Gemeinderat,
1. Sitzung vom 18.11.2005, Wörtliches Protokoll - Seite 50 von 56
gleichgeschlechtlich lieben, ist sie - da gibt es ein bisschen unterschiedliche Zahlen, aber es geht vom Vierfachen bis zum Sechsfachen - auf jeden Fall um ein Vielfaches höher als bei Menschen, die sich in das andere Geschlecht verlieben.
Das halte ich für eine alarmierende Zahl, und nicht
nur ich: Die Buchhandlung Löwenherz und Initiativen in der Stadt haben
vorgeschlagen, gemeinsam einen Coming-out-Ratgeber für Schulen zu produzieren. Aber
die Stadtschulratspräsidentin hat gesagt, das brauchen wir nicht. Wir werden in
einer der kommenden Sitzungen einen Antrag dazu einbringen und hoffen, dass man
dieses Thema anders angehen kann. Ich weiß, dass wir früher mit dem Sexkoffer
in Österreich Probleme hatten, aber es sollte in Wien möglich sein, dass wir
einen Coming-out-Ratgeber für Jugendliche in den Schulen schaffen. (Der Geräuschpegel im Saal ist nach wie vor
sehr hoch.)
Vorsitzende GRin Inge Zankl (unterbrechend): Entschuldigen Sie, Herr Stadtrat! Es ist schon
wieder so laut. – Meine Damen und Herren, bitte hören Sie dem Redner zu!
StR David Ellensohn (fortsetzend):
Deswegen mache ich ja auch eine Pause.
Tourismus: Michael Häupl hat gesagt, das Ziel sind
zehn Millionen Nächtigungen – darüber kann man reden -, und hat dann aber
gesagt: Gezielte Werbung im Ausland. - Da schrillen natürlich die Alarmglocken,
denn gezielte Werbung im Ausland, das sind die Compress Büros, die wir hier
schon öfters als Aktenstück hatten. Und da kriegt man auch das Gefühl,
"gezielte Werbung im Ausland" heißt auch: Viel Geschäft und viel Geld
und viel Finanzmittel für Leute, die bessere Kontakte zum amtsführenden Teil
dieser Stadtregierung haben als zum nicht amtsführenden. - Viel Arbeit für die
GRÜNEN, viel Arbeit als Oppositionspartei, viel Arbeit für die neue Frau der
GRÜNEN im Kontrollausschuss, für Waltraut Antonov, die die erste Frau sein
wird, die - nächstes Jahr, 2006 bis 2007 - den Vorsitz im
Kontrollausschuss führen wird. Viel Arbeit für Waltraut Antonov und viel Arbeit
für mich in der Stadtregierung!
Ich habe bei der Regierungserklärung 2001, die ich im
Protokoll nachgelesen habe, und bei der heutigen natürlich sehr viele
deckungsgleiche Dinge gefunden - zum Beispiel, was den Pflegebereich betrifft:
Da steht im Protokoll aus 2001: Der ist ganz, ganz
wichtig, das muss ganz, ganz super funktionieren, und da darf nie irgendetwas
schief gehen! - Und dann kam der von Sigrid Pilz aufgedeckte Lainz-Skandal.
Und heute hören wir: Dieser Bereich ist ganz, ganz
wichtig, da darf nichts schief gehen, das muss total funktionieren! - Und ich
hoffe, es kommt nicht der nächste Gesundheitsskandal. Ich hoffe, wir hören
nicht nur alle fünf Jahre diese Worte, sondern wir hören auch von einer
inhaltlichen Verbesserung und merken sie auch.
Lainz von Achtbettzimmer auf
Sechsbettzimmer zu verkleinern, das ist zu wenig, das ist ein kleiner Schritt
in die richtige Richtung, aber da ist noch lange nicht alle Arbeit getan.
Da die Aufmerksamkeit
während meiner Rede enorm gestiegen ist, sage ich wie Michael Häupl nichts zur
Lobau-Autobahn, sage ich wie Michael Häupl nichts zu der Wiederbelebung der
Einkaufsstraßen – wir verhandeln allerdings ein rot-grünes Projekt und würden
uns freuen, wenn wir in der Lerchenfelder Straße zwischen den Bezirken 7 und 8,
nicht zufällig vorgeschlagen von den GRÜNEN, weiterkommen würden –, ich sage
aber etwas zu den Lehrstellen und Lehrstellensuchenden. In dem Wahlkampf bin
ich des Öfteren konfrontiert worden mit Aussagen... – Es ist schon wieder so laut.
Ich hoffe, den nächsten Rednern hört man mehr zu.
Vorsitzende GRin Inge Zankl (unterbrechend): Bitte, es ist immer
noch so laut. Der Herr StR Ellensohn ist am Wort. Ich kann ihn am Vorsitz
überhaupt nicht hören.
StR David Ellensohn (fortsetzend):
Man könnte sagen, es ist zum Nachlesen; aber wie viele Leute lesen die
Protokolle nach von diesen Sitzungen?
Im Wahlkampf habe ich sehr oft Leute von der SPÖ
gehört, die gesagt haben, wir garantieren jedem und jeder, der oder die eine
Lehrstelle sucht, einen Ausbildungsplatz. Jetzt ist November, und ich würde
gerne wissen, wo ich die Leute hinschicken darf, die jetzt sagen, sie haben
keinen Ausbildungsplatz bekommen. Es macht nämlich gar nicht den Eindruck bei
mir im Büro, als ob alle einen hätten. Ich war nämlich bei einer Veranstaltung
in der Lugner City, und genau die Leute habe ich jetzt als "ein Fall für
Ellensohn" bekommen. Mir wäre geholfen, wenn der nächste Redner der
Sozialdemokratie tatsächlich auf das eingehen würde oder wenn man mir das
nebenher sagt, wo ich die Leute alle hinschicken darf.
Ich möchte mich gar nicht noch viel länger mit der
Regierungserklärung aufhalten, mit dem Wahlrecht allerdings schon. Ja zu einem
Wahlrecht – das ist schon öfter angesprochen worden –, das die Stimmen- und Mandatszahl
etwas näher aneinander heranführt, als es jetzt der Fall war. Das sagen
natürlich alle Oppositionsparteien. Ich möchte aber auch in diesem Bereich fair
bleiben und nicht sagen, dass es per se undemokratisch ist, ein Wahlrecht zu
haben, das mehrheitsfördernd ist. Das haben wir nämlich in allen Bundesländern,
auch dort, wo die ÖVP regiert.
Eine Änderung wäre möglich gewesen, und deswegen ist
es natürlich ein bisschen ein starkes Stück von der ÖVP, da herauszukommen und ständig
von einer Wahlrechtsänderung zu sprechen. Einmal hat es das historische Fenster
gegeben, 2000/2001, als der Landtag vorzeitig aufgelöst wurde, und zwar gegen
den Willen der Volkspartei. Da hat es eine Mehrheit in diesem Haus gegeben, die
das Wahlrecht hätte ändern können. Es sind damals serienweise Anträge der
GRÜNEN eingebracht worden, die unter anderem von der ÖVP abgelehnt wurden. Sie
haben die historische Chance verpasst, damals das Wahlrecht zu ändern, weil Sie
sich nicht getraut haben, und Sie haben sich ein paar Monate später darüber
geärgert und sind wieder heraußen gestanden und haben gesagt: Oje, oje! Damals
47 Prozent, jetzt 49 Prozent. Absolute Mehrheit.
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular