An sich müsste man
annehmen, dass Wien und seine verantwortlichen Politiker alles tun, um die
besten Voraussetzungen für die Betriebe in Wien, aber vor allem für den größten
Dienstgeber Wiens, die Klein- und Mittelbetriebe, zu schaffen. Leider ist genau
das Gegenteil der Fall. Nicht nur, dass Förderungen aberkannt werden, werden
diese Betriebe noch zusätzlich belastet, was einen weiteren Standortnachteil
für Wien mit sich bringt.
So wurde zum Beispiel die Gebrauchsabgabe mit
1. August 2003 erhöht. Weiters werden die Betriebskosten der Betriebe
durch die Gebührenerhöhung bei Müll um bis zu 26 Prozent erheblich mehr
belastet. (GR Mag Thomas Reindl: Wie viele KMUs profitieren von der
Steuerreform? Wie viele? Kein einziger!) Die Erhöhung des Gaspreises am
1. Juni 2003 um 10 Prozent, am 1. November 2004 um
1,5 Prozent und eine weitere Erhöhung ab 1. Jänner 2006 um ca
12 Prozent sowie die Erhöhung des Strompreises ab
1. November 2004 um 8 Prozent und eine weitere am
1. Jänner 2006 um ebenfalls ca 12 Prozent trifft ganz exakt die
Klein- und Mittelbetriebe Wiens. Die neue Aufgrabungsgebühr im Jahr 2003 und
die Erhöhung der Wasseranschlussabgabe runden das Bild ab.
Neben diesen zusätzlichen, neuen Belastungen war der
Wirtschaftsstandort Wien ohnedies schon stark benachteiligt, und zwar durch die
Gebrauchsabgabe, durch die Dienstgeberabgabe, durch die Parkometerabgabe, durch
die gewinnbringenden Kanal- beziehungsweise Wassergebühren, die Kanalsteuer und
die Wassersteuer.
Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister! All diese Maßnahmen
sind schädlich für die Wiener Wirtschaft und für die Klein- und Mittelbetriebe
Wiens. Bitte verabsäumen Sie es nicht, dem größten Arbeitgeber Wiens, den
Klein- und Mittelbetrieben, die überlebensnotwendige Unterstützung im Interesse
aller Wiener zukommen zu lassen. (GR Mag Thomas Reindl: Wo sind die
steuerlichen Entlastungen für die KMUs?) Ich darf meine Forderung nach
einem Eigenkapitalstärkungs-Paket für die Wiener Betriebe wiederholen. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr
Dipl Ing Margulies hat sich zum Wort gemeldet. Die Redezeit beträgt, wie
bekannt, 15 Minuten. - Bitte.
GR Dipl Ing Martin Margulies (Grüner
Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren!
Oft genug bin ich froh, dass sich die Situation in
Wien nicht so dramatisch und schlecht darstellt, wie sie die FPÖ und auch die
ÖVP gerne zeichnen. Nichtsdestoweniger gibt es natürlich einiges zu
kritisieren, und es ist eben nicht Aufgabe der Opposition, die Sachen, die funktionieren,
klarzulegen - dafür lobt sich die Sozialdemokratie genug, das muss man nicht
zusätzlich hervorheben -, sondern es ist Aufgabe der Opposition aufzuzeigen, wo
es Verbesserungen geben kann.
Aber vorweg erlaube ich mir, insbesondere wenn man
über Wirtschaftspolitik redet, eine Bemerkung, und das ist sozusagen etwas, was
ich sowohl an die Sozialdemokratie als auch an die Freiheitlichen und an die
ÖVP richte. Denn ich habe, wenn Ihre drei Fraktionen herausgehen, tatsächlich
das Gefühl, dass Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik entweder nur Bundesangelegenheit
ist oder, wenn ÖVP und FPÖ sich hinstellen, nur Landesangelegenheit ist.
Beim besten Willen, meine sehr geehrten Damen und
Herren: Sie kennen die Kompetenzverteilung in der Verfassung, Sie kennen die
Möglichkeiten auf Bundesebene,
Sie kennen die Möglichkeiten auf Landesebene, und Sie kennen wahrscheinlich
auch die reale Situation. Die reale Situation in der Wiener Wirtschaftspolitik
schaut doch tatsächlich so aus, dass die meisten Sachen, egal ob jetzt in Form
eines Konsenses erstritten oder nicht, in Kooperation zwischen dem Land Wien
und der Bundespolitik passieren, insbesondere im Bereich der
Wirtschaftsförderung, im Bereich der Technologieförderung et cetera. Das heißt,
was immer Sie kritisieren, Sie kritisieren zu Recht natürlich auch die
Bundesregierung.
Ein zweiter Punkt: Kollegin Ludwig ist momentan nicht
hier, ich erlaube mir dennoch, ganz kurz auf das hinzuweisen, was sie darüber
gesagt hat, wo überall der Bund nichts zahlt. Es wird oft vergessen, dass das
Wiener Budget allein einmal 3,157 Milliarden EUR für das kommende
Jahr aus den Ertragsanteilen hat, um damit tatsächlich irgendetwas zu machen.
Gleichzeitig wird oft vergessen, dass für das Wiener Budget auch noch
Bundeszuschüsse in vielfältigster Art und Weise in der Größenordnung von
ungefähr 1,7 Milliarden erfolgen, die meisten davon zweckgebunden.
Nichtsdestoweniger werden seitens des Bundes für Wien ungefähr 4,9 Milliarden EUR
zur Verfügung gestellt.
Deshalb muss man sich nicht bei
jeder Geschichte aufregen und sagen, dass man eine Beteiligung des Bundes will.
Denn wenn ich der Bund bin und mir die Wiener Sozialdemokratie permanent
erzählt, dass sie eine Beteiligung des Bundes will, dann würde ich tatsächlich
einmal darüber reden und etwa Folgendes sagen: Na gut, aber dann braucht ihr
nicht so viele freie Mittel! Und auch die Höhe der Ertragsanteile versuche
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