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Gemeinderat, 43. Sitzung vom 19.05.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 16 von 78

 

Amtsf StRin Dipl Ing Isabella Kossina: Sehr geehrter Vorsitzender!

 

Sehr geehrter Herr Gemeinderat! Die Kompostqualität liegt mir als Umweltstadträtin, aber auch zuständig für die Landwirtschaft besonders am Herzen, denn dieser Kompost wird eben auch bei uns in den landwirtschaftlichen Betrieben, in der biologischen Landwirtschaft eingesetzt. Das heißt, mein Ziel ist es, die Kompostqualität auf A°plus zu optimieren. Die Wege sind hier vorgegeben. Ein wesentlicher Schritt ist die Planung der Biogasanlage, wo ein getrenntes Sammelsystem zu errichten sein wird. Die gute Kompostqualität in Wien reicht derzeit nicht aus, um eben diese A°plus-Qualität zu erreichen, und gerade die Ergebnisse aus dem innerstädtischen Bereich haben gezeigt, dass diese biogenen Abfälle zur Erzeugung des Komposts den Kompost verschlechtern, insbesondere durch Blei und Zink. Das heißt, durch die Errichtung der Biogasanlage, durch eine Neuordnung der Komposterzeugung, durch eine neue Kompostanlage wird insgesamt sicherlich weniger Kompost erzeugt werden, denn für mich ist weniger mehr und dafür mit höherer Qualität. Dieser Schritt Biogas, Kompostwert und getrennte Sammlung von Küchenabfällen und Gartentonne wird sicherlich eine Verbesserung der Qualität herbeiführen. Mein Ziel ist, unser Ziel ist es, eine A°plus-Qualität herzustellen. Die Untersuchungen und die Studien bei der MA 48 laufen und sind bis September abgeschlossen.

 

Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Danke schön.

 

Somit ist die Fragestunde abgeschlossen.

 

Wir kommen zur Aktuellen Stunde.

 

Der Grüne Klub im Rathaus hat eine Aktuelle Stunde mit dem Thema "Notstand bei Sozialhilfe – Personalmangel verhindert Hilfe für Menschen in Not" verlangt.

 

Das Verlangen ist ordnungsgemäß beantragt, und ich bitte die Erstrednerin, Frau GRin Jerusalem, die Aktuelle Stunde zu eröffnen. Ich darf bemerken: Die Redezeit ist mit zehn Minuten begrenzt.

 

GRin Susanne Jerusalem (Grüner Klub im Rathaus): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender!

 

Leider ist ja der Notstand bei der Sozialhilfe immer weiter aktuell, und das seit zwei Jahren. Die Wartezeiten bei der Sozialhilfe sind nahezu unvermindert lang. Derzeit betragen sie zwischen sechs und acht Wochen.

 

Was die Sache aber jetzt so dringend gemacht hat und so aktuell, dass wir auch eine Aktuelle Stunde verlangt haben, ist die Tatsache, dass es im Gegensatz zu früher für Menschen in höchster Not, in absoluten Notlagen nicht einmal mehr Notfallstermine gibt. Wir haben bis zum Dezember immer noch, wenn Menschen angerufen haben und es wirklich dringend und drängend war, über Interventionen Notfallstermine erhalten. Jetzt ist das nicht mehr der Fall.

 

Ich möchte, bevor ich Ihnen einen Fall schildere, so schildere, dass ich glaube, auch Sie werden dann reagieren wollen und sagen, das kann sich der Wiener Gemeinderat nicht gefallen lassen, da müssen wir umdenken, unseren Bürgermeister kurz zitieren, der gemeinsam mit Gusenbauer Folgendes sagt, und ich zitiere: "Wir wollen die Welt nicht bloß interpretieren, wir wollen sie zum Besseren verändern." Ich finde das schön, und fangen wir vielleicht nicht gleich mit der großen Welt an, sondern in Wien, und da ganz konkret bei der Sozialhilfe.

 

Ich möchte Ihnen den Fall einer Frau schildern, nennen wir sie Meier, damit es auch anonymisiert bleibt. Die Frau Meier ist in eine Notsituation geraten, unverschuldet. Es wäre auch dasselbe Problem, wenn es verschuldet wäre, aber sie ist jedenfalls in eine Notsituation gekommen. Sie ist absolut mittellos, hat auch ihre Wohnung verloren, geht auf das zuständige Sozialreferat, und zwar am 10. Mai, und erhält einen Termin für den 22. Juni, obwohl sie dort sagt, dass sie nichts mehr hat, dass sie auch nicht zurückgreifen kann auf Verwandte und Bekannte. Sie ist restlos verzweifelt, wendet sich dann an den Grünen Klub.

 

Ich füge hinzu, die Frau ist 54 Jahre alt, arbeitet, seit sie 15 ist, hat sich immer selbst erhalten, war auch nicht arbeitslos. Sie steht jetzt völlig mittellos da und kann mit der Situation auch überhaupt nicht umgehen, weil sie hätte nie gedacht, dass ihr das passieren kann. Und so geht es vielen, dass sie sich denken: Mir kann das nicht passieren.

 

Wir haben daraufhin beim zuständigen Sozialzentrum angerufen und erfahren, dass der Termin deswegen so spät stattfindet, weil die Betreuerin nur eine Teilzeitkraft ist und daher nichts anderes möglich ist.

 

Wir haben uns dann auch an die Beschwerdestelle gewendet. Die Beschwerdestelle hatte in großer Freundlichkeit ein offenes Ohr und hat uns mitgeteilt: Ja, durchschnittliche Wartezeit zwischen sechs und acht Wochen. Ursache, und das ist das, worüber wir heute reden, massiver Personalmangel. Also keine Ausreden möglich, dass Beamte und Mitarbeiter nicht wollen, langsam sind, das war es alles nicht. Bei bester Arbeit stehen wir vor der Tatsache, dass ein riesiger Personalmangel dazu geführt hat, dass alles das nicht mehr bearbeitet werden kann, was bearbeitet werden soll.

 

Jetzt stellt sich die Frage: Handelt es sich bei der Frau Meier um einen Einzelfall? Nein, auch diese Ausrede, Argumentationsschiene ist abgeschnitten. Es handelt sich nicht um einen Ausnahmefall. Es ist ein Regelfall. Die Auskunft hat gelautet: Es kommen täglich mehrere solcher Beschwerden herein. Die Beschwerden werden auch dokumentiert und weitergeleitet. Und es wurde uns gesagt: Einen Notfallstermin kann man nur bei der Leiterin des Sozialzentrums erhalten.

 

Auch dort haben wir angerufen. Die Leiterin hat uns mitgeteilt, auch mit größtem Entgegenkommen, mit Freundlichkeit, alles, also auch bei größter Überarbeitung sind die Leute dort immer noch freundlich: Es geht nichts mehr. In den letzten zwei Jahren gab es einen KundInnenanstieg von 47 Prozent. Allein in ihrem Sozialreferat fehlen vier Personen. Nichts geht mehr. Die Teilzeitkraft, die da eingesprungen ist und die die Frau Meier betreuen sollte, hat am Tag 18 KlientInnen. Na, wie weit es da her ist mit der Beratung, auch das kann man sich vorstellen.

 

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