Gemeinderat,
50. Sitzung vom 24.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 67 von 87
den mir vorliegenden Informationen des Bundesministeriums für Inneres mit Stichtag 22. November 2004 insgesamt 26 745 Personen Leistungen gemäß der Grundversorgungsvereinbarung, davon 9 348 Personen in Wien.
Zu Punkt 29 und 30: „Wie viele Asylwerber, mittellose
Fremde oder Vertriebene und Massenflüchtlinge waren 2003 in der Betreuung des
Landes beziehungsweise der Gemeinde und auf welcher Rechtsgrundlage?" und
"Welche Kosten entstanden 2003 dadurch für Wien und in welchen
Voranschlagsposten waren diese enthalten?" Das zu geringe Angebot an
Unterbringungsplätzen durch das Bundesministerium für Inneres im Rahmen der
Bundesbetreuung hat die Stadt Wien veranlasst, Betreuungsquartiere für
Asylsuchende zur Verfügung zu stellen, da sonst vor allem Familien die kalten
Wintermonate auf der Straße hätten verbringen müssen. Die Kosten wurden durch
Mittel der MD-KS abgedeckt. Dies ergab einen Aufwand von 924 109 EUR
im Jahr 2003. Das Platzangebot umfasste dabei mehr als
1 000 Notbettenplätze. Im Übrigen wurden an private Organisationen
Zahlungen in Höhe von insgesamt 2 601 523 EUR für die Betreuung
von Fremden geleistet. Davon entfielen auf die Caritas ein Betrag von
1,974 Millionen EUR und das Evangelische Hilfswerk ein Betrag in der
Höhe von 364 000 EUR, der Rest auf andere Hilfsorganisationen. Eine
eigene Erfassung von Asylsuchenden erfolgt im Bereich der Sozialhilfe nicht.
Seit 1.5.2004, also mit Inkrafttreten der Art 15a-Vereinbarung, erfolgt
eine solche im Rahmen dieses Grundversorgungsvereinbarungsvertrags.
Sehr geehrter Herr Gemeinderat! Meine Damen und
Herren!
Lassen Sie mich eine Nachbemerkung, weniger humorig
gemeint als bei der Einleitung, hier noch anschließen, denn in der Tat scheint
auch diese Dringliche Anfrage in erster Linie auf die letzten Fragen im
Zusammenhang mit Asyl gerichtet zu sein, dem nun in der Tat auch Dringlichkeit
zuzubilligen ist, im Gegensatz zu den Fragen über den Fonds Soziales Wien.
Ich möchte hier einmal mehr und abseits jeder Polemik
einen Appell an Sie richten, von dem ich meine, dass er eigentlich
selbstverständlich ist und selbstverständlich sein sollte.
Nicht zu Unrecht, und ausnahmsweise stimme ich mit
ihm 100-prozentig überein, hat der Bundeskanzler der Republik Österreich vor
einiger Zeit gemeint, es kann doch nicht wahr sein, dass sich ein so reiches
Land wie Österreich die Betreuung von 30 000 Flüchtlingen nicht
leisten kann. Nichtsdestotrotz haben wir drei Jahre verhandelt, um zur
Grundversorgungsvereinbarung dieser Art 15a-Vereinbarung zu kommen, drei
Jahre darüber verhandelt, wie wir auf eine möglichst gerechte Art und Weise die
Flüchtlinge, aufgeteilt auf die Bundesländer, unterbringen können und wie die
finanzielle Aufteilung dazu ausschaut. Dazu haben die Bundesländer
Vorleistungen erbracht, denn die Finanzierung wäre zu 100 Prozent zu
Lasten des Bundes gegangen. Es ist gemäß unserer Verfassung Aufgabe des Bundes,
dies zu tun. Wir haben uns in dieser Art 15a-Vereinbarung darauf geeinigt,
dass wir die Kostenaufteilung 60 zu 40 machen, 60 Prozent der Bund,
40 Prozent die Länder.
Ich habe immer darauf hingewiesen, egal, wo ich das
gesagt habe, hier, in den Medien und natürlich auch in der
Landeshauptleutekonferenz, dass der Sinn dieser Art 15a-Vereinbarung darin
besteht, alle Flüchtlinge entsprechend unterzubringen. Dies mit guten Gründen,
von denen der humanitäre Anspruch nur ein Teil ist, ein anderer Teil sehr wohl
auch die Kriminalprävention beispielsweise. Es ist daher, ich muss das mit
aller Deutlichkeit sagen, für mich unverständlich, dass wir einen einstimmigen
Beschluss fassen haben können, auf dem dann auch die Beschlüsse in den
jeweiligen Landtagen, ebenso wie im Nationalrat, erfolgt sind, dass es zu
dieser Art 15a-Vereinbarung kommt und dann versucht wird, diese
Art 15a-Vereinbarung wieder aufzukündigen.
Ich kritisiere nicht, dass man hier einen Rechtsweg einschlägt.
Das ist das gute Recht der Kärntner, wobei sich die Frage noch stellt, ob eine
vom Landtag ratifizierte Art 15a-Vereinbarung durch den Landeshauptmann
ohne weiteres aufkündbar ist. Das ist wieder eine Rechtsfrage, die Juristen zu
klären haben werden. Aber es ist für mich unverständlich, dass man dann sagt,
wir haben damals von 16 000 geredet, jetzt sind es 26 000, das ist
eine andere Grundvoraussetzung und daher kündigt man diese
Art 15a-Vereinbarung, die vom Geist der Solidarität des Miteinanders zur
Lösung einer sehr wichtigen gemeinsamen Frage getragen war, wieder auf. Das ist
der Punkt, den ich nicht nachvollziehen kann und auch nicht nachvollziehen
will! Dies ist in der Tat der Kernpunkt. Dass man dann versucht, den Wienern
noch zu unterstellen, dass sie Illegale in das System einschleusen und damit
zum Schaden der anderen Bundesländer agieren, setzt dem Ganzen noch die Krone
auf!
Ich habe gerade in dieser Landeshauptleutekonferenz,
und das ist etwas, was zweifelsohne eine besondere Enttäuschung darstellt, sehr
klar anhand der Zahlen nachweisen können, dass es sich um kein Hineinschleusen
von Illegalen handelt, sondern dass das Problem woanders liegt, nämlich in der
unendlich langen Dauer von Verfahren, für die wir alle miteinander in den Bundesländern
nichts können, denn 85 Prozent der rund 9 000, die hier bei uns sind,
befinden sich in der ersten oder zweiten Instanz des Asylverfahrens. Keiner,
der da dabei ist, widerspricht dem Asylgesetz, respektive auch dieser
Art 15a-Vereinbarung.
Ich kann daher nur noch einmal appellieren, auch an
eine Solidarität dieses Hauses. Ich bekenne mich offensiv zu dieser
Grundvereinbarung, denn sie entspricht dem Geist einer Solidarität und einer
Humanität, die unseres Heimatlandes Österreich auch traditionell würdig ist,
meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei SPÖ, ÖVP und GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Ich
danke für die Beantwortung.
Wir kommen nun zur Debatte.
Als Erster ist Herr DDr Schock gemeldet,
20 Minuten ist das Maximum. Ich erteile ihm das Wort.
StR DDr Eduard Schock:
Sehr geehrter Herr
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