Gemeinderat,
39. Sitzung vom 30.01.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 64
Thema "Günstlingswirtschaft im Wohnbau-Ressort? Auf Faymann können Freunde bauen." verlangt. Das Verlangen wurde gemäß § 39 Abs 2 der Geschäftsordnung ordnungsgemäß beantragt.
Ich bitte den Erstredner, Herrn GR Ellensohn, die
Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass seine Redezeit mit zehn
Minuten begrenzt ist.
GR David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Sehr
geehrte Damen und Herren!
"Günstlingswirtschaft im Wohnbau-Ressort? Auf
Faymann können Freunde bauen." ist das Thema dieser Aktuellen Stunde. Das
hat für ein bisschen Aufregung gesorgt. Kaum dass das Thema draußen war, ist
der Öffentlichkeitsapparat des Wohnbaustadtrats angelaufen und hat sich
natürlich auch der Journalisten und Journalistinnen dieser Stadt angenommen.
Aber das ist halt der Job von denen. Das ist okay.
Die Wortwahl hat aber nicht nur bei der SPÖ für
Aufregung gesorgt, bei uns sorgt etwas anderes für Aufregung, nämlich die Art
und Weise, wie leichtfertig mit Geld umgegangen wird, mit Steuergeldern
umgegangen wird im Wohnbauressort, wie Geld ausgegeben wird und wie auf der
anderen Seite den sozial Schwachen, den ökonomisch, finanziell
Schlechtergestellten in dieser Stadt Geld weggenommen wird. Ich komme gleich zu
ein paar Punkten.
Der Punkt eins ist allen bekannt. Diese Woche ist der
"Presse" ein Teil eines Rechnungshofberichts zu entnehmen. In dem
geht es um den Generali-Tower. Die Eckdaten für alle, die das nicht wissen: Das
Wiener Wohnservice, ausgegliedert, das ist eine GesmbH, der Präsident ist der
Herr Faymann, hat angemietet den Generali-Tower in der Taborstraße, Büroräume.
Jetzt sagt der Rechnungshof – nicht ich, nicht die GRÜNEN, sondern der
Rechnungshof sagt –: Viel zu viel Miete wird bezahlt, und zwar nicht nur ein
bisschen zu viel. Statt dem Maximum, das laut Gutachten bezahlt werden sollte
für Büroflächen, 21 EUR, sind es 31,6 EUR. Zum Schnellerrechnen: Das
bringt einen Verlust für die Stadtkasse von 72 000 EUR pro Jahr.
72 000 EUR werden alleine für diese Büroräumlichkeiten zu viel
ausgegeben, sagt der Rechnungshof.
Ein bisschen später werden zusätzlich im selben
Gebäude wiederum Räume angemietet. Der Rechnungshof sagt: Ohne Notwendigkeit,
werden nicht benötigt. Keine Ahnung, warum ihr das gemacht habt.
88 000 EUR im Jahr, jetzt sind wir schon
bei 160 000 EUR.
Das geht aber weiter. Dann wird angemietet ein
Veranstaltungsraum im Haus. Der Veranstaltungsraum dürfte an 99 Tagen,
Berichtszeitraum war Jänner bis Dezember, verwendet werden. An 18 Tagen
ist er verwendet worden. Die anderen Tage ist er leer gestanden. Für den zahlen
wir auch jährlich 72 000 EUR. Wenn man das hochrechnet, kostet jede
Veranstaltung viele, viele Tausend Euro, und bevor man glaubt, man muss da
wichtige internationale Leute irgendwie bewirten und braucht dieses Ambiente:
14 von 18 Veranstaltungen waren rein interne Veranstaltungen, und dafür
gibt man einen Haufen Geld aus.
Bei diesen Geschäften wurde ein Kündigungsverzicht
vereinbart – das gibt es immer wieder –, gleich einmal auf 15 Jahre.
Und dann hat man die Miete nicht nur überhöht
bezahlt, sondern gleich einmal im Vorhinein. Aber nicht ein halbes Jahr oder
ein paar Monate und auch nicht zwei, drei Jahre, sondern wir zahlen einmal 12,5 Jahre
Miete im Vorhinein, nämlich gleich. 2,7 Millionen EUR wechseln den
Besitzer, raus aus dem Wohnbauressort, raus, hinüber auf die anderen Seite.
Jetzt müsste man sich eigentlich fragen, und das
fragt sich natürlich auch der Rechnungshof: Warum macht man das? Warum ist man
so unwirtschaftlich? Warum wird mit Steuergeldern derartig geludert und
herumgeworfen, dass man eine Antwort augenscheinlich nicht haben kann.
In der "Presse" gibt vom Wiener
Wohnservice, das ist der offizielle Mieter, die Marketingchefin bekannt: Naja,
es gab natürlich Gegengeschäfte. Und das ist eigentlich der Ansatzpunkt. Es gab
natürlich Gegengeschäfte. Nur, für wen? Wo sind die beschlossen worden? Wer
profitiert von diesen Gegengeschäften? Wer bekommt eine Gegenleistung für Hunderttausende
von Euros, die aus der Stadtkasse verschwinden, abfließen? Wer bekommt welche
Gegenleistungen in welcher Form?
Die GRÜNEN haben heute in der Früh eine Anfrage
abgegeben, in der der Herr Stadtrat aufgefordert wird, genau diese Frage zu
beantworten. Wer hat mit wem welche Gegengeschäfte verhandelt? Wer profitiert
davon?
Und das Kontrollamt der Stadt Wien wird ebenfalls von
uns eingeschaltet, sofern der Antrag die Mehrheit findet. Das Kontrollamt möge
ebenfalls die Wirtschaftlichkeit und die Zweckmäßigkeit dieser Ausgaben prüfen,
und wir warten gespannt auch auf diesen Bericht.
Wie gesagt, das ist nicht die Kritik der GRÜNEN, das
ist die Kritik des Rechnungshofes, die ernst zu nehmen ist.
Das ist natürlich nicht der
einzige Punkt, bei dem im Wohnbauressort Gelder verloren gehen: Bei den
Gemeindebauverkäufen. Es wurden bis jetzt über 40 städtische Wohnhäuser, und
die Mieter und Mieterinnen da drinnen sind Gemeindebaumieter und -mieterinnen,
verkauft. Manche dieser Häuser, die verkauft wurden, sind ohne Ausschreibung
verkauft worden, einfach an jemand, der sich gemeldet hat. Mit der Begründung,
es ist ein Anrainer. Dazu sagt das Kontrollamt – wiederum, nicht die GRÜNEN,
das Kontrollamt sagt –: Einen Anrainerstatus konnten wir nicht feststellen. Na,
kein Wunder, weil das Büro 250 Meter weit entfernt ist, und das gilt nun
einmal nicht als Anrainerstatus. Was hat der gemacht? Er hat mehrere Gebäude
gekauft im 4. Bezirk und hat die wieder abgestoßen. Ein Jahr später.
Gezahlt hat er zuerst 2 Millionen EUR, ziemlich genau,
2,06 Millionen EUR, und verkauft hat er es ein Jahr später. Und jetzt
sind diese ehemaligen Mieter und Mieterinnen der Stadt Wien in den Händen der
Wlaschek-Stiftung, weil
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