Gemeinderat,
49. Sitzung vom 23.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 48 von 88
jedes Jahr haben mussten. Trotzdem: Der Bedarf am Wiener Arbeitsmarkt für Frauen steigt, der Bedarf an Armutsbekämpfungsmitteln steigt, der Bedarf an Beratungseinrichtungen für Frauen steigt, er bleibt nicht gleich.
Sie schauen so fassungslos, Frau Kollegin Kato. Ich
bin auch fassungslos, weil es eine Unwahrheit ist, die Sie hier leider
verbreiten, wenn Sie den Frauen in dieser Stadt verkaufen, dieses WAFF-Budget
sei ein Erfolg und dieses WAFF-Budget habe für Frauen positive Neuerungen gebracht.
Wir sehen das nicht so. Wir haben wiederholt Anträge
auf Erhöhung des Frauenbudgets gestellt, wir werden das auch weiterhin tun.
Leider haben Sie diese Anträge abgelehnt, so wie Sie auch die GRÜNEN-Anträge
auf einen Frauenbericht und Frauenarmutsbericht abgelehnt haben. Das finden wir
vollkommen unverständlich, gerade bei einem Frauenarmutsbericht. Sie wissen,
die Armut von Frauen in Wien steigt signifikant, nicht nur aufgrund der schon
genannten Teilzeitbeschäftigungen und atypisch Beschäftigten, sondern auch -
schauen wir uns die Zahlen an: Sozialhilfe-Empfängerinnen über 30 000,
Notstandshilfe-Empfängerrinnen über 16 000 - die Armut ist in dieser Stadt
weiblich.
Ein Frauenarmutsbericht wäre ein wesentlicher Schritt
dazu - auch im Sinn von Gender Mainstreaming -, die Lage der Frauen in der
Stadt endlich einmal zu erfassen und hier entsprechende Daten zu haben. Sie
haben uns nämlich in einer Anfragebeantwortung letztes Jahr völlig offen
gesagt: Sie haben diese Daten nicht, Sie haben keine Daten über die soziale
Lage der Frauen in Wien.
Ein Frauenarmutsbericht könnte auch Ursache und
Wirkung armutsbekämpfender Maßnahmen aufnehmen und auch die Maßnahmen, die es
in Wien gibt - es gibt ja Maßnahmen! -, evaluieren. Vor allem würde sich dann
auch herausstellen, wie die Wirkung der Maßnahmen der blau-schwarzen
Bundesregierung ist, nämlich natürlich gegen die Frauen, gegen diese
Einrichtungen und gegen die Beratungsleistungen, und wie dies Armut erhöhend
wirkt. Das alles könnte man mit einem Frauenbericht schön zeigen.
Sie tun es nicht; ich weiß nicht, warum Sie es nicht
tun - wahrscheinlich hauptsächlich deshalb, weil Sie bei der Lage der Frauen
und bei der Armut in dieser Stadt schönfärben wollen. Wir wollen das nicht, wir
werden noch einmal diesen Antrag auf Frauenarmutsbericht, der auch von der
Österreichischen Armutskonferenz gestellt wird und den es in anderen Städten,
zum Beispiel Salzburg, auch gibt, nach wie vor stellen.
Ein letztes Wort lassen Sie mich noch sagen zu einem
Bereich, der für uns GRÜNE von Wichtigkeit ist - und da schließe ich an meinen
Vorredner Martin Margulies an -, nämlich Frauenpolitik. Die
Gesellschaftspolitik wie überhaupt die Politik betrifft in dem Fall nicht nur
das rechtliche System und nicht nur die Absicherung von Vereinen, nicht nur
Subventionen, sondern gerade in der Frauenpolitik geht es auch um Widerstand.
Es geht um Widerstand gegen das patriarchale System und gegen herrschaftliche
Strukturen. Frauenpolitik heißt auch Kritik am herrschenden Wirtschaftssystem,
an herrschenden Verhältnissen, heißt auch Neoliberalismus-Kritik, heißt auch,
an dem - ich nenne es einmal so - Schönsprech von Wettbewerb, Liberalisieren,
Deregulieren, New Public Management, Effizienz in der Stadtverwaltung nicht mitzumachen,
sondern dem ein wirkliches Gegenmodell entgegenzusetzen.
Dieses Gegenmodell, das Sie immer propagieren - das
Gegenmodell zur Bundesregierung, das Gegenmodell zum Sozialabbau -, vermissen
wir gerade auch in der Frauenpolitik. Denn überall dort, wo Sie andere Ansätze
setzen könnten, andere Akzente, wodurch Sie wirklich Widerstand gegen den
autoritären Wettbewerbstaat leisten können - ich spreche von Fragen der
Ausgliederung, Ladenöffnungszeiten, Wiener Linien, Dienst- und Besoldungsreform
-, dort tun Sie es nicht. Dort leisten Sie keinen Widerstand, dort machen Sie,
wie auch in der gesamten Dienstrechtpolitik - Stichwort: Wiener Pensionsmodell
- leider mit. Wie die Bundesregierung betreiben Sie auch hier zum Teil
Liberalisierungen und Deregulierungen, Sozialabbau und Verschlechterungen, auch
für die Wiener Bediensteten, wie Sie es im Wiener Pensionsmodell vorgenommen
haben.
Wir vermissen hier die stärkeren und lauteren Akzente
der Sozialdemokratie, die sagen: Wir wollen eine andere Gesellschaft, wir
wollen eine andere Wirtschaftspolitik, wir wollen auch eine andere
Frauenpolitik, die über die reine Absicherung von Bestehendem hinausgeht und
wirklich neue, zum Teil auch gesellschaftsverändernde - ja, wir haben den
Anspruch auf Gesellschaftsveränderung! - Akzente setzt. In der Frauenpolitik
wäre das notwendig. Die GRÜNEN stehen für so ein Modell, sie stehen für den
Widerstand gegen das herrschende Wirtschafts- und Herrschaftssystem. (Zwischenruf
von GR Günther Barnet.)
Ich würde mir da wirklich wünschen, dass die
Sozialdemokratie ihre absolute Mehrheit, mit der sie ausgestattet wurde, nützt
und im Sinne der Umverteilung auch wirklich umverteilt. Dieses Budget ist nicht
umverteilend, schon gar nicht zu Gunsten von Frauen, und auch deshalb lehnen
wir es ab. – Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als
Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Dr Ulm.
GR Dr Wolfgang Ulm (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau
Stadträtin! Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Ich werde mich in meinen Ausführungen auf drei Themen
beschränken: auf die Integration, auf die Personalpolitik und auf die
Sicherheit in Wien.
Punkt 1, Integration: Bevor man
sich über Integration den Kopf zerbrechen kann, stehen als Schritt davor einmal
Zuwanderung oder Asyl. Österreich ist sowohl Zuwanderungsland als auch
Asylland, stärker noch Asylland als Zuwanderungsland, denn im Jahr 2003 sind
8 000 Fremde legal zugewandert, aber 36 000 Personen haben
einen Asylantrag gestellt. Österreich braucht
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