Gemeinderat,
48. Sitzung vom 08.11.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 33 von 45
stoßen, wenn Sie sagen, dieses Geld wollen wir haben, und dass dann die Kollegen von StR Rieder applaudieren und sagen, darauf haben wir nur gewartet, wir haben das Geld eh schon in der Aktentasche mitgebracht, da habt ihr es, damit ihr es gleich verwenden könnt!, dann täuscht man sich.
Aber nicht nur das ist unser Problem, damit verbunden
sind auch schwerste Strukturprobleme. Wir haben zum Beispiel im Krankenhaus
Lainz, im Sozialmedizinischen Zentrum Ost allein in der Bestrahlungstherapie bereits
eine so große Anzahl von Fremdpatienten, dass man sich die Frage stellen muss:
Wofür kaufen wir dort überhaupt die Geräte? - Wir sind zur Versorgung der
Wiener Patientinnen und Patienten verpflichtet, aber wir sind nicht dazu
verpflichtet, dass wir zwischen 40 und 70 Fremdpatienten aus dem
Einzugsgebiet, aus Niederösterreich nehmen, nur weil sich die den Luxus
erlauben, dem österreichweiten Großanstalten-Geräteplan zwar zuzustimmen, aber
seit Jahren säumig sind und das einfach nicht finanzieren und nicht zahlen
wollen.
Ich berichte Ihnen auch von einer anderen,
persönlichen Erfahrung. Mir ist vor drei Wochen mitgeteilt worden, dass man
einen Patienten schwerst krank vom Landeskrankenhaus Krems nach Wien geführt
hat. Der Mann hat Leukämie und ist unheilbar. Er ist in ein Spital der Wiener
Gebietskrankenkasse geführt worden, mit dem Wissen, dass er keine Versicherung
hat. Krems hat ihn nicht behandelt. Jetzt sage ich, vielleicht können sie das
dort nicht, aber dann hätten sie ihn nach St Pölten führen sollen. Nein,
sie haben ihn ins Hanusch-Krankenhaus geführt!
Wissen Sie, was wir hätten tun können? Hinein in die
nächste Rettung, und wir hätten ihn retour geschickt - mit dem Wissen, dass er
bei der Schwere der Erkrankung dort nicht behandelt worden wäre, und er wäre
dann eben in ein paar Tagen verstorben. Er wurde behandelt - aber so einfach
sollte man sich die Gesundheitsversorgung in ganz Österreich nicht machen!
Deswegen ist hier, muss ich sagen, Solidarität über die Parteigrenzen hinweg
gefordert. Nur dann wird es uns gelingen, diesen Standard in Wien und in
Österreich generell beizubehalten.
Meine Damen und Herren! Jetzt noch zu den
Medikamenten: Ich habe hier eine interessante Graphik - sie ist nicht mehr ganz
neu, aber eine der Letzten, aus dem Jahr 2002 - über die Steigerungen in der
Krankenversicherung. (Der Redner zeigt eine aus Balkendiagrammen bestehende
Graphik vor.) Wieso sind die Systeme so teuer geworden? 22 Prozent
haben die Ärzte ausgemacht, 18 Prozent die Anstaltspflege - von der man
immer sagt, dass sie das Teuerste ist -, um 15,2 Prozent sind in der
Krankenversicherung die Beiträge gestiegen, und um 51,5 Prozent haben die
Kosten der Medikamente zugenommen.
Da bin ich schon bei Ihnen, dass ich sage, man soll
nicht beim Patienten sparen. Aber, meine Damen und Herren dieses Hauses, der
Patient verschreibt sich ja die Medikamente nicht selbst! Er hat dazu auch
keine Möglichkeit. Verschreiben tun das schon andere, und da ist ein ganz
wichtiger Partner, den man in die Verantwortung hineinnehmen muss, auch der
niedergelassene Bereich.
Man muss das den Leuten klarmachen, und das wird von
keinem öffentlichen Medium verhindert. Frau Generaldirektor Lindner wird im ORF
nicht daran gehindert, es werden von den Zeitungen die Chefredakteure nicht
daran gehindert, die Anweisung zu geben und den Leuten in der Öffentlichkeit zu
erklären, was schon meine Vorrednerin gesagt hat: Generika sind nicht
schlechter als andere Medikamente; manchmal sind nachgebaute Sachen sogar um
eine Spur besser. Nur haben wir in Wien und in Österreich einen Verbrauch von
15 Prozent an Generika, der EU-Schnitt hingegen liegt zwischen 40 und
60 Prozent. Dort liegen in Wirklichkeit Einsparungspotentiale! Deswegen,
Herr Stadtrat, war dieser Schritt richtig zu sagen, statt 4,35 EUR bei den
Medikamentengebühren nur 4 EUR. Auf Dauer gesehen haben wir damit einen
Steuerungsmechanismus, der uns aber natürlich nicht der Aufgabe entledigt, dass
man in ein paar Jahren, wenn sich das entwickelt hat, darüber reden muss, weil
wir dann einen zusätzlichen Finanzbedarf haben werden.
Ich teile ebenfalls die Meinung, auf Alkohol, auf
Tabak, auf Alkopops gehören im Prinzip sogar höhere Steuern auferlegt. Das
lassen sich die Leute auch erklären - nicht gern, nicht gleich, nicht
freiwillig, aber sie akzeptieren es. Das wissen wir aus Umfragen. Wenn man
heute jemanden fragt - auch in der Bundeshauptstadt Wien -, wofür er bereit
ist, mehr Geld auszugeben, ist die erste Antwort, die er nennt: Für die
Gesundheit! Aber das diesbezügliche Problembewusstsein muss man erst schaffen.
Das können wir miteinander tun, und wenn wir das wirklich zusammenbringen - da
sind wir alle gefordert -, dann bin ich nicht bange, dass wir vielleicht schreiben
müssen: Kollabiert dieses System, können wir uns das überhaupt noch leisten?,
sondern dann können wir es so wie die politischen Ziehväter der Zweiten
Republik machen, die stolz darauf waren, die gesetzliche Krankenversicherung
und das ASVG eingeführt zu haben. Damals haben wir zu den ärmsten Ländern
Europas gehört, heute sind wir das achtreichste auf der ganzen Welt ...
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner
(unterbrechend): Herr Kollege Wagner, Ihre Redezeit ist erschöpft.
GR Kurt Wagner (fortsetzend): In
diesem Sinne: Wir können es uns leisten, meine Damen und Herren! - Danke schön.
(Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner:
Als nächste Rednerin ist Frau GRin Jerusalem gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
GRin Susanne Jerusalem (Grüner Klub im
Rathaus): Meine sehr verehrten Damen und Herren!
Ich
habe lange überlegt: Was ist denn eigentlich das Wichtigste, was ich in
20 Minuten unterbringen kann? - Es ist diesmal gar nicht so einfach.
Vielleicht noch kurz, bevor ich darüber zu reden beginne, wie sich diese
Einflüsse im Schulbereich auswirken und dass das sicher so
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