Gemeinderat,
21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 103 von 122
erhalten.
Jetzt ist meine Zeit im Wesentlichen um. Was ich Ihnen
sagen wollte, ist: Es gibt viele arme Menschen in dieser Stadt, um die sich
niemand kümmert. Es gibt arme Bevölkerungsgruppen, die zwischen allen Sesseln
sitzen und um die sich niemand kümmert. Ich denke, Wien braucht dringend
zunächst einen Armutsbericht und dann in der Folge Strategien gegen die Armut
und Strategien, die ganz gezielt auf die Problemlösung ganz bestimmter Gruppen
in der Bevölkerung hinwirken.
Darum bitte ich heute, und damit bin ich auch schon
am Schluss meiner Ausführungen. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Günther Reiter: Zum
Wort gemeldet hat sich Herr GR Walter Strobl. Ich erteile es ihm.
GR Walter Strobl (ÖVP-Klub der
Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Frau Vizebürgermeisterin!
Meine Damen und Herren!
Die
Budgetdebatte zeigt sehr klar all das auf, was in den letzten eineinhalb Jahren
von SPÖ-Seite hier sehr deutlich sichtbar stattgefunden hat, nämlich Wahlkampf
von A bis Z, und dass im eigenen Bereich die Hausaufgaben nicht ganz toll
gemacht worden sind. Das wurde jetzt schwarz auf weiß am Papier festgehalten.
Nun, wie
sieht es denn aus: Wir hörten bisher immer vom "Bildungsabbau", der
so furchtbar und grauslich sei und der vor allem auf das Verschulden der
schwarz-blauen Bundesregierung zurückzuführen sei. Wie die Situation
tatsächlich aussieht, das hat sich - Gott sei Dank rechtzeitig, würde ich sagen
- in den letzten Wochen sehr deutlich gezeigt, manches davon schon vor etwas
längerer Zeit. Ich denke dabei etwa an die PISA-Studie. Aber auch, wenn zum
Beispiel Manager weltweit gefragt werden, welches Bildungssystem sie für das
Beste halten, dann steht Österreich gemeinsam mit Finnland an der ersten
Stelle. Wenn wir uns das Lehrer-Schüler-Verhältnis anschauen, dann stellen wir
fest, dass wir im Pflichtschulbereich im OECD-Vergleich einen ganz
fantastischen ersten Platz einnehmen. Wenn wir uns die Bildungsausgaben
ansehen, dann sehen wir, dass wir im Bildungsbereich OECD-weit an der dritten
Stelle liegen. All das sind Daten, die nicht parteipolitisch gefärbt sind,
sondern die Fakten wiedergeben.
Wie sieht
es aber in Wien selbst aus? - Nun, wir haben 1998 einen Schulentwicklungsplan
beschlossen, der bis heute nicht realisiert wurde. Wir haben 1998 ein
Generalsanierungskonzept für die Wiener Pflichtschulen beschlossen, und zwar damals
mit rund 1,4 Milliarden S. Davon ist ein Teil bis heute umgesetzt,
das meiste hingegen noch nicht. Wir haben, wie sich jetzt aus diversen Unterlagen
zeigt, offenbar auch falsche Schätzungen in Bezug darauf angestellt, wie weit
an Pflichtschulen die Notwendigkeit besteht, Generalsanierungen zu tätigen. Das
heißt, wir haben, wenn die Daten, die mir vorliegen, richtig sind, in einzelnen
Bereichen Überschreitungen um das Drei- bis Vierfache. Das rechtfertigt
natürlich auch nicht die Aussage, Wien kümmere sich um die Pflichtschulen, die
sich in seinem Verwaltungsbereich befinden und für deren Erhaltung Wien
zuständig ist. Mitnichten! Wir haben noch immer jede Menge Pflichtschulen, die
in einem - manchmal müsste man es so ausdrücken - erbärmlichen Zustand sind. In
diesem Zusammenhang muss hinzugefügt und mit eingerechnet werden, dass sich
Wien auf Grund der Situation, die sich aus dem Schülerstrom ergibt, 100 bis 120
Pflichtschulen, also Hauptschulen erspart, weil diese Schüler teilweise, wie
wir auf Grund von Drop-out-Raten bis zu 20 Prozent wissen, leider nicht
den geeigneten Schultyp besuchen, aber in einer Bundesschule sitzen. All das
sind Dinge, die man berücksichtigen könnte, wenn man sich sozusagen ein
bisschen mehr um die eigenen Hausaufgaben kümmern würde. Wir halten den Weg,
der hier gegangen wird, für den nicht ganz richtigen Weg.
Ein
weiterer Punkt, an dem ganz deutlich wird, dass in Wien Konzepte nicht sehr
gefragt sind, wurde vom Kollegen Aichinger heute bereits erwähnt: Es fehlt das
Bäder-Konzept. Wir haben vor einem Jahr in einer relativ rasch und kurzfristig
einberufenen Sitzung im Gemeinderatsausschuss einen so genannten
Bäder-Ausschuss einberufen und haben dort besprochen, wie die Situation an den
Wiener Bädern aussieht und wie es weitergehen soll. Es wurden alle Fraktionen
aufgefordert, zu dem vorliegenden Bäderkonzept Stellung zu nehmen. Bis heute,
meine Damen und Herren, gibt es keinen einzigen Hinweis, was damit passiert
ist, nicht ein Wort darüber, welche Absichten das Ressort mit dem Bereich der
MA 44 hat. Aber - und das stellen wir deutlich fest - statt
600 Millionen - ich spreche noch von Schilling - Defizit sind es mittlerweile
800 Millionen! Das heißt, wir wurschteln uns in einem Bereich dahin, in
dem es finanziell vielleicht etwas besser aussehen könnte, wenn man hier
konzeptiver vorginge.
Wir können
ein ähnliches Phänomen im Bereich der Musikschulen beobachten: Es gibt einen großen
Bedarf, und es gibt eine - zugegebenermaßen nie veröffentlichte - Studie zum
Musikschulbereich in Wien. Es gibt jedoch nur vereinzelt konkrete Ansätze für
irgendwelche Umsetzungen, aber keine Zusammenschau, kein Konzept, das sagen
würde, was wir tun, um regionalspezifisch Schwerpunkte tatsächlich auch in
einer Zeitschiene, also konzeptiv anzugehen. Nichts passiert! Das, was passiert
- und das muss man dem Direktor im Bereich der Wiener Musikschulen und im Konservatorium
zugute halten, der seine Sache mit dem wenigen Geld, das er zur Verfügung hat,
sehr gut macht -, ist, dass von diesem Direktor zumindest versucht wird, die
Qualität an den vorhandenen Standorten zu heben.
All das
sind Dinge, die sich in dem heute vorliegenden Budget wieder finden, welches
zeigt, dass die Politik in diesen Bereichen hinten nach ist und sich offenbar
damit begnügt, auf einem Blatt Papier Zahlen zu schreiben.
Aber lassen Sie mich ganz kurz noch ein anderes Problem
darstellen, um zu zeigen, wie sorglos wir auch im Bereich Jugend vorgehen. Noch
unmittelbar vor den Wahlen, vorige Woche, wurde vom Stadtschulrat ganz stolz
das Ergebnis einer Probewahl präsentiert. Diese Probewahl hat angeblich
gezeigt, dass es unter den
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