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Gemeinderat, 49. Sitzung vom 22.11.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 97 von 123

 

Stadtentwicklungsplan als auch an den Strategieplan ist der folgende: Was ändert sich an der Politik der Stadt Wien durch diese beiden Pläne? (GR Mag Wolfgang Gerstl: Gar nichts!) Gar nichts, alles passiert weiter wie bisher. (GR Mag Wolfgang Gerstl: Leider!) Eine vernichtendere Kritik an diesen beiden Strategieplänen kann man wohl nicht vornehmen. Unter anderem deswegen werden wir dem vorliegenden Budget auch in diesem Punkt nicht zustimmen.

 

Meine Zeit habe ich exakt eingehalten und hoffe in diesem Punkt auf Nachahmung. - Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN und bei Gemeinderäten der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet ist Herr Mag Neuhuber. Ich erteile es ihm.

 

GR Mag Alexander Neuhuber (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender! Herr Berichterstatter! Meine Damen und Herren!

 

Ich hoffe, Sie sind mir ebenfalls nicht allzu gram, wenn ich meine Redezeit von 40 Minuten heute nicht ausschöpfe. Ich darf die nach mir kommenden Kolleginnen und Kollegen noch daran erinnern: Die Kameras sind schon abgeschaltet, die Galerie hat sich auch weitestgehend geleert. Das heißt, wir alle reden jetzt ohnehin hauptsächlich fürs Archiv; wir haben ja unsere Argumente schon oftmals ausgetauscht und werden sie in einzelnen Punkten auch weiter austauschen. Ich werde deshalb heute auch meine Tour d'Horizon, die ich wieder einmal quer durch die Schicker'sche Planungspolitik ziehen wollte, auf ein Schwerpunktthema, wenn Sie so wollen, beschränken, das vorhin Kollege Chorherr schon angerissen hat, und dieses ist: Wie geht die Gemeinde Wien, wie geht die Wiener SPÖ, wie geht das Planungsressort mit Einkaufszentren und mit den vielen in Planung befindlichen Einkaufszentren um?

 

Dass EKZ - wie ich es in der Folge um der Zeit willen abkürzen darf - im Trend liegen, ist wahrlich nichts Neues. Nur werden diese Unterhaltungsmaschinen immer universeller, sie werden immer greller, immer bunter und vor allem immer größer und kommen teilweise von ihrem Urzweck schon sehr weit weg. Wer etwa das letzte "profil" gelesen hat, sieht, dass diese Einkaufszentren heute zum Teil schon zu richtigen Aufenthaltszonen für jugendliche Menschen werden.

 

Schwierig zu korrigieren ist der Trend zum EKZ vor allem deshalb, weil er natürlich auf dem Einkaufsverhalten der Menschen - nicht nur in Wien, sondern auch in vielen anderen Städten - beruht. Das Shoppen ist zum Teil selbst schon zum Erlebnis geworden, es geht gar nicht mehr um die Ware, die ich kaufe, sondern um das Erlebnis per se, um ein Freizeitvergnügen, um einen Zeitvertreib. So hat es in den letzten Jahren auch immer mehr, immer größere und immer neuere Handelsstrukturen gegeben, die sich eben letztendlich in diesen Einkaufszentren widerspiegeln.

 

Ein Beispiel: Vor ein paar Jahren war ein Billa oder ein Spar - um nicht nur für einen der Großen Werbung zu machen - ungefähr 800 bis maximal 1 500, 2 000 Quadratmeter groß, dann kamen die Merkur-Märkte und die Interspar-Märkte, die hatten dann schon eine Größenordnung von 4 000 Quadratmetern. Aber das ist heute längst nicht mehr State of the Art, also längst schon nicht mehr das Neueste. Heute sind die ganz großen Supermärkte, die Megamärkte, die Super-Eurospars en vogue, und die bewegen sich in Größendimensionen von 8 000 bis 10 000 Quadratmetern. Sie können dieses Beispiel auch auf den Sportartikel-, auf den Möbelhandel und auf viele andere Fachmärkte umlegen, der Trend zu den großen Flächen ist ungebrochen, und deshalb wird es für Einkaufszentren in Form dieser Flagship-Stores in den nächsten Jahren auch unbeschränkt sozusagen Nahrung in Form von Mietern geben.

 

Wie gesagt, das Einkaufsverhalten der Menschen ist nicht mehr umdrehbar, und die Werbung, der Druck der Werbung, tut ein Übriges. Dementsprechend bauen, weil es eben nachgefragt wird, Immobilien-Developer gerne Einkaufszentren, und Investoren wiederum, weil es gut geht und weil es hohe Mieten bringt, kaufen gerne Einkaufszentren. Das ist der normale Lauf der Wirtschaft, dagegen wäre an sich noch überhaupt nichts einzuwenden.

 

Diese Einkaufszentren sind nur für die Politik eine sehr, sehr sensible Frage, meine Damen und Herren. Wie gehen nämlich wir damit um? Wie weit beugen wir uns dem Druck der Wirtschaft? Wie weit beugen wir uns dem Druck des Konsumenten? Der Trend geht eben zu immer größeren Einkaufszentren und Einzelhandelsstrukturen. Oder ist der Einzelhandel, die Nahversorgung für all diejenigen, die vielleicht kein Auto haben, die vielleicht darauf angewiesen sind, in der Nachbarschaft einzukaufen, doch etwas Schützenswertes per se?

 

Wien ist mit dieser Frage viele Jahre durchaus, glaube ich, sehr sensibel umgegangen. Die Kaufkraftabwanderung in die Umlandgemeinden, vor allem in die SCS, war jahrelang ein großes Thema, und trotzdem hat sich Wien bei der Genehmigung seiner Einkaufszentren immer relativ restriktiv verhalten. Jetzt, da in Niederösterreich endlich einmal die Raumordnung geändert wird und da es schwieriger wird - um es einmal banal auszudrücken -, in Zukunft noch große Einkaufszentren zu bauen, genau in diesem Augenblick beginnt Wien, ich möchte fast sagen, die Schleusen zu öffnen! Wir fragen uns: Welche Strategie, Herr Stadtrat, steckt dahinter - wenn wir schon in ein paar Tagen über einen Strategieplan reden -, dass beinahe an jeder U-Bahn-Station in Zukunft ein Einkaufszentrum gebaut werden soll?

 

Ich zähle Ihnen wieder einmal nur ein paar auf, die in den nächsten Jahren ins Haus stehen. Da kommt einmal die Brachmühle, nur wenige Kilometer vom Donauzentrum entfernt, das dürften um die 30 000 Quadratmeter an Fläche werden. Dann gibt es das inzwischen ja zu trauriger Berühmtheit gelangte Einkaufszentrum beim Happel-Stadion - der, wie ich einstweilen feststelle, dynamischste Teil der Wiener Stadtplanung: Sie wissen, von 8 500 auf 27 000 Quadratmeter innerhalb nur eines Jahres! -, also dort wieder 27 000 Quadratmeter. Der Westbahnhof liegt irgendwo zwischen 10 000 und 15 000 Quadratmetern. Wien-Mitte wird, wie wir das letzte Mal beim Ausschuss mühsam herausgekitzelt

 

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