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Gemeinderat, 40. Sitzung vom 03.03.2004, Wörtliches Protokoll  -  Seite 31 von 78

 

bin mir sicher, dass es dann in Umfragen auch Menschen gibt, die sagen: Sie kommen wegen des tollen Wiener Gemeindezirkus nach Wien. - Aber meine Art von Kulturpolitik ist das sicher nicht!

 

Zurück zum Musical: Was soll eigentlich im Ronacher gespielt werden? Ich möchte Ihnen jetzt hier ein paar kurze Auszüge und die Reaktionen von Frau Zechner mitteilen. Frau Zechner sagt, es ist ihr besonders wichtig, die heimische Musikszene an das Wiener Musical heranzuführen. Heimische Jazz- und Popmusiker, von Wolfgang Muthspiel bis Hubert von Goisern, sollen emotionell und auch finanziell motiviert werden, sich diesem Genre zu öffnen. Und: Oberste Priorität sind Eigenproduktionen, so sie die Musikszene für dieses Projekt begeistern kann. - Ich erspare Ihnen das "erwachsene Schneewittchen" und was da sonst noch alles an Vorschlägen gekommen ist.

 

Wie reagieren jetzt die so umworbenen Kunstschaffenden auf die Öffnung gegenüber dem Musical? - Relativ brüsk. Herr Schachinger vom "Standard" hat sich die Mühe gemacht, jeden einzelnen genannten Künstler zu fragen, was er vom Musical hält.

 

"Hubert von Goisern, noch heute etwas aufgewühlt: 'Mozart fährt mit der Pferdekutsche von Prag nach Graz. Im Böhmischen Wald hat die Kutsche einen Achsenbruch. Der Kutscher reitet weg, um Hilfe zu holen, und Mozart bleibt im Wald hocken. Dort trifft er dann eine schwarze Sängerin, die ihm den Blues und Soul beibringt. Ich habe gesagt: Kathi, was soll das, soll die dem Mozart im 18. Jahrhundert im Wald etwas auf der elektrischen Hammond-Orgel vorspielen?!'" - Okay.

 

Herr Patrick Pulsinger ist etwas direkter, er sagt einfach: "Da weiß ich aber gar nichts davon! Ich persönlich hasse Musical abgrundtief."

 

Und die Herren vom Attwenger? Herr Markus Binder sagt: "Geh bitte! Muss man sich mit so was beschäftigen?! Musical und gescheiterte Manager in Österreich, und wie sie dann herumfuhrwerken, das ist überhaupt eine Tragödie. Nicht einmal ignorieren!"

 

So reagiert die umworbene österreichische Kunstszene! Das zeigt schon eines sehr deutlich: Wenn ich mir als Künstler irgendwo eine Chance ausrechne, dort einmal etwas zu machen, einmal produzieren zu können, dann gehe ich doch nicht so mit einem derartigen Angebot um.

 

Faktum ist, dass die Künstler, die diesem Markt ausgesetzt sind, natürlich genau wissen, dass sie keine Chance haben, auf diesem Markt zu bestehen, und dass sie sich künstlerisch nur beschädigen können, wenn sie sich darauf einlassen. Ich erspare Ihnen jetzt die konkreten Beispiele derjenigen, die das versucht haben und bei denen es nicht geklappt hat.

 

Wenn ich als Verantwortlicher derartige Aussagen höre, dann müssen doch nicht nur bei Frau Kollegin Ringler - ich wollte schon "Klingler" sagen - die Alarmglocken klingeln, sondern dann muss ich als Kulturstadtrat sagen: Bitte, ich muss mir ja zuerst überlegen, was ich dort produziere, und nicht zuerst ein Haus hinbauen. Ich könnte ja eventuell auch auf die Idee kommen, dass ich ein Haus, wenn ich es schon neu mache, vielleicht nicht so eng konfiguriere, dass dort nur ein Musical hineinpasst, sondern dass auch andere Kulturformen hineinpassen.

 

Das war übrigens das Tolle am Coop Himmelb(l)au-Modell, dass das ein multifunktionales Haus gewesen ist. Deswegen haben wir Ihnen auch höflich vorgeschlagen, sich zumindest einmal das Konzept anzuschauen. Aber Sie haben in einer Pressekonferenz nur erklärt: Nein, Coop Himmelb(l)au brauche ich nicht, wir machen das alleine - übrigens einen Tag, bevor die einen der wichtigsten internationalen Architekturaufträge gewonnen haben. (Amtsf StR Mag Dr Andreas Mailath-Pokorny: Das habe ich nie gesagt!)

 

Etwas haben Sie sicher gesagt, Herr Stadtrat. Nachdem Sie zum Thema Musical befragt worden sind, war das Ihre wichtigste Aussage: Ich bin nicht verantwortlich, ich will nicht mehr zum Musical gefragt werden.

 

Herr Stadtrat! Sie regieren in dieser Stadt mit absoluter Mehrheit. Warum machen Sie so eine schlechte Kulturpolitik? Wann immer eine Entscheidung zu treffen ist, oder fast immer, wenn eine Entscheidung zu treffen ist, ist es die falsche: Die Intendantenentscheidung in der Josefstadt, oder das Debakel im Rabenhof, das Sie bis heute leugnen, das Ihrer Aussage nach nie stattgefunden hat und das Sie verdrängen. Selbst das Projekt, Oper im Theater an der Wien zu machen, das ja an sich ein populäres Projekt ist und das Sie wahrscheinlich auch deshalb machen wollten, geht mittlerweile im Kritikhagel unter, Sie werden dafür von allen Seiten kritisiert. Herr Stadtrat, ich muss das in aller Deutlichkeit sagen: Ihre Kulturpolitik ist nicht links, sie ist nicht rechts, sie ist nicht einmal sozialistisch, geschweige denn konservativ, sie ist einfach grottenschlecht! Und das verstehe ich nicht.

 

Diese Entscheidung, die Sie hier heute treffen - allerdings wird ja heute die Entscheidung noch nicht getroffen -, 30 bis 40 Millionen EUR in eine Form zu investieren, die ungemein eng ist und deren Nachfrage nicht klar ist, wobei auch nicht klar ist, was dort produziert werden soll, ist einfach eine falsche Entscheidung, gegen die wir als Wiener ÖVP uns mit allen uns zur Verfügung stehenden demokratischen Mitteln wehren werden, gemeinsam mit den Künstlerinnen und Künstlern, wenn diese Entscheidung tatsächlich so getroffen werden sollte! (Beifall bei der ÖVP.)

 

Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Unterreiner. Ich erteile es ihr.

 

GRin Mag Heidemarie Unterreiner (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Berichterstatterin! Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Herr Stadtrat, in jüngster Zeit - da muss ich meinem Vorredner Recht geben - werden Sie wirklich von allen Seiten kritisiert. Fachleute werfen Ihnen Unfähigkeit vor. Sie haben den Höhepunkt oder einen der Höhepunkte des Mozartjahrs vermurkst, der Gluck-Zyklus musste abgesagt werden; obwohl von Landesmann wirklich gut vorbereitet, war dann plötzlich kein Geld da - auf der

 

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