Gemeinderat,
39. Sitzung vom 30.01.2004, Wörtliches Protokoll - Seite 6 von 64
Ellensohn gestellt hat, zu sehen – im Hinblick auf die Sportstätten, deren Erhaltung und Betreibung auch darauf geeinigt, ein gemeinsames Konzept auf der Basis gemeinsamer Kostenermittlung zu entwickeln und dann sicherzustellen, dass die Dachverbände die Sportplätze, die sie selbst betreiben, aber auch die Vereine die von ihnen betriebenen Sportanlagen von den Kosten her so gestalten, dass wir hier in einer sehr engen Kooperation vorgehen können.
Wir haben – ich nehme an, dass der Herr GR Strobl in
der Zwischenzeit auch davon informiert ist – auch schon einen nächsten Termin
in der zweiten Februarhälfte vereinbart, sodass das, was manchmal versucht
wurde herbeizureden, nämlich ein Gegeneinander der Dachverbände mit der
Sportpolitik dieser Stadt, nun tatsächlich nicht mehr passieren kann, denn alle
haben versichert, dass sie an einer engen Kooperation interessiert sind. Und
das ist auch gut so, weil ganz in meinem Sinne.
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Ich danke schön. Somit ist die 1. Anfrage
beantwortet.
Wir kommen zur 2. Anfrage (FSP/00360/2004/0001-KGR/GM).
Sie ist von GR Ellensohn an den Herrn amtsf StR Mailath-Pokorny gerichtet: Im
letzten Jahr richtete die Stadt Wien eine Historikerkommission unter der Leitung
von Dr Kurt Scholz ein, deren Aufgabe es ist, Ehrungen, wie Ehrengräber und
Straßen- oder Gebäudebenennungen, die in der Zeit des nationalsozialistischen
Regimes verliehen wurden, auf ihre Berechtigung in der Zweiten Republik zu
untersuchen. Welche Ehrungen für welche Personen, verliehen in den Jahren
zwischen 1938 und 1945, werden von der Kommission untersucht und wann wird
das Ergebnis der Kommission publiziert?
Bitte.
Amtsf StR Dr Andreas Mailath-Pokorny: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Sehr geehrter Gemeinderat!
Zu Ihrer Frage bezüglich der Arbeit der
Historikerkommission, die die Ehrengräber untersuchen soll – ich wiederhole das
immer, denn es gibt auch Zuschauerinnen und Zuschauer, die nicht wissen, worauf
ich eigentlich antworte –, möchte ich Ihnen Folgendes mitteilen:
Im Oktober 2003 wurde, basierend auf Beschlüssen des
Wiener Gemeinderates, eine Kommission unabhängiger Fachleute eingesetzt, deren
Aufgabe eine wissenschaftliche Überprüfung der in den Jahren 1938 bis 1945
erfolgten Widmungen von Ehrengräbern durch die nationalsozialistische
Stadtverwaltung ist.
Zur Einsetzung dieser Kommission wurden die nötigen
Veranlassungen von mir getroffen. Sie wissen, sie steht unter Leitung von Dr
Scholz. Weitere Mitglieder sind Prof Rauchensteiner, Prof Neugebauer und
zahlreiche Beamte, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt Wien aus den
verschiedensten Bereichen, die kompetent sind, hier zuzuarbeiten und
mitzuarbeiten.
Im Verlauf der ersten Recherchen ergab sich jedoch
die Notwendigkeit und auch der Wunsch, auch die ehrenhalber gewidmeten
Grabstätten in die Aufgabenstellung der Untersuchung einzubeziehen, also nicht
nur die unmittelbaren Ehrengräber, sondern auch die ehrenhalber gewidmeten.
Dies bedeutet eine wesentliche Erweiterung der Aufgabenstellung der Kommission.
Die Kommission prüft zum gegenwärtigen Zeitpunkt
13 Ehrengräber, die Zahl der in der NS-Zeit gewidmeten Grabstellen beläuft
sich laut Mitteilung der Magistratsabteilung 43, Städtische Friedhöfe, auf
69. Für die Tätigkeit der Kommission bedeutet dies, insgesamt 82 Biographien zu
prüfen und zu behandeln. Es ist daher klar, dass erst nach Abschluss der
umfangreichen Recherchen, Arbeiten und Prüfungen mit einem fundierten Ergebnis,
mit einem Ergebnis, aus dem man dann auch nötige Schlüsse ziehen kann,
gerechnet werden kann.
Sehr geehrter Herr Gemeinderat! Über die konkrete
Frage hinausgehend benütze ich jedoch gerne die Gelegenheit, den Stand der
Dinge in dieser wichtigen Frage des Umganges mit der Vergangenheit etwas
genauer zu beleuchten, damit der Gemeinderat auch über den Fortschritt im
Einzelnen die nötigen Informationen erhält.
Im Rahmen der Überprüfung von Widmungen zur NS-Zeit
hat der Verfassungsdienst der Magistratsdirektion der Stadt Wien am 7. November
des Vorjahres ein Rechtsgutachten vorgelegt, in dem die Frage der
Verbindlichkeit von Rechtsakten der nationalsozialistischen Stadtverwaltung für
die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wiedererstandene demokratische
Verwaltung der Gemeinde Wien überprüft wurde. Dieses Gutachten kommt zum
Schluss, dass es sich bei den Ehrengrabwidmungen der NS-Zeit – ich zitiere –
"um einen individuellen Akt eines Organwalters des Deutschen Reichs"
– Zitatende – gehandelt habe, der – Zitat – "einer gesonderten Überleitung"
– Zitatende – bedurft hätte, um dem Bestand der österreichischen Rechtsordnung
anzugehören. Da diese notwendige Rechtsüberleitung im Falle der
Ehrengrabwidmungen der NS-Zeit ausgeblieben ist, bedeutet das – Zitat –,
"dass die Ehrengrabwidmungen aus der NS-Zeit nicht mehr verbindlich sind,
da keine explizite Überleitung erfolgte." – Zitatende.
Also ich wiederhole: Es sind damit die Widmungen für
alle Ehrengräber für nichtig erklärt worden. Wir haben darüber ja auch im
Gemeinderat schon diskutiert und haben diesen Beschluss auch bekräftigt.
Für die Kommission bedeutete dieses Gutachten: Zu
untersuchen war nicht mehr eine eventuelle Aberkennung von Ehrengräbern,
sondern die Frage, welche Personen auch nach den heutigen Kriterien der Wiener
Stadtverwaltung vermutlich für ein Ehrengrab beziehungsweise eine ehrenhalber
gewidmete Grabstelle in Frage kämen. Also die Fragestellung der Kommission ist
– noch einmal – nicht mehr die Aberkennung, sondern es ist gewissermaßen eine
Anerkennung für den Fall, dass eine solche Widmung angebracht wäre.
Die Kommission führt derzeit unter
Einbeziehung ausländischer Institutionen umfangreiche biografische Recherchen
durch. Neben den Archivbeständen des Wiener Stadt- und Landesarchivs und der
Wiener Stadt- und Landesbibliothek werden dabei auch jene des
Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes,
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