Gemeinderat,
49. Sitzung vom 23.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 88
Stadträtin.
Zur Geschäftsgruppe Umwelt liegt keine Wortmeldung
mehr vor.
Wir kommen somit zur Beratung der Geschäftsgruppe
Kultur und Wissenschaft.
Zum Wort gemeldet ist die Frau GRin Mag Ringler.
Ich erteile es ihr.
GRin
Mag Marie Ringler (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte
Damen und Herren!
Das
Kulturbudget dieses nächsten Jahres hat eine durchaus erfreuliche Nachricht,
nämlich die, dass es steigt und das ist tatsächlich etwas, worüber sich die
Kulturschaffenden in dieser Stadt freuen können und sollen. Allerdings geht es
bei der Frage des Budgets ja nicht zuletzt auch immer darum, wohin dieses Geld
fließt. Geld allein ausgeben, wissen wir, macht nicht glücklich, macht Politik
nicht besser und schon gar nicht Kulturpolitik.
Im
konkreten Fall denke ich doch, dass es den einen oder anderen Punkt gibt, den
wir genauer in diesem Kulturbudget diskutieren sollten, den einen oder anderen
Punkt, den wir auch in der Kulturpolitik dieser Stadt diskutieren müssen, denn
das viele neue Geld, das wir in diesem Budget vorfinden - so hören wir – fließt
vor allem in einen Bereich hinein, nämlich jenen der Darstellenden Kunst und
dort in jenem Bereich – vermute ich, davon gehe ich nach den Aussagen des Herrn
Stadtrats aus –, der bereits jetzt finanziell sehr, sehr gut ausgestattet ist,
den Bereich der repräsentativen Theater, der großen Häuser, jenes Bereichs der
Darstellenden Kunst, in dem wir in dieser Stadt schon sehr, sehr viel Angebot
haben. Noch mehr Angebot bekommen werden. Und von dem wir glauben, dass es
falsch ist, hier Schwerpunkte zu setzen, noch mehr Geld zu investieren und
damit natürlich weniger Gelder für andere Bereiche zur Verfügung zu haben.
Lassen
Sie mich noch auf ein paar einzelne Bereiche eingehen. Es ist erfreulich, dass
der Wissenschaftsbereich gegenüber dem Voranschlag 2004 steigt, aber wir
haben auch bemerkt, dass er gegenüber dem Rechnungsabschluss 2003 effektiv
nicht steigt und es sich um die gleiche Summe handelt, was bedauerlich ist,
weil was auf den ersten Blick ein Ansteigen im Wissenschaftsbereich darstellt,
ist es faktisch leider nicht.
Im
Bereich der Bildenden Kunst gibt es auch mehr Geld zu verzeichnen. Tatsache
aber ist hier auch, dass wir in den letzten Jahren in diesem Bereich keine
Steigerungen gehabt haben und je nachdem wo das Geld dann hinfließen wird, was
sich ja unserer Kenntnis derzeit entzieht, es vermutlich für viele zu keiner
Steigerung oder maximal einer Inflationsabgleichung kommen wird. Und das ist,
denke ich, doch ein wichtiger Punkt, den wir in der Kultur im Auge behalten
müssen. Im Gegensatz zu manchen Bereichen im Sozialen, nicht allen aber
manchen, gibt es in der Kultur so etwas wie eine Indexanpassung oder
Inflationsabgleichung selten bis gar nicht. Das bedeutet natürlich Jahr für
Jahr faktische Kürzungen. Faktische Kürzungen in einem Bereich, in dem, wie Sie
alle wissen, die Arbeitsbedingungen sowieso schon sehr schlechte, sehr
prekärisierte sind, die oft nur durch Selbstausbeutung überhaupt funktionieren.
Da ist jedes noch so kleine Prozent weniger im Jahr schmerzhaft und führt oft
dazu, dass Projekte nicht durchgeführt werden können.
Diese
Steigerung im Bereich der Darstellenden Kunst, dieses Anwachsen der Gelder und
auch dieser spürbare Schwerpunkt der Sozialdemokratie auf die Vereinigten
Bühnen, auf das Musical und auch auf die Neue Oper im Theater an der Wien sind
Bereiche, die – wie Sie wissen - uns zu denken geben und wo wir die Meinung,
dass das eine gute Entscheidung wäre, nicht teilen.
Wir
werden noch ausführlich Möglichkeit haben, darüber zu diskutieren, aber ich
glaube es ist wichtig festzuhalten, dass die Theaterstadt Wien durchaus
weiterentwickelt werden muss und ich glaube, dass die Theaterreform, die letzte
Woche präsentiert wurde und die wir auch diskutiert haben, ein erster wichtiger
Zwischenschritt zu so einer Weiterentwicklung ist, dass es aber nicht
zielführend im Gesamtgefüge der Stadt ist, hier ausschließlich linear in diesem
Bereich zu investieren.
Es
gibt viele andere, wichtige Initiativen, wichtige künstlerische Sparten, neue
Tendenzen und Entwicklungen, die wir nicht vergessen dürfen, die wir auch
deshalb nicht vergessen dürfen, weil das Erbe, auf dem wir jetzt aufbauen und
auf das wir stolz sind, eines ist, das auch wachsen musste. Wenn wir jetzt
nicht die Saat eines neues Erbes säen, dann werden wir in 100, 200 Jahren
nichts haben, worauf wir zurückschauen können und wo wir sagen können: „Eine
besonders wichtige Entwicklung des Jahres 2000.“
Ich
glaube, dass das ein wichtiger Impuls wäre, dem sich gerade eine sozialdemokratische
Politik, die ja das Wort „Fortschritt“ hin und wieder in den Mund nimmt,
verschreiben sollte, dem sie mehr Gewicht geben sollte, auf den sie sich
stärker konzentrieren sollte. Und ich finde es bedauerlich, dass wenn man sich
die anteilsmäßigen Veränderungen in den Bereichen, in den Budgets der letzten
Jahre anschaut, wir doch eine Fortschreibung konstatieren müssen. Es
gibt eine Fortschreibung von einem konservativen Kulturpolitiker Marboe zu
einem sozialdemokratischen Kulturpolitiker Mailath-Pokorny. Ich denke, dass das
etwas ist, was uns zu denken geben muss oder zumindest der Sozialdemokratie,
denn schlussendlich kann es wohl nicht im Interesse sein, dass es hier eine
klare Fortschreibung konservativer Kulturpolitik gibt.
Lassen Sie mich auf paar Bereiche eingehen, von denen
ich glaube, dass sie wichtige Ansatzpunkte für neue Impulse liefern könnten und
uns helfen könnten oder der Sozialdemokratie helfen könnten, ihre Zukunftsangst
abzulegen. (GR Ernst Woller: Also ich
habe keine Zukunftsangst!)
Du bist aber auch nicht
Kulturstadtrat, Ernst. Vielleicht würdest du es anders machen. Das kann ich
nicht beurteilen. (GR Ernst Woller: Auch
der Stadtrat hat überhaupt keine Zukunftsangst! Habt ihr Zukunftsangst?) Also
ich würde vorschlagen, die Sozialdemokratie
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