Gemeinderat,
43. Sitzung vom 19.05.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 51 von 78
Geschäftsführung des Filmfonds ohnehin ein sehr großes ist. Ich glaube daher, dass man ihm die Handlungsmöglichkeit geben sollte, wirklich die besten Projekte für Wien langfristig an Land zu ziehen. Beim Film ist es einfach so, dass es einen Standortwettkampf gibt, und diejenigen, die zuerst eine Zusage geben können, bekommen klarerweise auch die attraktivsten Projekte.
Daher bringe ich in meinem eigenen Namen folgenden
Antrag ein:
"Der Gemeinderat spricht sich dafür aus, dass
das Kulturamt der Stadt Wien dem Filmfonds Wien die Jahressubvention am Anfang
des Jahres als Einmalzahlung zur Verfügung stellt und darüber hinaus mit dem
Filmfonds Wien einen Dreijahresvertrag abschließt, um so für die optimale
Planungssicherheit zu sorgen, um die gewohnte Qualität gewährleisten zu können.
In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung
beantragt." - Danke. (Beifall bei
der ÖVP.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum
Wort gemeldet ist Frau GRin Dr Vitouch. Ich erteile es ihr.
GRin Dr Elisabeth Vitouch (Sozialdemokratische
Fraktion des Wiener Landtags und Gemeinderats): "Die
fetten Jahre sind vorbei" - so der Titel des Films, der einem österreichischen
Regisseur vorgestern bei den 57. Filmfestspielen in Cannes eine
Viertelstunde lang Standing Ovations eingebracht hat. Die schrille
Politgroteske des Vorarlbergers Hans Weingartner - der übrigens im Brotberuf
Neurologe ist, und als Filmschaffender braucht man ganz offenbar einen
Brotberuf - wurde von der internationalen Presse triumphal gefeiert, nicht
zuletzt wegen pointenreicher, witziger Dialoge, vor allem aber aufgrund seines
Themas, nämlich des Unbehagens an der globalisierten Welt.
Während gleichzeitig die so genannten
"Intermittents" - das sind jene 113 400 französischen
Künstlerinnen und Künstler, die sich mit Teilzeitverträgen eher schlecht als
recht durchschlagen müssen - das Festival als Sozialkampf-Plattform für ihre
durchaus berechtigten Forderungen nützen, versuchen die Hotel- und
Restaurantbesucher von Cannes, ihre geschätzten 120 Millionen EUR an
Ertrag durch den Aufmarsch von 1 000 Gendarmen aus dem
Innenministerium absichern zu lassen. Es schaut also glatt so aus, als wäre
Film ein wichtiger Wirtschafts- und Tourismusfaktor.
Das ist eigenartigerweise der österreichischen
Bundesregierung bisher noch nicht so richtig aufgefallen. Denn seit Monaten
fordert die österreichische Filmwirtschaft steuerliche Anreize für privates
Kapital, um - nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der EU-Erweiterung - ihre
Wettbewerbsfähigkeit erhalten zu können. Erst vor einer Woche stellte der
Fachverband der Audiovisions- und Filmindustrie ein an europäische Vorbilder
wie Irland, Luxemburg und die Niederlande angelehntes Steuergutscheinmodell
vor, das neben der Entlastung der Produzenten auch einen volkswirtschaftlichen
Multiplikatoreffekt bis zum Drei- und Vierfachen hätte und dazu die
Attraktivität Österreichs als Location für ausländische Produktionen steigern
würde. Leider hat es von Seiten des Finanzministeriums bisher kein einziges
diesbezügliches Gespräch gegeben, und auch das Versprechen, im Rahmen der
Steuerreform Berücksichtigung zu finden, wurde von der blau-schwarzen Regierung
nicht eingehalten. Die verprellte Filmwirtschaft kann also dem
NLP-Phrasendreschen des Herrn Finanzministers leider keine Perspektiven
entnehmen.
Dass sich auch der ORF in Sachen Filmförderung
konsequent abmeldet und auf das Abspielen von Hollywood-Schrott spezialisiert hat
beziehungsweise sich mit Hingabe den Peinlichkeiten eines Eurovisions-Songcontests
widmet, ist gerade im Hinblick auf die EU-Erweiterung eigentlich skandalös. So
blieb es dem Linzer Filmfestival "Crossing Europe" und natürlich dem
Filmarchiv Austria mit "Grenzenlos - Filme aus dem neuen/ alten
Europa", noch bis 8. Juni im Metro-Kino zu sehen, vorbehalten,
Panoramen des europäischen Films zu zeigen.
Erfolgreich agiert auch der Filmfonds Wien unter
seinem von StR Mailath-Pokorny wiederbestellten Geschäftsführer Dr Peter
Zawrel. Die Stadt Wien fördert ja schon seit 25 Jahren die heimische
Filmproduktion. Allein in den letzten drei Jahren konnten vom FFW
255 Projektzusagen mit einem Gesamtfördervolumen von
27 Millionen EUR ausgesprochen werden. Im Vorjahr kamen
17 Filme, mit 5,7 Millionen EUR gefördert, in die in- und
ausländischen Kinos, und die gesamtwirtschaftliche Wertschöpfung im Inland
betrug rund 23,5 Millionen EUR. Das heißt, jeder in die
österreichische Filmwirtschaft investierte Euro ist vierfach zurückgekommen.
Jetzt sind gerade wieder die Förderungen für neun
Produktionen in der Gesamthöhe von 1,02 Millionen EUR zugesagt, darunter
die österreichisch-tschechisch-US-amerikanische Verfilmung von Emile Zolas
"Therese Raquin" mit Franka Potente und Joseph Fiennes, ein
österreichisch-deutsch-luxemburgischer Kinderfilm über einen Neandertalerbuben
- "Lapislazuli", Regie Wolfgang Murnberger -, ein Filmprojekt von
Kurt Palm über "das wilde Leben des Wolfgang Mozart" sowie diverse Dokumentarfilme,
zum Beispiel über die Palmers-Entführung im Jahr 1977, oder "Unerwünschtes
Kino" über jüdische Produzenten und Filmkünstler der dreißiger Jahre.
Nicht zuletzt geht auch die gegenwärtige Präsenz
österreichischer Filme auf internationalen Festivals - wie zum Beispiel Jessica
Hausner mit dem Horrorfilm "Hotel" derzeit in Cannes - auf die
Unterstützung des Filmfonds Wien zurück, der auch für seine Gebarung vom
Rechnungshof und vom Kontrollamt gelobt wurde. Auch das Auszahlen der
Subventionen in dieser Form wurde hier ausdrücklich als positiv hervorgehoben.
Natürlich
geht aber dieser Erfolg, der ja langfristig zu sehen ist, auch noch auf die
seinerzeitige Förderung durch den sozialdemokratischen Bundeskanzler Viktor
Klima zurück. Das ist die einhellige Meinung der Filmschaffenden derzeit in
Cannes. Nur können diese Erfolge leider nicht darüber hinwegtäuschen, dass die
Situation der heimischen Filmwirtschaft insgesamt alles andere als rosig ist.
StR Mailath hat daher erst unlängst einen
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