Gemeinderat,
21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 105 von 122
"Weil der Mensch zahlt!" – dieses Motto schlägt
sich auch in diesem Budget nieder. So ergeben sich beispielsweise im
Budgetbereich unserer Geschäftsgruppe, wie es hier erfreulicherweise endlich
auch einmal ganz offen geschrieben steht, bei den Einnahmen aus den Leistungen
Einnahmensteigerungen in der Größenordnung von 5 Prozent; explizit werden
hier die Kindertagesheime hervorgehoben. - Ich darf daran erinnern: Als es
darum ging, diesen Beschluss in diesem Haus zu fassen, den die Sozialdemokraten
hier im Alleingang getroffen haben, hat man uns noch erklärt, das sei quasi
aufkommensneutral, also das Geld, das man den einen mehr wegnimmt, käme an
Leistungen den anderen zugute. Jetzt sehen wir hier auf Punkt und Beistrich genau:
Es ist eine zusätzliche Einnahme, die man dem Budget zuführt. - Es ist dies
eine Politik, die durchaus der Linie sozialdemokratischer Budgetpolitik
entspricht: den Bürgern immer mehr und mehr abzuverlangen, ohne gleichzeitig adäquate
Leistungen zu erbringen.
Was verstehe ich unter adäquaten Leistungen? - Die
Frau Vizebürgermeisterin tut uns das heute in der "Kronen Zeitung"
kund, die ja so etwas wie ein amtliches Publikationsorgan der Stadt Wien ist (Ironische
Heiterkeit der GRe Johann Driemer und Barbara Novak. - GR Johann Driemer: Das
ist wirklich etwas Neues!), indem sie darin schreibt oder schreiben lässt:
"Binnen eines Jahres 1 000 Arbeitslose mehr" alleine
"in Wien-Favoriten!" - Ich glaube, dass das alles andere als ein
Leistungsnachweis ist, sondern eher ein Drama!
Und dann ist interessant zu lesen, welche Antworten
es darauf gibt. Es geht ja nicht nur um die Arbeitslosen in Favoriten, aber um
sie im Speziellen. Die Antwort darauf ist - und das passt sehr gut auch zu der
gesamten Budgetdebatte -: "Nächstes Jahr werden drei weitere Sozialzentren
eröffnet, und spezielle 'Case Manager' sollen in Not geratene Mitbürger ganz
persönlich betreuen."
Nun, diese Betreuung in Ehren, aber uns das alleine
am Tag der Budgetdebatte als Lösungsansatz zu präsentieren, das halte ich für
zu wenig. Denn was sagt denn das aus? - Es sagt ja nur aus, dass all die wirtschaftspolitischen
Maßnahmen der Stadt Wien offensichtlich nicht greifen, dass die
Wirtschaftsförderung nicht greift. Ich höre hier die ganze Zeit, welch sensationelle
Wirtschaftspolitik wir in Wien haben, wie gut das ist im Gegensatz zur
Bundespolitik. - Nun ja, wenn das so gut wäre, dann würde man sich, würde ich
einmal meinen, nicht damit rühmen, dass die Arbeitslosigkeit in Wien gestiegen
ist, sondern damit, dass die Arbeitslosigkeit in Wien sinkt. Es ist ganz
interessant, dass damit von der Stadtregierung jetzt auch offiziell zugegeben
wird, dass man die Arbeitslosigkeit in Wahrheit nur verwalten, aber nicht bekämpfen
möchte. Das ist ja die wahre Botschaft, die damit zum Ausdruck gebracht wird.
Ich glaube auch, dass wir in politischer Hinsicht vor
einer ganz interessanten Zeit stehen. Es ist ja nicht nur so, dass wir hier die
Budgetsituation in Wien kritisch zu beleuchten haben, sondern es ist heute den
ganzen Tag auch immer wieder um die Frage gegangen: Wie geht es in der Republik
insgesamt weiter? Ich glaube, dass sich die SPÖ bald einer neuen Rhetorik
befleißigen wird müssen, denn dieses Feindbild, das Sie aufgebaut haben, der
Feind oder das Feindbild "Bund", werden Sie, glaube ich, schwer
halten können. Ich glaube, Sie stehen jetzt vor der Situation, dass Sie auch
bei den sich abzeichnenden Regierungsverhandlungen beweisen werden müssen, dass
Sie es besser machen können, dass Sie also all das erfüllen, was Sie auch
fordern. Sie haben versprochen, dass quasi Milch und Honig fließen werden, und
jetzt müssen Sie den Wahrheitsbeweis antreten, zumindest einmal in Form eines
Entwurfs für ein entsprechendes Programm.
Denn was wird passieren? (GR Johann Driemer: Jetzt
kriegt die ÖVP Angst!) - Sie werden von all den Leistungen, die ja auch
unter der FPÖ/ÖVP-Regierung etwa im Sozialbereich eingeführt worden sind,
nichts wegnehmen. Davon bin ich überzeugt, dass Sie davon nichts wegnehmen
werden. Oder, Herr Kollege Driemer? - Ich glaube nicht, dass Sie etwa das
Kinderbetreuungsgeld werden abschaffen wollen. Ich glaube, Sie sind sehr froh,
dass es das gibt. Sie werden die erhöhte Familienbeihilfe genauso wenig
abschaffen. Sie werden also auf all dem, was es an Sozialleistungen und
sozialen Errungenschaften gibt, gerne aufbauen, Sie werden nichts davon
zurücknehmen. Darauf möchte ich fast eine Wette abschließen.
Aber darüber hinaus stehen Sie auch noch vor der
Situation, dass Sie Ihre eigenen Forderungen erfüllen müssen, also zum Beispiel
die Kindergartenmilliarde, die immer wieder genannt wurde. Ich nehme einmal an,
dass das eine zusätzliche Leistung sein wird, wobei ich schon weiß, dass Sie
das immer noch in Schilling berechnet haben, aber es ist trotzdem ein stattlicher
Betrag. Ich bin gespannt, woher Sie das nehmen werden! (GR Dipl Ing Martin
Margulies: Vielleicht gibt es Blau-Schwarz!)
Vermutlich ist die Realität ja eher vom Herrn Dr Androsch
skizziert worden, der gemeinsam mit Ihrem Bundesparteivorsitzenden - dankenswerterweise
noch zwei, drei Tage vor der Wahl, sodass sich die Wähler noch ein bisschen
orientieren und umorientieren konnten - gesagt hat, wie es weitergeht, wenn die
SPÖ regiert: Wenn die SPÖ regiert, wird es zu Reformen kommen, die wehtun, denn
es wird zu einer Anhebung der durchschnittlichen Lebensarbeitszeit kommen und
zu einer verstärkten Gebührenfinanzierung - also Steuererhöhungen und
Abgabenerhöhungen, so wie wir das in Wien in den letzten eineinhalb Jahren,
seitdem die SPÖ wieder mit absoluter Mehrheit regiert, schon erlebt haben. Und
dann würde sich auch all das, was Sie hier immer wieder als den Inbegriff der
sozialen Bösartigkeit darstellen, nämlich die Ambulanzgebühren oder die
Studiengebühren, in einem anderen Licht präsentieren. Denn was sagt Hannes
Androsch dazu? - Er sagt: Die Ambulanz- und Studiengebühren gehören zwar in der
jetzigen Form abgeschafft; anders gestaltet würden sie aber die Akzeptanz in
der Bevölkerung finden. - Das heißt: Es bleibt natürlich! Sie werden davon
überhaupt nichts zurücknehmen. Sie werden dem Ganzen vielleicht einen neuen
Titel
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