Gemeinderat,
46. Sitzung vom 23.09.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 42 von 119
diesem Grund ist es auch sinnvoll, das Ronacher umzubauen. Natürlich kann man einmal oder zweimal im Ronacher weiter so spielen, wie man bisher gespielt hat, wir können das auch längere Zeit tun, nur es ist als Haus dann schlecht genützt, und es ist, wenn die Nachfrage da ist – und sie ist da –, eine vergebene Chance.
Wien investiert in seine Bühnen, Wien hat ein neues, großes, umfassendes
Konzept, das wir selbstverständlich auch in weiterer Folge, was die Inhalte
anbelangt, vorstellen werden. Ich habe mich nur auch in diesem Fall daran
gehalten – was, ehrlich gesagt, die einzig vernünftige Vorgangsweise ist –,
grundsätzlich einmal darüber zu befinden, dass man sagt, jawohl, es macht
grundsätzlich Sinn, diese Aufteilung der Wiener Bühnen zu treffen und danach zu
schauen, dass man die Finanzierung für ein solches Konzept, und zwar eine
Rahmenfinanzierung, sicherstellt. Denn es ist ja nicht gesagt, dass diese
46,8 Millionen EUR dann tatsächlich inklusive der Finanzierung
herauskommen, sondern wir beschließen heute einen Rahmenbetrag. Also es macht
Sinn, als zweiten Schritt nach der grundsätzlichen Entscheidung die Finanzierung
sicherzustellen und dann auch das Programm in all seinen Einzelheiten nach und
nach vorzustellen. Das wird auch geschehen, und Sie werden sehen, es wird,
sowohl im Theater an der Wien als auch im Ronacher, ein ganz tolles Programm
werden.
Meine Damen und Herren! Abschließend nur ein Satz, und zwar eine
grundsätzliche kulturpolitische Überlegung und Bemerkung, denn über die Details
haben wir ja schon ausführlich diskutiert.
Gestern hat im Kunsthistorischen Museum der Republik
Österreich eine Veranstaltung stattgefunden. Sie wissen, das Kunsthistorische
Museum ist jenes Haus, das vor dem letzten bundesweiten Wahlkampf ein Gerüst
mit einem riesengroßen Plakat des Herrn Bundeskanzlers aufgestellt hat.
Übrigens ist dann unter dem Konterfei dieses Herrn Bundeskanzlers derjenige,
der die Saliera gefladert hat, hineingeklettert. Also in jenem Haus gab es
gestern eine Veranstaltung, die zu Ehren und aus Anlass der Seligsprechung des
letzten österreichischen Kaisers stattgefunden hat. Und in jenem Haus hat gestern
der Generaldirektor, der immerhin von der Republik ernannt wurde und auch von
der Republik bezahlt wird, den dort anwesenden Otto Habsburg begrüßt und hat
gesagt, er freut sich, dass in dem kaiserlichen Schatzhaus seine kaiserliche
Majestät zu Gast ist, und er hat ihn auch extra so begrüßt.
Meine Damen und Herren! Das ist jetzt vielleicht eine kleine miesliche
Anekdote, es zeigt aber schon ein bisschen das Kulturverständnis, von dem hier
ausgegangen wird. Und ich sage Ihnen eines: In Zeiten, in denen in einem Haus
der Republik Österreich jemand mit "Eure kaiserliche Majestät"
herzlich willkommen geheißen wird (GR Dr
Kurt Stürzenbecher: Das ist ja unglaublich!) von jemandem, der sich im
Übrigen nie davon distanziert hat, dass er für die ÖVP Wahlwerbung gemacht hat,
in Zeiten, in denen – bei allem Respekt vor dem medialen Brimborium, das damit
einhergeht – der ÖVP-Kulturstadtsprecher in Wien ein Seminar veranstaltet, wo
über den Sinn des Lebens nachgedacht wird und sozusagen als Essentiales jetzt
der Jakobsweg neu entdeckt wird (StR
Johann Herzog: Das ist ein Jammer, dass Sie das nicht verstehen!), sage
ich, ich bin froh und ich stehe dazu, in ein Haus zu investieren, das ein
republikanisches Haus ist, das ein säkulares Haus ist, das einer weltlichen
Unterhaltung dient und mit dem wir Menschen ein zusätzliches Angebot in dieser
Stadt geben, wo es nicht um kaiserliche Hoheiten, wo es nicht um den Sinn des
Lebens, sondern um ganz einfache Bedürfnisse der Leute geht. – Danke sehr. (Beifall
bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Danke, Herr Stadtrat.
Dr Salcher hat sich ein zweites Mal zu Wort gemeldet. Er hätte noch
30 Minuten. (GR Harry Kopietz: Wie
viel? 30 Sekunden?)
GR Dr Andreas Salcher (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Ich kann es ein bisschen kürzer machen.
Also erstens, Herr Stadtrat: Ich bin noch nie in der ersten Reihe im
Ronacher gesessen. Ich gebe aber zu, ich habe zu jenen gehört, die bei
"Barbarella" ziemlich weit oben am Juche ausgehalten haben, was nicht
alle getan haben.
Zu der Sache mit dem Ronacher: Da gebe ich Ihnen völlig Recht, das
Ronacher ist total verbaut, und Sie haben das in allen Details geschildert mit
dem drei mal drei Meter großen Loch und so weiter. Nur eine einzige Frage haben
Sie nicht beantwortet. Wer ist denn verantwortlich dafür, dass das Ronacher
damals nur von außen eine schöne Behübschung gekriegt hat, gegen den Rat aller
Experten, und nicht das innovative Zukunftsmodell von Coop Himmelb(l)au
genommen wurde, sondern eine Hülle, von der alle gesagt haben, das ist
vollkommen unbrauchbar für einen Theaterbetrieb? Wer war denn das? Einmal
dürfen Sie raten. Das war der Helmut Zilk. Und daher haben wir jetzt, viele
Jahre danach, genau die Situation, dass Sie mit sozialdemokratischer Mehrheit
gegen den Rat aller Experten eine Fehlentscheidung getroffen haben und jetzt
pudeln Sie sich da draußen ungemein auf und schimpfen über das Ronacher, warum
das nicht brauchbar ist. Das ist die Fehlentscheidung von Ihnen gewesen und von
sonst gar niemanden! (Beifall bei der ÖVP.)
Das Zweite: Dem Ernst Woller kann
ich eigentlich zu seinem Erfolgsbericht, den er hier gemacht hat, was die Stadt
Wien alles Tolles im Kulturbereich gemacht hat, zu 100 Prozent zustimmen,
er hat allerdings auch eine kleine Auslassung gemacht. 90 Prozent dessen,
was du hier gesagt hast, ist in der Ära Peter Marboe passiert. (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ.) Und
da kann ich nur sagen, der Vergleich macht sicher. Ära Zilk: Eine völlige
Fehlentscheidung, über die ihr euch heute selber aufregt. Ära Peter Marboe: Der
Kultursprecher der Sozialistischen Partei geht heraus und suhlt sich hier in
den Erfolgen des Peter Marboe. (Widerspruch
bei der SPÖ.)
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