Gemeinderat,
21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 84 von 122
gewährten Förderungsmittel in der Höhe von
145 000 EUR einspringen muss. Allein im Theaterbereich musste Wien
auf Grund von Bundeskürzungen mit 7,26 Millionen EUR einspringen. Aber
Wien macht's trotzdem möglich! (Beifall
bei der SPÖ.)
Das
Rabenhoftheater konnte in den letzten beiden Jahren den Nestroy-Preis erringen
und ist als innovatives Theater mit unverwechselbarem Profil nicht mehr aus der
Wiener Theaterlandschaft wegzudenken.
Bedenklich stimmt mich jedoch, dass zeitgenössische
Kunst vom Bund nicht mehr gefördert wird und dass anscheinend im Bund auch
Debatten über Kultur unerwünscht sind. Bedenklich stimmten mich die Krawalle
bei der Gustav-Ernst-Aufführung "Die Frau des Kanzlers", aber auch
Reaktionen auf André Hellers Märchen, das er bei der "Nestroy"-Verleihung
an Claus Peymann zu Gehör brachte. Es ist dies ein Umstand, der mich bedenklich
stimmt, denn die Freiheit der Kunst- und Kulturschaffenden ist dadurch in
Gefahr. Es ist traurig, dass wir aus dem Schicksal Nestroys in diesem Falle
nichts gelernt haben. Aber die Sozialdemokratie wird nicht nur den Kampf gegen
Zensur und Verbot führen, sondern auch für die aktive Förderung der Künstler weiter
eintreten. Denn wenn ein Staat und seine Politiker nicht mehr in den Spiegel,
den ihnen die Künstler und Intellektuellen vorhalten, blicken können, dann
können sie auch ihr eigenes wahres Gesicht nicht mehr erkennen, und das ist
schlecht für die Bürger und Bürgerinnen.
Kulturelle Aktivitäten sind ein Lebensmittel für
alle. (GR Dr Matthias Tschirf: Wer hat denn diese Rede geschrieben?) Deshalb
sind auch jene Kulturschaffenden und schöpferisch Tätigen zu fördern, die in
den Bezirken unentgeltlich und ehrenamtlich arbeiten, und daher wird auch für
Basiskultur und basiskulturelle Aktivitäten ein sehr hoher Betrag zur Verfügung
stehen, genauso wie für das Volksbildungswerk, das Volksliedwerk, die Bezirksmuseen
und das Kulturnetz. Wien ist eine lebendige Kulturstadt und Wien macht's
möglich!
Auch die Musikförderung wird im nächsten Jahr nicht
zu kurz kommen. Die Wiener Festivals "Osterklang" und
"Klangbogen" werden auch im Jahr 2003 mit großem künstlerischem
Erfolg und großem Publikumserfolg durchgeführt werden. Zum Abschluss von
"Osterklang 2003" bringt das Radio Symphonieorchester unter Bertrand
de Billy das "Requiem" von Berlioz zur Aufführung. Der Weiterbestand
des Orchesters, eines wirklich außerordentlich wichtigen Klangkörpers in Wien,
ist leider nicht gesichert. Wir appellieren daher auch an den ORF, für den
Fortbestand dieses so wichtigen Orchesters zu sorgen, denn wir sind stolz darauf,
dass wir auch dieses Orchester in Wien haben.
Auch im wissenschaftlichen Bereich gibt es zahlreiche
Förderungen, die international bekannt sind, und es werden 2003 auch die Wiener
Wissenschaftstage zur Präsentation der Wiener Wissenschaftspolitik und ihrer
Forschungseinrichtungen vor einem internationalen Forum durchgeführt.
Nach der Übersiedlung des Stadt- und Landesarchivs,
das nun genug Raum in den Gasometern hat, wird nun auch für die Schaffung von
Raum für die Stadt- und Landesbibliothek gesorgt. Ganz entscheidend ist dabei
der Baubeginn des Depots, wo nicht nur eine Depotfläche, sondern auch
Arbeitsräume, Restaurierung und Buchbinderei untergebracht werden.
Ich möchte an dieser Stelle allen Mitarbeitern in der
MA 7, in der MA 8, in der MA 9 und in den Museen für ihr großes
Engagement danken, vor allem aber auch allen Kulturschaffenden Wiens, die für
dieses vielfältige Kulturleben aufkommen und es gestalten. (Beifall bei der SPÖ.)
Der Stadt
Wien gelingt es mit diesem hohen Kulturbudget, einige Versäumnisse des Bundes
wettzumachen, aber andererseits auch langfristig kulturpolitische Perspektiven
und Investitionen in die Zukunft zu entwickeln. Die Sozialdemokratie in Wien
macht's möglich! (Beifall bei der SPÖ.)
Vorsitzende
GRin Mag Heidemarie Unterreiner: Als nächste Rednerin gelangt Frau GRin
Sommer-Smolik zum Wort. Sie hat noch 8 Minuten und 38 Sekunden Redezeit.
GRin Claudia Sommer-Smolik (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Herr
Stadtrat! Meine Damen und Herren!
Wie schon in der
Rechnungsabschlussdebatte möchte ich auch hier erwähnen, dass sich die
bisherige Debatte wieder nur mit der Kultur beschäftigt hat. Eigentlich hätte
ich mir erwartet, dass in der Debatte zu dieser Geschäftsgruppe auch ein bisschen
etwas - nicht nur ein Satz - zur Wissenschaft in dieser Stadt gesagt wird.
Nicht nur die
EU-Erweiterung wird für diese Stadt eine große Chance bieten, sich als
Wissenschaftsstadt zu positionieren, sondern auch jetzt könnten wir diese
Chance bereits nützen. Ich vermisse in dieser Stadt eine Wissenschaftsstrategie
und eine Antwort auf die Frage: Wo wollen wir hin mit unserer
Wissenschaftspolitik - wenn es eine solche gibt?
Ich glaube nicht, dass es
nur um die Förderung der Wirtschaftsforschung oder der wirtschaftsnahen Forschung
oder um die Stärkung des Wirtschaftsstandorts geht. Natürlich sind auch diese
Bereiche wichtig, aber es muss uns ebenso um die Stärkung und Förderung der
sozial- und kulturwissenschaftlichen Forschung in dieser Stadt gehen. Gerade
wenn wir uns die Arbeitslosenzahlen im AkademikerInnenbereich, die jetzt
bekannt wurden, ansehen, müssen wir feststellen, dass das Ausmaß dramatisch
ist, und es wird sich an dieser Situation wahrscheinlich nichts ändern. Im
Oktober 2002 gab es in Wien 3 091 arbeitslose AkademikerInnen, und diese
kommen vor allem aus dem sozial- und kulturwissenschaftlichen Bereich, aber
auch aus dem wirtschaftswissenschaftlichen Bereich und aus dem Bereich der
Rechtswissenschaft.
Ich glaube, das können wir
nicht einfach hinnehmen, und wir sollten uns überlegen, wie wir dieser
Entwicklung gegensteuern können, denn von Seiten der Bundesregierung, glaube
ich, wird da nicht sehr viel passieren. Ich glaube daher, dass Wien hier
gegensteuern müsste.
Positiv möchte ich anmerken, dass
gerade in diesem
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