Gemeinderat,
51. Sitzung vom 17.12.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 89
Wien sozusagen noch schuldet. Das wäre gar nicht wenig, das wären einige Hunderttausend Euro, und meine Frage ist: Können Sie sich dem anschließen? Können Sie sich der Forderung nach der Förderung unabhängiger Medien durch so einen kleinen Wiener Medienvielfaltsfonds anschließen?
Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr Bürgermeister, bitte.
Bgm Dr Michael Häupl: Bei der Summe, die Sie genannt haben, kann ja von
"klein" wohl nicht die Rede sein. Man braucht sich ja nur zu
vergegenwärtigen, wie Förderungsvolumina seitens der Stadt Wien heute
ausschauen. Selbst wenn ich es mit dem Inseratentopf der Stadt Wien vergleiche,
ist das ja eine gewaltige Geschichte, die Sie hier meinen. Daher können Sie mit
Sicherheit auch nicht erwarten, dass ich bei diesem Finanzvolumen jetzt einfach
so nonchalant in einer Fragestunde sage: Ja, ja, das machen wir! – Nein, das
kann ich Ihnen so nicht sagen. Das ist sicher etwas, was man sich sehr genau
anschauen muss, was man im Detail prüfen muss. Dann kann man Ja oder Nein dazu
sagen.
Vorsitzender GR Günther Reiter: 4. Zusatzfrage: Herr GR Dr Salcher.
GR Dr Andreas Salcher
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Sie haben gesagt, dass das 90 Millionen EUR an Einnahmen
insgesamt in Österreich sind. Das ist klar, das ist die eine Seite, die Sicht
der Städte. Die andere Seite: Das sind 90 Millionen EUR an Belastung
für eine Branche für eine Steuer, die, wie Sie wissen, in Europa, ich will
nicht sagen einzigartig, aber sehr ungewöhnlich ist und die sozusagen eben aus
historischen Gründen eine Branche besonders getroffen hat - und die, wie wir ja
wissen, dann noch, solange das in der Gemeindehoheit war, zu der grotesken
Entwicklung geführt hat, dass Medienhäuser 50 Meter über den jeweiligen
Gemeinderand hinausgerückt sind.
Daher frage ich Sie noch einmal - denn eines wissen
wir mit Sicherheit: Dass im nächsten Herbst hoffentlich wieder Medientage
stattfinden werden -: Was werden Sie bis zu den nächsten Medientagen an
konkreten Initiativen setzen, um diese einseitige Belastung einer Branche, die
ja wirklich wirtschaftsfeindlich ist, abzuschaffen?
Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr Bürgermeister, bitte.
Bgm Dr Michael Häupl:
Das kann ich Ihnen relativ leicht sagen: Ich werde dem Herrn Finanzminister auf
die Nerven gehen, dass er uns einen entsprechenden Ersatz für die rund
35 Millionen EUR, die etwa der Stadt Wien entgehen würden, und die
90 Millionen EUR, die allen Städten und Gemeinden entgehen würden,
beibringt. Denn ich bin auch in Zukunft nicht mehr bereit, stille, so genannte
graue Finanzausgleichsmaßnahmen des Finanzministers, mit denen er fast am Tag
nach Abschluss der Finanzausgleichsverhandlungen schon wieder begonnen hat,
stillschweigend zu akzeptieren, und ich sage dazu jetzt schon - sowohl als
Wiener Bürgermeister als auch als Städtebundpräsident und in völliger
Übereinstimmung mit dem Gemeindebundpräsidenten -, dass wir auch nicht in der
Lage sind, einer Abschaffung der Werbeabgabe zuzustimmen, ohne dass es zu einem
entsprechenden finanziellen Ersatz kommt und dies einkommensneutral für die
Städte und Gemeinden ist.
Unter dieser Prämisse können wir die Gespräche ja
auch sehr rasch abhandeln. Wenn hier ein vernünftiger Ersatzvorschlag gemacht
wird, dann kann das bis zu den nächsten Medientagen schon durchgeführt werden.
Ich sage noch einmal dazu: Ohne diesen Ersatz wird es
sicherlich seitens des Städte- und des Gemeindebundes keine Zustimmung geben.
Vorsitzender GR Günther Reiter: Danke, Herr Bürgermeister.
Die 3. Anfrage (FSP - 05885-2004/0001 - KFP/GM) wurde von Herrn GR Ing RUDOLPH gestellt und ist an
die Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Bildung, Jugend,
Information und Sport gerichtet: Welchen Beitrag werden Sie auf dem Gebiet
der außerschulischen Kinder- und Jugendbetreuung erbringen, um in diesem
Bereich die Konsequenzen aus der jüngsten "PISA-Studie" zu ziehen?
Ich ersuche um Beantwortung.
VBgmin Grete Laska:
Sehr geehrter Herr Gemeinderat!
Ich bin Ihnen sehr dankbar für diese Anfrage. Das Thema
der PISA-Studie beziehungsweise der pädagogischen und bildungspolitischen
Schwerpunktsetzung wird uns heute ja noch einige Zeit beschäftigen, und diese
Anfrage gibt mir Gelegenheit, ein paar Dinge zu beantworten beziehungsweise
auch klarzustellen.
Zum einen wissen Sie ja haargenau - Sie sind ja
sozusagen vom Fach, wenn ich das sagen darf -, dass sich die Ergebnisse der
PISA-Studie und auch die Untersuchungsmethode an sich auf die rein schulischen
Belange beziehen, aber ich freue mich natürlich, wenn auch Sie den
bildungspolitischen Ansatz wesentlich breiter sehen. Das entspricht der
Bildungspolitik, die ich seit mehr als 30 Jahren verfolge, denn
Bildungspolitik ist ein ganzheitlicher Begriff, sie beginnt nicht mit der
Schulpflicht und endet nicht, wenn diese zu Ende ist, sondern Bildung und
Entwicklung beginnen in Wirklichkeit bei der Geburt und sind ein Leben lang ein
Thema.
Das heißt, die Voraussetzungen, die sich für Kinder
vor allem im vorschulischen Bereich stellen, sind ganz wichtige Grundlagen für
die Voraussetzungen, die sie dann in der Schule entweder positiv weiter
fortsetzen können oder eingeengt. Sie kennen meine Position, aber ich
wiederhole sie gerne noch einmal: Im vorschulischen Bereich, im
Kindertagesheimbereich versuchen wir, unserem Prinzip zu folgen, dass das
pädagogische Bildungsangebot Kindergarten ein flächendeckendes sein muss - was
es in Wien ist – und eines sein muss, das von der Inhaltlichkeit zur Förderung
der Kinder beiträgt, das die Sinnesschulung, die musikalische und kreative
Schulung in den Vordergrund stellt - jedenfalls nicht die formale Bildung und
die kognitiven Aspekte, sondern die motorischen, die kreativen Bereiche, die
Persönlichkeitsentwicklung, die sprachliche Förderung. All das sind die
Bildungsinhalte im Kindergarten.
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