Gemeinderat,
44. Sitzung vom 28.06.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 51 von 121
Meine sehr geehrten Damen und Herren! An sich müsste man annehmen, dass Wien und seine verantwortlichen Politiker alles tun, um die besten Voraussetzungen für die Betriebe, vor allem für den größten Dienstgeber Wiens, für die Klein- und Mittelbetriebe, zu schaffen. Leider ist genau das Gegenteil der Fall. Nicht nur, dass den Betrieben Förderungen aberkannt werden, werden sie noch zusätzlich belastet, was einen weiteren Standortnachteil für Wien bringt. So wurde zum Beispiel die Gebrauchsabgabe ab dem 1. August 2003 erhöht. Weiters werden die Betriebskosten der Betriebe durch Gebührenerhöhung bei Müll um bis 26 Prozent erheblich mehr belastet. Die Erhöhung des Gaspreises ab 1. Juni 2003 um bis zu 10 Prozent trifft exakt die Klein- und Mittelbetriebe. Die Erhöhung der Wasseranschlussabgabe um 11 Prozent, die Erhöhung des Kehrtarifes und die neue Aufgrabungsgebühr runden das Bild ab.
Neben diesen zusätzlichen, neuen Belastungen war der
Wirtschaftsstandort Wien ohnedies schon stark benachteiligt, und zwar durch die
Gebrauchsabgabe, durch die Dienstgeberabgabe, durch die Parkometerabgabe, durch
die gewinnbringende Kanal- und Wassergebühr, die Kanal- und Wassersteuer. All
diese Maßnahmen, sehr geehrter Herr Vizebürgermeister, sind schädlich für die
Wiener Wirtschaft und die Klein- und Mittelbetriebe Wiens.
Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister! Verabsäumen Sie
nicht, dem größten Arbeitgeber Wiens, den Klein- und Mittelbetrieben, die
überlebensnotwendigen Unterstützungen im Interesse aller Wiener zu geben. (Beifall
bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum
Wort gemeldet ist Herr GR Fritz Strobl. Ich erteile es ihm.
GR Friedrich Strobl (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr
Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Vizebürgermeister! Meine sehr geehrten Damen
und Herren!
Jetzt muss ich schon etwas dazu sagen. Wenn Herr
Kollege Stark hier eine Lanze für die Klein- und Mittelbetriebe bricht, dann
freue ich mich ja. Das sei einmal eingangs erwähnt. Aber - jetzt kommt das
große Aber, für Sie wahrscheinlich nicht unerwartet - wenn Sie auch davon
sprechen, dass die Steuerreform der Bundesregierung die Eigenkapitalbasis der
Klein- und Mittelbetriebe stärkt und dass diese Maßnahmen den Klein- und
Mittelbetrieben nützen, dann kann ich das so nicht stehen lassen. Denn das
stimmt ganz einfach nicht.
Ganz kurz zur KöSt-Senkung und zur
Gruppenbesteuerung: Gesamtwirtschaftlich betrachtet, kommt diese KöSt-Senkung
und diese Regelung der Gruppenbesteuerung weniger als 900 Betrieben
zugute, weniger als 900 Betrieben österreichweit. Das sind vorwiegend
Konzerne. Da geht es darum, dass es Steuerzuckerln gibt, um höhere Dividenden
an die Eigentümer ausschütten zu können, aber es gibt keinen einzelnen
zusätzlichen Arbeitsplatz durch diese Maßnahmen. Diese 839 Unternehmen,
die jetzt die KöSt-Senkung betrifft, teilen sich 70 Prozent des Volumens
der Steuersenkung für die Wirtschaft. 70 Prozent gehen an diese
839 Betriebe.
Es gibt in Österreich insgesamt
88 418 Körperschaften - das steht in der KöSt-Statistik aus dem Jahr
1998 -, etwa 80 Prozent davon zahlen keine KöSt oder die Mindest-KöSt.
839 Unternehmen haben eine Bemessungsgrundlage von mehr als
1,45 Millionen EUR. Damit die Betriebe in den Genuss der
Steuerbegünstigung kommen, nämlich der Gruppenbesteuerung, sind Firmentöchter
notwendig. Wenn Sie über die Klein- und Mittelbetriebe sprechen, dann werden
Sie mir ja wohl bestätigen, dass es an und für sich nicht üblich ist, dass
Klein- und Mittelbetriebe Firmentöchter im Ausland haben.
Es werden daher nur jene Betriebe begünstigt, die
hohe Gewinn- und geringe Beschäftigungsanteile haben. Auf diese Weise werden
Unternehmen gefördert, die weniger beschäftigen, die weniger forschen und die
weniger investieren. Das ist nicht der Weg, den die Wiener Stadtregierung gehen
möchte. (GR Dr Wilfried Serles: Das ist einfach ein Holler!) Das stimmt
ganz einfach, das ist ganz einfach richtig. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Lassen Sie mich auch noch ein Wort zu den nicht
entnommenen Gewinnen sagen. Ich habe es zuerst schon zu den nicht entnommenen
Gewinnen angesprochen, dass das ein super Prämiensparmodell für große
Unternehmen ist. Die wirklichen Profiteure dieses Punktes sind eindeutig die
großen Betriebe. Denn wenn Sie über die Klein- und Mittelbetriebe sprechen,
dann sollten Sie doch auch den Kontakt mit jenen suchen. Wenn Sie das gemacht
hätten, dann würden Sie feststellen, dass es nicht das Problem der Klein- und
Mittelbetriebe ist, dass sie nicht wissen, was sie mit ihren Gewinnen machen,
sondern das Problem ist, dass sie mit Rahmenbedingungen konfrontiert sind,
sodass sie keine Gewinne machen können. Sie brauchen Rahmenbedingungen, dass
sie Gewinne erwirtschaften können, und diese Rahmenbedingungen bekommen sie von
der Bundesregierung ganz sicher nicht. (GR Dr Wilfried Serles: Sagen Sie!)
Letzter Punkt - und dann bin ich schon fertig -, noch
einmal zur Eigenkapitalbasis: Die Regierung und diese Steuerreform bleibt die
Antwort auf folgende Frage schuldig. Wie nachhaltig kann die Eigenkapitalbasis
der österreichischen Unternehmen tatsächlich verbessert werden, wenn nach
sieben Jahren - und Sie wissen das, Herr Dr Serles - ohne Nachversteuerung das
Kapital wieder abgezogen wird? Erklären Sie uns das! - Danke schön. (Beifall
bei der SPÖ.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Herr
amtsf StR VBgm Dr Rieder hat sich zum Wort gemeldet. - Bitte. (GR Dr Herbert
Madejski: Wieso brauchen wir überhaupt noch die Sozialisten, wenn alles die Bundesregierung
macht? Wozu brauchen wir euch überhaupt? - GR Kurth-Bodo Blind: Die verteilen
das Bundesgeld! - GR Harry Kopietz: Das zuerst einmal Wien verdient hat!)
VBgm Dr Sepp Rieder: Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Das ist nicht die erste Rechnungsabschlussdebatte,
an der ich teilnehme, daher überrascht mich einiges nicht. Es überrascht mich
zum Beispiel nicht, mit welcher
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