Gemeinderat,
21. Sitzung vom 27.11.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 72 von 122
zusammen mit Italien die geringste Erwerbsbeteiligung
Älterer und im heurigen Oktober waren gegenüber dem Vorjahr 32,2 Prozent
mehr Frauen der Altersgruppe zwischen 55 und 60 arbeitslos gemeldet.
Die Politik der Bundesregierung hat auf den Anstieg
der Arbeitslosigkeit gerade bei den über 50-jährigen Frauen überhaupt nicht
reagiert. Ich gebe zu, sie hatte andere Sorgen, zum Beispiel mit der hohen
Lehrlingsarbeitslosigkeit, die ein tragisches Ergebnis einer verfehlten Finanz-
und Wirtschaftspolitik ist und - wie heute schon einmal gesagt wurde - kein
Schönheitsfehler ist.
Dafür haben wir von verschiedenen Regierungsmitgliedern
gehört, dass das Pensionsalter angehoben werden müsste. Bei der Arbeitslosigkeit
und bei der Behandlung von älteren Menschen ist das der reinste Hohn. Und die
verflossene und vielleicht auch künftige - aber Gott behüte - Regierung hat
unter ihren Beamten Frauen bereits ab 55 gezwungen, in Pension zu gehen. Es
kann von Chancengleichheit für ältere Frauen weder in der Politik noch in der
Gesellschaft die Rede sein. Wenn die Erfahrungen, die Kreativität und der
Einsatz von Frauen jeden Alters im öffentlichen und privaten Bereich
angemessene Beachtung finden würden, dann könnten viele Probleme älterer Frauen
vermieden oder zumindest reduziert werden.
Zu allem Überfluss hatte die heutige Generation der
älteren Frauen leider auch nicht die Möglichkeiten und die Chancen schulischer
und beruflicher Bildung und Ausbildung so wie die Männer gleichen Alters. Wenn
ich mehr Redezeit hätte, würde ich Ihnen hier einige Beispiele anführen. Und
ich muss leider auch sagen, nicht in vielen Fällen, sie haben leider auch nicht
das Selbstbewusstsein.
Auch das AMS gibt sich bei der Arbeitslosigkeit von über
50-Jährigen kaum mehr Mühe, irgendwelche Fortbildungs- oder Weiterbildungskurse
anzubieten. Also auch hier könnte ich Ihnen wirklich Beispiele aufzählen, die
haarsträubend sind. Aber ich kann dem AMS nicht einmal einen Vorwurf machen.
Die Erfahrung hat gezeigt, Frauen ab 50 bringen sie einfach nicht unter.
Die älteren Frauen sind von einem überdurchschnittlichen
Risiko der Erwerbslosigkeit und Frühverrentung betroffen. Armut im Alter ist
weiblich. Besonders allein stehende Frauen sind davon betroffen, da sie oft während
ihres Erwerbslebens weniger verdienten durch Kindererziehung, durch Pflege ...
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer (unterbrechend):
Bitte zum Schlusssatz kommen.
GRin Waltraud Cecile Cordon (fortsetzend):
...oh je, und Enkelkinder.
Ja gut, das Nächste möchte ich noch sagen, auch wenn
es um Unternehmensgründung geht.
Es gibt ein Unternehmungsgründungsprogramm für ältere
Frauen. Aber nach einem Jahr Arbeitslosigkeit kann ich mir vorstellen, dass da
kaum Rücklagen möglich sind.
Wir stellen daher den Antrag, dass die Stadt Wien -
und zwar sehe ich das als Chance für Wien und auch für die SPÖ, muss ich schon
sagen - auf Grund der Benachteiligung von älteren Frauen in Politik,
Gesellschaft und Wirtschaft Maßnahmen setzt.
Ja ...
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer (unterbrechend):
Das war jetzt der Schluss.
GRin Waltraud Cecile Cordon (fortsetzend):
Nein, der kommt erst.
Bekanntlich werden wir ...
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer (unterbrechend):
Der Schlusssatz bitte. Frau Cordon, halten wir uns bitte daran.
GRin Waltraud Cecile Cordon (fortsetzend):
... älter als die Männer und wir wehren uns dagegen, zum alten Eisen gezählt zu
werden, denn man wird uns noch dringend brauchen! - Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Als Nächste ist Frau GRin Lakatha zum Wort gemeldet.
Sie hat noch 11 Minuten.
GRin Ingrid Lakatha
(ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien):
Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Frau Stadträtin!
Nach der etwas eigenartigen oder sagen wir blütenreichen
Rede der Frau GRin Tomsik würde ich allen Demokraten empfehlen, ein
demokratisches Wahlergebnis anzuerkennen, ob es sie freut oder nicht, und von
weiteren Wahlreden und sinnlosen Agitationen abzusehen. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich komme aber auch auf den Wahltag zurück, und zwar
nicht mit einer Wahlanalyse, sondern mit einer ganz, ganz herben Kritik.
Die MA 62 und sämtliche Wahlangelegenheiten
fallen in den Kompetenzbereich von Frau StRin Brauner. Das, was sich am Wahltag
abgespielt hat, war sagenhaft: Dass viele Wählerinnen und Wähler diese
Wahlinformation nicht erhalten haben, die sie sonst bekommen, ist vielleicht
ein Pech. Eine gute Begründung, die man nicht anerkennt, aber als Ausrede
gelten lassen kann, ist, dass die Post in Wien nicht funktioniert.
Auffallend allerdings ist, dass bei dieser Mitteilung
Wahlsprengel falsch angegeben waren. Auch das lässt sich noch innerhalb eines
Hauses problemlos erledigen. Was aber ein Gipfel der Schlamperei ist, dass die
Wahllokale zum Teil falsch waren und dass die Bürger und Bürgerinnen den
Wahlort wechseln mussten, was vor allem älteren Menschen wirklich schwer
gefallen ist.
Wie das zustande gekommen ist, weiß ich nicht, aber,
Frau Stadträtin, das ist wirklich eine Forderung an Sie, diese Sachlage zu
klären und auch die Verantwortlichen zur Verantwortung zu führen!
Was noch zu Ihrem Bereich gehört: Es waren Behindertenlokale
- ich kann Ihnen eines im 12. und eines im 11. Bezirk anführen -, die im
2. beziehungsweise 3. Stock untergebracht waren, wo kein Aufzug ist! Es waren
nachweislich im 1. Stock oder ebenerdig Zimmer frei! Das ist eine Ignoranz
gegenüber Menschen mit besonderen Bedürfnissen -, da müssen Sie ganz vehement
einschreiten! Das ist unwahrscheinlich, was diesmal passiert ist! (Beifall bei der ÖVP.)
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