Gemeinderat,
25. Sitzung vom 06.03.2003, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 91
nimmt. Das ist halt noch immer ein Bereich, über den man
nicht so leicht spricht. Wenn jemand psychische Probleme hat, dann schiebt man
das gerne beiseite. Da redet man nicht so gerne darüber. Das ist aber etwas,
was wir offensiv in Angriff nehmen sollten, weil eben die Probleme im
psychosozialen Bereich immer größer werden und auf Grund der Vernachlässigung
sicherlich auch noch ein großer Nachholbedarf gegeben ist.
Wir haben in der Europäischen Union insgesamt
37 Millionen Menschen mit Behinderungen. In Österreich ist es so, dass wir
zur Lösung der Probleme, die wir in diesem Bereich haben, viel gemacht haben,
auch auf Bundesebene – das möchte ich schon noch festhalten –, weil die Behinderten-Milliarde
zielgerichtet natürlich schon einiges bewirkt hat. Es sind insgesamt
73 Millionen EUR investiert worden in diesem Bereich, was die
Beschäftigungsoffensive betrifft. Es haben 7 000 bis
8 000 behinderte Menschen davon profitiert (GRin Erika Stubenvoll: Und werden auch weiter davon profitieren!),
denn sie sind auf Grund dieser Beschäftigungs-offensive der Bundesregierung in
einen Arbeitsprozess hineingekommen. Es ist im Bereich der Barrierefreiheit auf
Bundesebene einiges passiert.
Da wäre es wichtig, dass wir in der Baugesetznovelle
auch wirklich darangingen, Verpflichtungen festzumachen, die aber auch
sanktioniert werden, wenn man ihnen nicht nachkommt. Wir diskutieren das ja
auch seit Jahren. Wir wissen, dass es hier unterschiedliche Ansichten gibt,
aber ich meine, wenn ein Gesetz verändert, dann sollte dieses Gesetz auch
Sanktionsmaßnahmen beinhalten, um die Bauherren auch wirklich dementsprechend
unter Druck zu setzen, damit sie den Verpflichtungen nachkommen.
Wir haben von Seiten der Bundesregierung
Qualitätskreterin im Tourismus für behinderte und ältere Menschen erarbeitet,
weil das ja auch ein wichtiger Bereich ist. Es wollen ja auch behinderte
Menschen Urlaub machen, und sie haben ein Anrecht auf Urlaub und Erholung. Auch
in diesem Bereich ist einiges passiert.
Es ist im Bereich der Sensibilisierung einiges
passiert. Ich war unlängst bei einer Pressekonferenz beim ORF, die mir wirklich
gefallen hat und wo ich auch ausdrücklich und ausnahmsweise einmal ein Lob
gegenüber den ORF spenden muss. In diesem Jahr werden nämlich wirklich viele
Sendungen über den Äther gehen, womit man zusätzlich für eine Sensibilisierung
sorgen wird. Das wird aber nicht nur im Jahr der behinderten Menschen gemacht,
sondern ist auch in der Vergangenheit schon gemacht worden. Aber natürlich
bietet gerade dieses Jahr die Chance, dass man über Kommunen hinweg beobachten
und neue, interessante Erfahrungen machen kann. Wir können von anderen Ländern
innerhalb der EU etwas lernen und übernehmen. So gesehen ist dieses Jahr ein
positives Jahr, das wir alle positiv nützen sollten, aber bitte nicht für ein
politisches Hickhack. (Beifall bei der
FPÖ.)
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächste Rednerein ist Frau GRin Jerusalem
gemeldet.
GRin Susanne Jerusalem (Grüner Klub im Rathaus): Meine sehr
verehrten Damen und Herren! Wir begrüßen das "Europäische Jahr der
Menschen mit Behinderungen 2003" selbstverständlich, ich möchte aber
inständig darauf hinweisen: Von so einem Jahr der Menschen mit Behinderungen
kann niemand abbeißen, das muss ja gefüllt werden mit Leben, das braucht
Maßnahmen, und das braucht vor allem auch Maßnahmen in Wien.
Wenn nun Frau Prof Stubenvoll, deren Arbeit in der
Behindertenkommission ich sehr schätze und von der ich auch weiß, wie engagiert
sie in dieser Sache ist, darauf hinweist, dass der Bund noch kein
Behindertengleichstellungsgesetzt zusammengebracht hat und dass wir – Sie
wissen, was kommt – natürlich die Bundesregierung daran messen werden, so werden
wir aber auch Wien daran messen, ob das Wiener Behindertengleichstellungsgesetz
wie versprochen im Jahr 2003 im Wiener Landtag beschlossen wird.
Und jetzt darf ich an dieser Stelle anmerken: Ich bin
etwas skeptisch. Denn es gab den Bericht "Behindertengleichstellung in
Wien" – Frau Professor, Sie kennen ihn, Sie seufzen schon und halten sich
die Augen zu; zu Recht natürlich –, und in diesem
Behindertengleichstellungsbericht über Wien steht vieles drinnen, was die
Mitglieder hier wissen sollten. Da gibt es ja seitenweise – seitenweise! –
Vorschläge, welche diskriminierenden Maßnahmen aus Wiener Gesetzen entfernt
werden sollen. Seite 1, Seite 2, Bauordnung, barrierefrei machen. (GRin Erika Stubenvoll: Das habe ich
erwähnt!) Sie loben Herrn StR Faymann, aber es war ja doch seine Abteilung,
die die Vorschläge zurückgewiesen und wieder umgeschrieben hat. Da gibt es noch
ein dritte und eine vierte Seite. Lauter Dinge, die in Wien unerledigt sind!
Dieser Bericht ging im Dezember 2002 an den
Herrn Bürgermeister, und der Herr Bürgermeister – schade, dass er nicht da
ist ... (GRin Erika Stubenvoll:
Nicht im Dezember!) Später als im Dezember? Ja, aber wir haben jetzt März,
denke ich, und es kam keine Antwort vom Herrn Bürgermeister. Also vielleicht
kommt jetzt demnächst eine.
Dann gab es den Bericht "Rahmenbedingungen für
persönliche Assistenz". Da ist auch noch keine Antwort eingelangt.
Und wenn wir schon groß reden über dieses UNO-Jahr,
das diesen Menschen zugute kommen soll, dann muss man in Wien auch Signale setzen,
aber nicht nur, indem man in einer Aktuellen Stunde darüber spricht, was Wien
alles bietet, sondern indem Wien auch klar zeigt, was es zu tun gedenkt. Also
bitte handeln und nicht nur reden!
Ein Letztes möchte ich noch sagen zu gehörlosen Menschen. Es
leben in Österreich zirka 8 000 gehörlose Menschen, die massiv
diskriminiert sind. Sowohl die UNO als auch die EU sagen, gehörlose Menschen
haben ein Recht auf ihre Sprache, und das ist die Gebärdensprache. Wir sehen es
ja hier. (Die Rednerin weist auf die
anwesende Gebärdendolmetscherin und den anwesenden Gebärdendolmetscher.)
Sie haben ein Recht auf diese Sprache, nur in Österreich haben sie
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