Gemeinderat,
43. Sitzung vom 19.05.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 70 von 78
umgesetzt werden müssen. Herr
Bürgermeister, ich erinnere an die vielen Anträge, Vorschläge, Anfragen der
Oppositionsparteien – alles wurde abgeblockt.
Das Pflegewesen ist gekennzeichnet durch eine Kette
des Leugnens, des Herumredens und des Abstreitens, und ich bin sehr froh, dass
mein Kollege Prochaska eine Langzeitreise gemacht hat und vor einem Monat
aufgezeigt hat, welche Vorschläge bereits in den achtziger Jahren gemacht
wurden.
1980 hat die ÖVP bereits einen Pflegeombudsmann
gefordert. Antwort: Brauchen wir nicht.
Ende 1981 Antrag Mangel im Pflegewesen: Wurde von
Ihnen abgeblockt. Alles nicht wahr.
Anträge 1983, 1984 bis 1988. Ihre Antworten: Wir
brauchen Ihre Mitwirkung nicht.
1989 ein ÖVP-Antrag. Ein Mängelkatalog und ein
Sanierungskonzept wurden vorgelegt. Auch die Anregung wegen Privatkleidung,
etwas ganz, ganz Wesentliches für Menschen, das zu ermöglichen. Ihre Antwort:
Wir haben schon auf 10 bis 12 Betten reduziert. Privatkleidung bedeutet
besondere Maßnahmen. Das kommt nicht in Frage. Wir brauchen Ihre Ideen nicht.
Und so geht es weiter, bis in die jüngste
Vergangenheit. Schönreden, negieren, abstreiten.
Und nun kommt eine neue Qualität. Ich sage das gar nicht
zynisch, sondern ich meine das auch positiv. Der Herr Bürgermeister hat am
13.5. in der Untersuchungskommission gemeint, es gibt nichts zu beschönigen.
Das erste Mal. Herr Kollege Deutsch, nehmen Sie sich ein Beispiel an dem Herrn
Bürgermeister. Er hat gesagt, es gibt nichts zu beschönigen. Im GZ Wienerwald
wurden nur 20 Prozent der Gemeinderatsbeschlüsse umgesetzt. Ich nehme die
volle politische Verantwortung wahr.
Herr Bürgermeister! Sie kennen die Stadtverfassung.
Im § 28/1 ist sehr klar geregelt, dass der Bürgermeister für den Vollzug
jedes gültigen Beschlusses des Gemeinderates zu sorgen hat. Sie sind zehn Jahre
Bürgermeister. Sie sind die Spitze der Verantwortungspyramide. Sie haben die
Personalhoheit. Sie haben zu wenig gehandelt, aber handeln Sie jetzt
wenigstens. (Beifall bei der ÖVP und des GR Dr Wilfried Serles.) Sie
sind am Zug. Weg vom zentralistischen, obrigkeitsstaatlichen Gesundheitssystem,
sondern schaffen Sie ein System, wo der Mensch im Mittelpunkt steht und nicht
eine Nummer ist. Herr Bürgermeister, ordnen Sie die politische Verantwortung
neu. Ordnen Sie den KAV neu. Krempeln Sie die Ärmel auf und übernehmen Sie das
Ressort Gesundheit und Soziales selbst. (Beifall bei der ÖVP.) Schaffen
Sie endlich jene Pflegebedingungen, die die Hochbetagten in Wien verdienen.
Wir haben daher zwei Beschlussanträge, meine Kollegin
Ingrid Lakatha und ich.
Ein Beschlussantrag:
"Der Wiener Gemeinderat fordert den
Bürgermeister auf, dafür Sorge zu tragen, dass ehestmöglich geeignetes Personal
in genügend großer Anzahl dem Aufsichtsorgan für Geriatriezentren der Stadt
Wien in der zuständigen Magistratsabteilung zur Verfügung steht, damit es zu
einer durchgehend auf hohem Niveau liegenden Qualitätssicherung kommt."
In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung
beantragt.
Und der zweite Beschlussantrag:
"Der Bürgermeister wird aufgefordert, dem
Ausschuss der Geschäftsgruppe Gesundheit und Soziales halbjährlich einen
Bericht über die umgesetzten Reformen, über die in Umsetzung befindlichen Maßnahmen
und die in Planung befindlichen Vorhaben der Stadt Wien hinsichtlich der
anstehenden Reform im städtischen Geriatriebereich vorzulegen."
In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung
beantragt. (Beifall bei der ÖVP.)
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter
Herr Bürgermeister! Sie haben zwar die Flucht nach vorne angetreten, aber den
Problemen davonlaufen können Sie nicht. Daher handeln Sie. Ich habe das schon
öfter gesagt, ich wiederhole mich aber. Ich sage das wirklich, weil es mir so
ein Anliegen ist, denn eine Gesellschaft wird daran gemessen, wie sie
einerseits ihre Kinder in die Welt hereinbegleitet, aber andererseits, wie sie
die alten Menschen aus diesem Leben hinausbegleitet. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Renate Winklbauer: Als
Nächste zu Wort gemeldet ist die Frau GRin Klicka.
GRin Marianne Klicka (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrte Frau
Vorsitzende! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich habe mit großem Befremden diesen Antrag der
freiheitlichen Abgeordneten gelesen, nämlich gerade, nachdem wir ja am
Donnerstag in der Untersuchungskommission die Möglichkeit hatten, es vom Herrn
Bürgermeister selbst zu hören, wie Sie ja alle auch betont haben. (Zwischenruf
des GR Dr Wilfried Serles.) Na ja, er hat lang genug geredet und viel
gesagt. Also ich glaube nicht, dass das inhaltsleer war, was wir alles gehört
haben. Er selbst hat ja gesagt, dass er die Pflegeoffensive wirklich offensiv
umsetzen wird, und er hat sie auch erläutert.
Befremdend ist das für mich auch auf der anderen
Seite, weil ich denke, dass gerade die Mitglieder aller Fraktionen, auch Sie,
Herr GR Kowarik, ja wirklich engagiert in der Geriatriekommission an dem
zukünftigen Strategiekonzept arbeiten, das wirklich eine optimale Betreuung der
älteren Menschen in Wien ermöglichen soll, und das unter Einbeziehung namhafter
Experten. Und ich konnte wirklich in den letzten vier Sitzungen nur
feststellen, dass es Ihnen genauso wie uns ein Anliegen ist und dass wir sehr
gute Konzepte erarbeitet haben, die in einem Gemeinderatsausschuss in einem
Beschluss festgelegt werden sollen und letztlich auch hier im Gemeinderat als
Zukunftsprogramm von allen Fraktionen, wie ich hoffe, weil Sie sich ja alle
eingebracht haben, beschlossen werden können.
Die Geriatriekommission ist ein
Forum aller Abgeordneten, aller politisch Tätigen, und ich denke, dass es uns
gelingen wird, in den nächsten beiden Sitzungen auch wirklich zu einem Ergebnis
zu kommen, zu einem Ergebnis, das nicht nur auf diesen Tagungen beruht,
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