Gemeinderat,
22. Sitzung vom 12.12.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 44 von 93
behaupten da ganz kühn, das geplante Gesetz sei verfassungswidrig,
widersprüchlich, unsachlich und undemokratisch. Alle vier Vorwürfe sind absurd,
und deshalb möchte ich heute schon einige Worte dazu sagen, morgen werden wir
ausführlich dazu sprechen.
Verfassungswidrig: Wir haben
eindeutige Stellungnahmen der bestqualifizierten Rathausjuristinnen und -juristen
gehabt, aber auch vom höchst renommierten Univ Prof Dr Heinz Mayer, der ein
Gutachten abgegeben hat, aus dem hervorgeht, dass unser Vorschlag eindeutig der
Bundesverfassung entspricht. Wir haben dann sogar noch eine Modifizierung in
Bezug auf das passive Wahlrecht vorgenommen, was den Bezirksvorsteher, dessen
Stellvertreter und den Bauausschuss betrifft, weil sich das durch
wissenschaftliche Stellungnahmen eben so ergeben hat.
Da hakt jetzt Kollege Ulm ein, und
diese Argumentation finde ich wirklich unfair, dass man einerseits sagt, es soll
überhaupt kein Ausländerwahlrecht geben, das darf es nicht geben ... (GR Dr
Wolfgang Ulm: Das werden wir Ihnen morgen erklären!) Ja, aber ihr habt
heute die Aussendung gemacht und ihr wollt morgen schon in der Zeitung sein. Da
haben wir auch das Recht, etwas dazu zu sagen, sonst wäre das keine
Waffengleichheit, wie man so sagt. Also, deshalb einige Worte.
Es ist unfair, einerseits
überhaupt gegen das Ausländerwahlrecht zu sein, andererseits aber zu sagen, es
ist zu wenig und es ist schlecht, wenn die Bauausschüsse, die Bezirksvorsteher
und die Bezirksvorsteher-StellvertreterInnen nur Inländern vorbehalten sind.
Das ergibt sich - ich sage: leider - aus der Bundesverfassung. Doch das könnte
man leicht ändern, denn das könnte eine Zweidrittelmehrheit im Bundesparlament
abändern. Und dazu lade ich sehr herzlich ein, denn dann haben wir diese
Ausnahmen nicht mehr, Kollege Ulm. Da nehme ich dich beim Wort, nur passt dann
die ganze andere Argumentation nicht mehr zusammen, zum Beispiel, wir hätten es
"durchgepeitscht".
Wir haben eine außerordentlich
faire und lange Debatte im Unterausschuss gehabt. Das haben, glaube ich, sogar
die KollegInnen von der FPÖ bestätigt, dass wir dort sehr fair und sachlich
diskutiert haben. Jetzt herzugehen und zu sagen, wir hätten das
durchgepeitscht, ist einfach tatsachenwidrig und zurückzuweisen. (Beifall
bei der SPÖ.)
Die Experten für
Migrantenwahlrecht Homole und Tiller führen auch noch aus, dass durch die
Herabsetzung des Wahlalters auf 16 Jahre der Wahlkampf angeblich in die Schulen
kommt. Im Schulunterrichtsgesetz - das haben wir auch schon 100-mal gesagt -
ist alles ganz klar festgelegt. Da kann es keine Erscheinungsformen geben, wie
sie hier immer in den Raum gestellt werden, und deshalb sind diese Sachen auch
zurückzuweisen. - Alles andere wirklich morgen.
Aber ich möchte dem
Integrationsfonds auch in diesem Zusammenhang danken. Durch seine ausgezeichnete
Arbeit seit über zehn Jahren haben wir in Wien bei den Wienerinnen und Wienern
ein Bewusstsein schaffen können, sodass wirklich die klare Mehrheit der Wienerinnen
und Wiener dieses Migrantenwahlrecht auf Bezirksebene befürwortet. Dafür danke
ich auch dem Integrationsfonds, denn hier hat er mitgewirkt. (GR Gerhard
Pfeiffer: Wo haben Sie das her? Woher wissen Sie das?) Das weiß ich
beispielsweise deshalb, weil wir das im Wahlprogramm für die Gemeinderatswahl
gehabt haben. Und wie die ausgegangen ist, wissen Sie auch.
Abschließend möchte ich noch
sagen, dass wir in Wien eine multikulturelle Gesellschaft haben, dass wir das
als Bereicherung betrachten, dass wir versuchen, Probleme, die es mitunter auch
gibt, sinnvoll zu lösen, dass es in Wien ein friedliches und kreatives
Miteinander gibt, weiterhin geben wird und dass der Integrationsfonds seinen
Anteil daran hat. Und dafür noch einmal herzlichen Dank. (Beifall bei der
SPÖ.)
Vorsitzende GRin Mag Heidemarie Unterreiner:
Frau GRin Jerusalem hat sich noch einmal zu Wort gemeldet. Sie hat noch
7 Minuten Restredezeit.
GRin Susanne Jerusalem
(Grüner Klub im Rathaus): Meine Damen und Herren!
Ich kann es ja ganz kurz machen,
aber bezüglich der Sache mit dem Herrn Seitner als Leiter des Integrationsfonds
möchte ich das nicht im Raum stehen lassen, was jetzt Herr GR Stürzenbecher
gesagt hat. Bevor nämlich noch überhaupt alle Bewerbungen eingetrudelt waren,
wo man noch gar nicht einmal gewusst hat, wer aller sich beworben hat, hat man
schon gewusst: Seitner wird es. (GR Godwin Schuster: Das ist unrichtig!)
Schon zu diesem Zeitpunkt haben es doch die Spatzen von den Dächern gepfiffen.
(GR Godwin Schuster: Das ist total unrichtig!) Okay. Gut, ich sage, das ist
so, und Sie sagen, nein. Gut. Machen wir weiter. Vielleicht können wir uns auf
irgendeinen Punkt einigen. (GR Dr Kurt Stürzenbecher: Machen Sie lieber
nicht weiter!)
Dann gab es diese berühmte
Personalberatungsfirma, die Seitner durchaus gelobt hat und wo es dann drei
Bewerberinnen und Bewerber in der engeren Auswahl gab, plus einem, der dann
noch dazukam, also vier. Und da gab es dann ein Hearing. Das wird ja niemand
leugnen, dass es dieses Hearing gegeben hat, bei diesem Hearing waren wir ja
alle dabei und der Mensch von der Personalberatungsfirma auch. Ich sage jetzt
nicht, die Personalberatungsfirma hat einen Auftrag gehabt, den Herrn Seitner
zu finden. Das behaupte ich nicht, weil ich es nicht weiß, aber die Idee dazu
ist mir schon gekommen, weil mir das so ähnlich vorgekommen ist wie: Jemand
gibt eine Studie in Auftrag und am Schluss kommt bei so einer Studie immer
heraus, was der Auftraggeber gerne hören will. Das kennen wir.
Bei diesem Hearing gab es eine - ich sage es ungern, aber im
Grunde genommen war es so - desaströse Performance des Herrn Seitner. Der wäre
das nie geworden vor einer unabhängigen Jury. Er war wirklich nicht gut. Jetzt
kann man immer noch sagen, jemand hat einen schlechten Tag. Den haben wir alle
irgendwann einmal. Da hat man halt einen schlechten Tag und ist irgendwann
einmal nicht so gut wie vielleicht sonst. Dazu muss man aber sagen, andere
Bewerberinnen und Be-werber waren sehr wohl sehr gut dort, und mein Eindruck
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