Gemeinderat,
32. Sitzung vom 24.09.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 13 von 63
Stadt,
Sie sind die oberste Gesundheitspolitikerin und diesen Unterschied haben Sie
leider in letzten Jahren nicht treffen können und Sie glauben, Sie können Ihr Unternehmen
Krankenanstaltenverbund in irgendeine Babyklappe werfen, dahinter wird schon
ein Wärmebett sein und irgendwer wird es schon herausholen und sich darum
kümmern. Diese Babyklappe für den Krankenanstaltenverbund, Frau Stadträtin, ist
noch nicht erfunden.
Sie
müssen sich einfach selber kümmern, und das tun Sie nicht. Daher, Frau
Stadträtin, ist es hoch an der Zeit, dass Sie aus dem Lainz-Skandal und aus dem
AKH-Skandal die Konsequenzen ziehen und zurücktreten. Dankeschön. (Beifall
bei den GRÜNEN und der ÖVP.)
Vorsitzender
GR Rudolf Hundstorfer: So, als nächster Redner zum Wort gemeldet
ist Herr Dr Tschirf. Die Redezeit beträgt ebenfalls 40 Minuten.
Bitte!
GR
Dr Matthias Tschirf (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Herr Vorsitzender! Frau Stadträtin! Herr Bürgermeister!
Das,
was uns eigentlich am Anfang hier erschüttert hat war, dass wir kein Wort
hinsichtlich der Opfer gehört haben, aber sofort den Satz “Der Bund ist
schuld“.
(GRin Mag Sonja Wehsely: Dass nicht kann sein, was nicht sein darf!) Meine sehr
geehrten Damen und Herren, (GRin Helga Klier: Meinen Sie die Caritas?) ich
wäre an Ihrer Stelle jetzt nicht laut, sondern ich würde zuhören. Zuhören zu
dem, was eigentlich Anlass dieser Sitzung ist, Anlass, dass wir als Wiener
Volkspartei diese Sitzung beantragt haben. Es geht um die gravierenden
Missstände in den städtischen Pflegeheimen, die aufgedeckt wurden. Noch einmal,
es ist beschämend, wenn Sie hier von etwas ablenken wollen und sich nicht mit
dem beschäftigen, was eigentlich hier in dieser Stadt diskutiert wird.
Missstände,
die Menschen betreffen, Menschen, die hilflos und alt sind, Menschen, die
behindert sind. Sie sind städtischen Einrichtungen anvertraut und sollten
eigentlich auch darauf vertrauen können, dass sie dort entsprechend gut
behandelt werden.
Meine
sehr geehrten Damen und Herren, diese Sondersitzung des Gemeinderats soll vor
allem dazu dienen, dass die Missstände publik werden, dass alles, was an
Prüfung unterlassen wurde, aufgedeckt wird und dass es gewisse Dinge in der
Zukunft nicht mehr geben sollte. (Beifall bei der ÖVP.)
An
dieser Stelle auch vorweg eine Klarstellung: Die Wiener Volkspartei will kein
Tribunal über das Pflegepersonal, sondern das Gegenteil ist der Fall. Wir
wissen, wie schwer die Aufgabe ist, die sie zu leisten haben. Wir wissen, wie
schwer es ist, Zwölfstunden-Tage zu haben. Wir wissen, wie schwer es ist,
schlechte Arbeitsbedingungen zu haben. (GR Kurt Wagner ein Schriftstück in
die Höhe haltend: Was soll dann die Aussendung von Ihnen, das ist ein Beweis
Eurer Politik in dieser Causa!) Wir wissen, wie schwer es ist, wenn man
nicht die entsprechende Unterstützung von oben hat. Wir wissen, wie schwer es
ist, wenn das Sozialprestige kein höheres ist.
Wir
wissen, dass ein Großteil des Pflegepersonals die Arbeit vorzüglich macht.
Woran es aber mangelt, ist das System, das Arbeitsklima, die fehlenden
finanziellen und räumlichen Voraussetzungen. Daran mangelt es, und hier ist
unsere Kritik, hier wird unsere Kritik angebracht.
Meine
sehr geehrten Damen und Herren, es geht um die politische Verantwortung für die
Vorfälle, die ja nicht vom Himmel gefallen sind. Die Schwere der Vorfälle und
das Versagen der Wiener Stadtpolitik lässt sich sicherlich an nichts besser
dokumentieren, als dass alle drei Oppositionsparteien hier um der Sache willen
gemeinsam einen Untersuchungsausschuss einrichten und gemeinsam auch den
Rücktritt der Frau Stadträtin verlangen.
Herr
Bürgermeister, Sie sind eigentlich jetzt gefordert, Herr Bürgermeister, dass
sollte Ihnen zu Denken geben. Der Pflegeskandal hat eine lange Geschichte. Sie
beginnt letztlich bei den Toten von Lainz und bei all dem, was damals vor
vielen Jahren beschworen worden ist. Manches ist umgesetzt worden, aber leider
einiges nicht, einiges, was uns heute abgeht.
Meine
sehr geehrten Damen und Herren, dass sich an den Zuständen in den
Pflegestationen der Stadt Wien zu wenig geändert hat, zeigen eigentlich die
Anrufe, die meine Kollegin Ingrid Korosec in den letzten Wochen bekommen hat.
Hier sind auch viele Anrufe des Pflegepersonals dabei und ich höre, dass das
auch in den anderen beiden Oppositionsparteien der Fall ist, dass sich die
Leute bewusst an eine Oppositionspartei wenden, weil sie hier den Eindruck
haben, dass hier nichts Obrigkeitsstaatliches, nichts von oben Verordnetes ist,
sondern dass sie mit ihren Problemen direkt an Leute herantreten, denen es um
die Lösung geht. (Beifall bei der ÖVP.)
Wir
haben es mit einem System zu tun, einem unübersichtlichen Moloch, der längst ein
Eigenleben entwickelt hat, der KAV. Hier funktioniert offensichtlich weder das
Dienstaufsichtswesen, noch das Beschwerdewesen, sonst wäre es nicht möglich,
dass Vieles so verzögert erst herausgekommen ist. Meine Damen und Herren von
der SPÖ, Frau Stadträtin, es ist Ihr Verschulden, es ist das Verschulden auch
der SPÖ, es ist das Verschulden der Stadtregierung, dass nicht rechtzeitig
gehandelt worden ist.
Meine
sehr geehrten Damen und Herren, was wäre zu erwarten gewesen, spätestens seit
dem die Berichte vorliegen, die Berichte, die von Ihnen in Auftrag gegeben
worden sind? Dass hier gehandelt worden wäre! Leider ist es erst durch das
Aufdecken von Zeitungen - den Medien sei hier gedankt - möglich gewesen, dass
das alles in aller Öffentlichkeit diskutiert wird. Wir wissen, dass sich in den
letzten Jahren die demographische Entwicklung verändert, dass wir einfach viel
mehr alte Menschen haben und viel mehr alte Menschen bekommen. Jeder von uns
ist auch immer wieder in der Situation, damit zu tun zu haben und weiß, was das
heißt. Das heißt, diese Fragen kommen weder überfallsartig noch unerwartet. Es
ist zu lange zu wenig geschehen.
Herr Bürgermeister, Frau Stadträtin, der Pflegeheimskandal ist in einem städtischen Heim passiert. Das hat
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular