Gemeinderat,
44. Sitzung vom 28.06.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 4 von 121
Anders als der Bund - auch das soll gesagt werden - haben wir unseren Haushalt weder durch Steuererhöhungen noch durch substanzielle Gebühren- oder Entgelterhöhungen zu sanieren versucht. Die Vergnügungssteuer wurde zurückgenommen, und wir werden auch die Versteigerungsabgabe beseitigen, um Wien als Kunst- und Antiquitätenmarkt international noch attraktiver zu machen.
Natürlich gab es und gibt es auch punktuelle
Gebühren- und Entgeltanpassungen, die aber in ihren konkreten Auswirkungen für
die Betroffenen weit hinter dem zurückbleiben und nur einen Bruchteil dessen
darstellen, was beispielsweise durch die Verteuerungsfaktoren Energieabgaben-
oder Mineralölsteuererhöhung bewirkt worden ist, ganz zu schweigen von den
Auswirkungen der Änderungen des Pensionsrechts.
Von den ertragreichen Gebühren ist überhaupt nur
eine, nämlich die Müllabfuhrgebühr, in den letzten Jahren erhöht worden. Die
Wasser- und Abwassergebühr wurde zuletzt am 1.1.1995, vor neuneinhalb Jahren,
neu festgesetzt. Die Entgelte für die ambulanten sozialen Dienste wurden am
1.1.1996, vor achteinhalb Jahren, neu festgesetzt, und noch immer bedeutet das
einen Deckungsgrad im Jahr 2004 von 27,8 Prozent.
Die
Elternbeiträge für die Kindertagesheime wurden zwar am 1.9.2002 neu
festgesetzt, das neue Tarifmodell hat durch den Ausbau einer Ermäßigungsstaffel
allerdings zu einigen Rückgängen geführt, also nicht zu einer exorbitanten
Steigerung der Belastungen, und bedeutet im Jahr 2004 einen Deckungsgrad
von rund 15 Prozent.
Die
Beiträge für die städtischen Kinder- und Jugendheime wurden ebenfalls am
1.9.2002 festgesetzt. Der Deckungsgrad beträgt 29 Prozent.
Einerseits
kann daher überhaupt nicht, wie das immer wieder von Seiten der Opposition
dargestellt wird, von einer Belastungslawine à la Bundesregierung die Rede
sein, andererseits - und das muss auch gesagt werden - bedeutet das jetzt im
Vorfeld der Finanzausgleichsverhandlungen gemachte Angebot des Finanzministers,
den durch die Steuersenkungen bedingten Einnahmenentfall dadurch wettmachen zu
wollen, dass den Ländern ein Steuerrecht, eine Steuerhoheit eingeräumt wird,
entweder, dass man dem Finanzminister unterstellen muss, dass er die letzten
Reste an finanzpolitischer Seriosität verloren hätte - was ich nicht tue -,
oder man kann das einfach nur als ein oberflächliches Lockangebot abtun, das
nicht wirklich ernst gemeint ist.
Obwohl wir
vom Bund personalintensive Verwaltungsaufgaben übernehmen mussten, konnte durch
Modernisierung und Effizienzsteigerung der Verwaltung der Personalstand in Wien
nicht nur stabil gehalten, sondern sogar gesenkt werden. Gegenüber dem
Vorjahr 2002 weist der Rechnungsabschluss 2003 rund 1 000 Vollbezugsäquivalente
weniger aus. Der im Auftrag des Staatsschuldenausschusses erstellte Bericht
2004 über die Entwicklung der öffentlichen Beschäftigung in Österreich muss -
jetzt unterstelle ich: wohl zähneknirschend - einräumen, dass es erstens Wien
gelungen ist, den Personalstand durch Sparanstrengungen zu senken, und zweitens
das Wiener Spitalswesen mit 41,4 Prozent mehr Beschäftigte bindet, als
dies sonst in den Bundesländern mit nicht ganz 29 Prozent der Fall ist.
Bekanntlich kommt dieser Bericht nicht von ungefähr.
Er ist im Vorfeld der Finanzausgleichsverhandlungen offensichtlich dazu gedacht
gewesen, dem Finanzminister Munition gegenüber den angeblich so sparunwilligen
Bundesländern zu liefern. Umso aufschlussreicher, meine sehr geehrten Damen und
Herren, ist, dass sich aus diesem Bericht die Verteilung der pragmatisierten
Bediensteten auf die Gebietskörperschaften wie folgt ergibt: Von den
195 000 österreichischen Beamten hat der Bund mit 71,1 Prozent den
Löwenanteil. Das bedeutet, dass die auf ihn entfallende hohe Zahl an
pragmatisierten Bediensteten sich auch dort am massivsten in den Pensionsfolgen
auswirkt. Daher ist es absurd, den Bundesländern den Sparwillen deswegen
abzusprechen, weil sie in ihren Pensionsreformen andere Wege gehen als der Bund
- abgesehen davon, dass das, was dort zustande gekommen ist, in hohem Maße
sozial unverträglich ist.
Die Stabilisierung des Personalstandes in Wien ist
keine leichte Aufgabe gewesen, weil nur ein Bruchteil der Mitarbeiter der Stadt
Wien in dem Bereich tätig ist, den man allgemein als die Hochbürokratie
bezeichnet. Es ist eben einfacher, meine sehr geehrten Damen und Herren,
Zollbeamtenposten zu streichen, wenn die Zollgrenzen fallen, als Personal in
Krankenhäusern, Kindergärten, bei Feuerwehr, Rettung und Müllabfuhr zu streichen,
ohne dort Leistungen zurückzunehmen - und das wollen wir doch alle nicht. Das
geht auch nicht in der Altenbetreuung, außer man teilt die Meinung des
Finanzstaatssekretärs Finz, der auch in den Pflegeheimen ein
Personaleinsparungspotential erblickt hat.
Das Jahr 2003, meine sehr geehrten Damen und
Herren, war für die österreichische und auch für die Wiener Wirtschaft das
dritte Jahr in Folge mit einem extrem schwachen Wirtschaftswachstum. Erholung
gab es überhaupt – und zwar nur ansatzweise und nur für einzelne Branchen – nur
im Sommer. Es war für die Unternehmer in Wien und in Österreich eine
tatsächlich schwierige Situation. In Wien hat die Bauwirtschaft mit einer
Umsatzsteigerung von 12,3 Prozent Spitzenwerte erreicht, die weit über dem
österreichischen Durchschnitt liegen, und ich gebe zu bedenken, dass das
zweifellos im Zusammenhang mit den großen Anstrengungen der Stadtregierung
steht, gerade in diesem Bereich, im Bereich des Baugewerbes und des
Baunebengewerbes, zusätzlich Aufträge und Investitionen zu ermöglichen. (Beifall bei der SPÖ.)
Meine sehr geehrten Damen und
Herren! Wien hat auch 2003 den Löwenanteil an den ausländischen
Betriebsansiedelungen und Betriebsausweitungen: 39 neue internationale
Betriebsansiedelungen brachten 1 000 neue Jobs und
1,1 Milliarden EUR an Investitionen für Wien. Die besondere
Attraktivität Wiens als Standort wird auch deutlich durch den Erwerb
zahlreicher Immobilien durch internationale insbesondere Fonds aus
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