Gemeinderat,
40. Sitzung vom 03.03.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 29 von 78
sein, dass die Medien und viele maßgebliche Kulturschaffende in dieser Stadt, aber auch in Österreich sagen: Das wollen wir nicht, das ist absurd, das braucht niemand!
Ich denke - und das ist vielleicht das Traurigste an
dieser Situation, an dieser Diskussion -, dass die Stadtregierung ihr Gespür
dafür verloren hat, was jetzt an Politik notwendig wäre. Diese Feststellung
lässt mich nichts Gutes dafür erahnen, wie es in den nächsten Jahren weitergeht.
Ich bedauere es sehr, dass wir in dieser Stadt jetzt offensichtlich an einem
Punkt angelangt sind, an dem all jene hehren Ideale und sozialdemokratischen
Ideen völlig über Bord geworfen worden sind und man eigentlich genau das
Gleiche macht wie der Kulturstaatssekretär Morak, den man dafür zu Recht
kritisiert.
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich persönlich halte
es mit Claus Philipp, der im "Standard" vom 18. 2. 2004
geschrieben hat: "Und bis dahin: gute Unterhaltung! Bis an den Rand zur
Absurdität." - Danke. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum
Wort gemeldet ist Herr GR Dr Salcher. Ich erteile es ihm.
GR Dr Andreas Salcher (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen
und Herren!
Die Vereinigten Bühnen sind sicherlich ein sehr gutes
Beispiel für die jahrzehntelange falsche Kulturpolitik der SPÖ. Ich möchte ein
bisschen in die Vergangenheit gehen, weil ich mich daran erinnern kann, dass
wir, als ich hier ein junger Gemeinderat war, schon damals sehr heftig über die
Vereinigten Bühnen diskutiert haben. Das war jene Zeit, als man über zehn Jahre
lang "Cats" jeden Abend vor ausverkauftem Haus gespielt hat und jedes
Jahr Zusatzsubventionen vom Wiener Gemeinderat brauchte, um das gewaltige
Defizit abzudecken.
Ich nenne Ihnen nur ein paar Zahlen: 1992 waren es in
Summe 310 Millionen ATS, mit denen wir subventioniert haben, um hier
"Cats" - ein hoch professionelles Musical, damals wahrscheinlich das
bekannteste Musical der Welt - zu spielen. Im Jahr 1993 war es ein bisschen
mehr, da waren es 379 Millionen ATS, die wir investierten, weil da
auch ein paar Bauinvestitionen durchgeführt werden mussten. Im Jahr 1996 waren
es 296 Millionen ATS. Im Schnitt waren es also
300 Millionen ATS, und insofern hat der Herr Stadtrat durchaus Recht
mit dem, was er heute am Vormittag in der Anfragebeantwortung gesagt hat,
quasi, er liegt da ohnedies im Schnitt der sozialdemokratischen Kulturpolitik,
und nach dem Motto: Wenn ich mir die Ära Pasterk als Benchmark hernehme, dann
liegt er eh nicht so schlecht.
Dann ist aber in der Phase der Vereinigten Bühnen für
die Stadt ein Glücksfall eingetreten, nämlich dass für die Wiener ÖVP StR
Marboe für vier Jahre dieses Ressort übernommen hat. Ich werde Ihnen jetzt sagen
- das ist alles nachvollziehbar -, was wir in diesen vier Jahren getan haben,
und ich verspreche Ihnen: Der Vergleich macht Sie sicher!
Wir haben mit einem Hearing zu den Vereinigten Bühnen
angefangen, das ich selbst inszeniert habe - übrigens gegen den heftigen
Widerstand meines damaligen Koalitionspartners -, damit wir endlich einmal die
Zahlen, Daten, Fakten auf den Tisch bekommen haben. Das hat Anlass zu der
Diskussion über Privatisierung gegeben, und auf einmal hat das Management von
sich aus einen Management Buyout angeboten. Das Ganze ist aber nicht nur eine
luftleere Diskussion geblieben, sondern wir haben in vier Jahren bei den
Vereinigten Bühnen 100 Millionen ATS eingespart, und es sind entgegen
allen anderen Horrorprognosen keine Arbeitsplätze verloren gegangen.
Über Qualität im Musical kann man ja immer
diskutieren, aber es ist in den vier Jahren unter der ÖVP-Regierung sicherlich
nicht schlechter geworden. Wir haben die Vereinigten Bühnen dazu gezwungen,
ihre Rücklagen aufzulösen. Das ist übrigens auch eine Frage, die mich sehr
interessieren würde: Wie hoch sind derzeit die Rücklagen der Vereinigten
Bühnen? Wäre ich damals nicht in einer Koalition gewesen, wüsste ich das bis
heute nicht. Es ist damals zum Beispiel auch eine teure Investitionsentscheidung,
nämlich die Sanierung des Schnürbodens am Theater an der Wien mit
139 Millionen ATS, aus Eigenmitteln der Vereinigten Bühnen passiert.
Das sind die vier Jahre, in denen die ÖVP Einfluss
genommen hat. Da können Sie noch immer sagen, dass die 100 Millionen an
Einsparung zu wenig waren, aber das war ein deutlicher Schritt in die richtige
Richtung. (Beifall bei der ÖVP.)
Was machen Sie jetzt? - Die SPÖ hat wieder die
Allmacht in dieser Stadt und fällt natürlich in ihr traditionelles Muster zurück.
Das können Sie nicht abstreiten, was ist: Es gibt eben keine Diskussion, nicht
einmal eine Diskussion über Privatisierung, über Public Private Partnership,
über Management Buyout, über die Auflösung von Rücklagen. Die Investition in
das Ronacher von 35 bis 40 Millionen EUR wird ausschließlich aus
Steuermitteln getroffen, es gibt kein Hearing, es gibt keine Transparenz. Es
gibt keine Einsparung, sondern ganz im Gegenteil, es gibt eine dramatische
Erhöhung der Betriebssubvention in Richtung der Benchmark, die Frau Pasterk
ursprünglich einmal gelegt hat.
Einer meiner Lieblingssprüche von Mark Twain: Nachdem
Sie das Ziel endgültig aus den Augen verloren hatten, verdoppelten Sie die
Anstrengung - nämlich noch weiter zu investieren, noch weiter zu subventionieren
in einem Bereich, in dem man anderswo auf der Welt Geld verdienen kann. Das ist
eine Schubumkehr in die falsche Richtung, die hier die Sozialdemokraten machen!
(Beifall bei der ÖVP.) ÖVP: 100 Millionen eingespart! - Was machen
Sie? Die Subvention massiv ausbauen!
Kommen wir zur aktuellen Situation. Ich halte die
40 Millionen EUR für den Umbau und die dramatische und drastische
Erhöhung der Betriebssubvention für falsch. Ich halte sie wirtschaftlich für
eine falsche Entscheidung, und ich halte sie auch kulturpolitisch für eine
falsche Entscheidung.
Zuerst zum Wirtschaftlichen. Ich
möchte jetzt wirklich
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