Gemeinderat,
39. Sitzung vom 30.01.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 10 von 64
jüngeren Vergangenheit für Deserteure der Wehrmacht oder Menschen, die aus sehr beachtenswerten moralischen Gründen auch ihr Leben aufs Spiel gesetzt haben, wie beispielsweise der Offizier der Wehrmacht Schmid, Ehrungen vorgenommen. Wir haben eine Promenade am Donaukanal nach ihm benannt. Also das geschieht ja.
Sie werden sich vielleicht auch erinnern, dass ich
selbst dem Verteidigungsminister einen Brief geschrieben habe, worin ich
gebeten habe, doch zu überlegen, ob man nicht auch eine Kaserne, so wie das im
Übrigen in Deutschland geschehen ist, nach ihm benennen kann. Das wurde leider
abschlägig beschieden. Deshalb habe ich gerne die Initiative des
20. Bezirkes unterstützt und aufgegriffen, eine Straßenbezeichnung ihm zu
Ehren zu widmen.
Die
Zeitfrage ist kurz zu beantworten. Ich bin mit der Kommission natürlich in
Kontakt. Deren Mitglieder bemühen sich sehr, die Recherchen abzuschließen. Ich
sage Ihnen – ich sage das aber mit aller Vorsicht, weil es mir darum geht, dass
die Arbeit gründlich gemacht wird und ich von den Beteiligten weiß, dass
niemand jetzt auf Zeit setzt oder etwas unnötig verzögert –, ich erhoffe mir
doch binnen Jahresfrist Ergebnisse. Ich meine aber, dass man natürlich trotzdem
berücksichtigen muss, dass man, wenn Notwendigkeiten nach weiteren Recherchen
auftauchen, diese erfüllt.
Wir sind
mit der Kommission so verblieben, dass ich natürlich immer wieder nachfrage –
ich gebe auch gerne hier im Gemeinderat Auskunft über den Stand der Arbeit –,
dass diese Arbeit möglichst zügig, aber natürlich möglichst genau gemacht werden
soll. Ich glaube, dass die Kommission momentan in ihren Überlegungen an einen
Abschluss innerhalb Jahresfrist denkt, vielleicht sogar etwas früher, aber da
bin ich sehr vorsichtig, denn da muss genügend Zeit sein, das
auszurecherchieren.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Danke. Somit ist die 2. Anfrage beantwortet.
Wir kommen zur 3. Anfrage (FSP/00363/2004/0001-KVP/GM). Sie
ist von Herrn GR Walter Strobl an den Herrn Bürgermeister gerichtet: Was
halten Sie von dem Vorschlag von SPÖ-Bundesvorsitzendem Alfred Gusenbauer, für
Zuwandererkinder einen verpflichtenden Besuch des Kindergartens vorzusehen?
Ich bitte um Beantwortung.
Bgm Dr Michael Häupl: Sehr geehrter
Herr Gemeinderat!
Ich weiß zwar einmal mehr nicht ganz genau, was
Aussagen eines Oppositionspolitikers im österreichischen Nationalrat mit der
Verwaltungsrealität dieser Stadt und mit den Aufgaben des Gemeinderates zu tun
haben. Aber das sei dahingestellt. Ich nehme das so zur Kenntnis.
Ich habe die Aussagen des Bundesparteivorsitzenden der
SPÖ so verstanden, dass er einen Vorschlag als Konsequenz auf die Erkenntnisse
der Pisa-Studie gemacht hat,
nämlich Sprachförderung zu machen für die Kinder im Vorschulalter, also für das
letzte Kindergartenjahr könnte man genauso sagen. Es ist ein Vorschlag, von dem
ich meine, dass er durchaus diskussionswürdig ist – gerade auch in Reaktion auf
die Pisa-Studie.
Selbstverständlich ist es eine wesentliche Voraussetzung, dass es für alle
Kinder gilt.
Ich persönlich kann dem auch noch einen ganz netten Nebenaspekt
abgewinnen, denn wenn für alle Kinder ein derartiger Pflichtunterricht mit
besonderer Förderung des Sprachunterrichtes besteht, dann ist es ganz klar ein
Bestandteil der Schulpflicht und daher vom Bund zu finanzieren. Ich denke, dass
das ein vernünftiger Vorschlag ist.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Die
Zusatzfrage, bitte.
GR Walter Strobl
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Sehr geehrter Herr Bürgermeister!
Ich habe damit gerechnet, dass Sie die Frage dahin
gehend, ob Sie mit der verpflichtenden Bildung, wie es der Herr Gusenbauer
gesagt hat, nämlich im Kindergartenbereich verpflichtend eine Sprachförderung
vorsehen zu wollen oder nicht, nicht unbedingt sehr genau beantworten werden.
Wir haben ja hier in diesem Haus schon mehrmals den Antrag eingebracht, das in
diesem letzten Kindergartenjahr vorzusehen. Daher waren wir gar nicht
unglücklich, dass der SPÖ-Vorsitzende das Problem, wie es sich in Wien ja
durchaus stellt, erkannt hat, und sind daher gerne auf dieses Problem
draufgegangen, dass wir hier in Wien einen hohen Bedarf an Sprachförderung
hätten.
Wie Sie wissen, gibt es in vielen Bezirken gerade im
Volksschulbereich einen Ausländeranteil, der über 40 Prozent ausmacht, und
daher gibt es Klassen, in denen mehr als 50 Prozent außerordentliche
Schüler sind. (VBgmin Grete Laska: Wie
viele Klassen gibt es da? Kannst du die Zahl benennen mit 50 Prozent
außerordentlichen Schülern?) Das heißt, wir haben hier schon mehrmals den
Antrag eingebracht, das letzte Kindergartenjahr gratis anzubieten, um diese
Sprachhemmnisse zu überwinden und diese Sprachförderung sicherzustellen.
Ich darf Sie fragen: Warum haben Sie das bisher immer
abgelehnt?
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer:
Bitte.
Bgm Dr Michael Häupl: Das ist einfach zu beantworten. Erstens
bin ich der Auffassung, auch sehr persönlich der Auffassung, dass
Sprachdefizite nicht auf Ausländerkinder, wenn man das so pauschalierend sagen
kann, beschränkt sind – zu meinem Bedauern. Es gibt eine ganze Menge
Ausländerkinder, die der deutschen Sprache ganz außerordentlich gut mächtig
sind, und es gibt eine ganze Menge Inländerkinder, wenn man das so sagen kann,
die durchaus einen Bedarf hätten, ausgebildet zu werden. Daher meine ich, dass
es durchaus für alle zu gelten hat, wenn man so etwas in Überlegung stellt.
Und dann sage ich zum Zweiten
auch, dass Sie sich auf der falschen Ebene befinden. Denn wenn man eine
verpflichtende Ausbildung im letzten Kindergartenjahr macht, dann ist das
Schulpflicht und dann haben Sie alle Möglichkeiten, das auf der Bundesebene
entsprechend einzubringen und die Finanzierung dafür sicherzustellen.
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