Gemeinderat,
16. Sitzung vom 29.05.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 21 von 90
Sie die Wienerinnen und Wiener, die die Kunden der Wiener
Linien sind, nicht mitbestimmen? - Geben Sie diese Wiener Linien den
WienerInnen wieder zurück! Das ist die Devise. Versuchen Sie nicht krampfhaft,
sich in einem sozialdemokratischen Kampfthema zu verteidigen. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Als Nächster ist Herr GR Dr GÜNTHER zum Wort
gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Dr Helmut GÜNTHER (Klub der Wiener Freiheitlichen): Frau Vorsitzende! Die
Eigentümervertreter der Wiener Linien!
Als ich heute in der Früh die Aktuelle Stunde gesehen habe,
habe ich mir gedacht: Was meint die ÖVP dabei? Ich bin dann an sich auch zu dem
Schluss gekommen, zu dem der Kollege Salcher in seinem letzten Satz gekommen
ist: Die Wiener Linien gehören den Wienerinnen und Wienern.
Aber so wie er es angelegt hat, hat er hier eine
PR-Sendung für den Personalvertreter der Wiener Linien Simanov veranstaltet.
Jetzt kann man zu Simanov stehen wie man will, aber eines muss man Simanov zugestehen:
Er ist seiner Aufgabe als Personalvertreter nachgekommen, und zwar für die
Leute, die ihn gewählt haben oder jetzt bei der letzten Wahl nicht mehr gewählt
haben. Und eines muss man auch sagen: Man hat mit dem Simanov immer trefflich
streiten können. Aber er hat sich immer für die Mitarbeiter der Wiener Linien
eingesetzt. Und das ist die Aufgabe eines Personalvertreters und muss ihm als
solches auch zustehen.
Und das Zweite: Man kann dem StR Rieder im Bereich
der Wiener Linien durchaus das eine oder andere vorwerfen. Aber eines kann man
ihm nicht vorwerfen, dass man sagt: Er ist derjenige, der die verdienenden
Linien verkaufen und die anderen sich behalten möchte. Denn dagegen ist er
immer klar und deutlich aufgetreten und hat gesagt: Wir können es uns nicht leisten,
die positiven Linien zu verkaufen und auf den nichtpositiven selber sitzen zu
bleiben.
Aber die Grundvoraussetzung für all das, was wir
heute diskutieren, hat die ÖVP in der kleinen Koalition mit der SPÖ 1999
geschaffen. Da war sie irrsinnig stolz darauf, dass die Wiener Linien
ausgegliedert wurden und dass die Kontrollrechte des Gemeinderats praktisch auf
Null zurückgegangen sind. Was genau der Preis war, weiß ich nicht. Das Einzige,
was der ÖVP damals gelungen ist, neben dem, dass sie so begeistert war davon,
war, dass sie den Finanzvorstand der Wiener Linien bestellt hat und zwei
Aufsichtsräte, die heute noch tätig sind. Aber ich glaube, das war der einzige
Vorteil, den die ÖVP von dieser Idee gehabt hat.
Und dann hat sich die ÖVP überhaupt zurückgezogen,
denn als die Wiener SPÖ draufgekommen ist, dass das mit den Wiener Linien als
Privatfirma nicht ganz so einfach ist, hat sie versucht, die Notbremse zu
ziehen und hat den ÖPNV-Vertrag mit den Wiener Linien abgeschlossen. Und das
war durchaus zum Schutz der Wiener Linien eine richtige Entscheidung, denn all
das, was in letzter Zeit in Brüssel - oder in vorletzter Zeit, in letzter Zeit
war es gar nicht mehr so arg - über Liberalisierung vom öffentlichen
Personennahverkehr gesprochen wurde und auch diskutiert wurde, war ja nicht
dazu angetan, die Chance zu erwarten, die Entscheidungen für den öffentlichen
Personennahverkehr im Bereich der Stadt zu behalten, und zwar dort, wo sie
getroffen werden müssen und wo es immer heißt - auch aus Brüssel -: Das Subsidiaritätsprinzip
ist als Allererstes heranzuziehen. Und genau das hat der ÖPNV-Vertrag versucht.
Er ist aber nicht so geworden, wie man sich das vorstellen könnte, und er hat
den Wiener Linien Vorteile verschafft, die auch nicht unbedingt notwendig gewesen
wären, mit einer langfristigen Finanzierung, die jetzt dazu führt, dass es
trotzdem zu den Erhöhungen bei den Fahrpreisen kommt. Man hat aber bereits 1999
- und das muss der Kollege Salcher auch gewusst haben - die Tarifhoheit
weitergegeben an die Wiener Linien. Das war einer der Punkte, die damals mitgegangen
sind und die er heute nicht wirklich beklagen kann.
Dazu muss man schon auch sagen, dass die Kontrollrechte
des Landes weg sind, durch die Finanzierung über den ÖPNV-Vertrag die
Finanzierung der Wiener Linien gesichert ist und die Einflussmöglichkeit ausschließlich
vom Eigentümervertreter Rieder wahrgenommen werden kann.
Aber wirklich interessant ist die Stellungnahme der
ÖVP, die damals diesen ÖPNV-Vertrag abgelehnt hat. Vorige Woche hat in Graz der
52. Österreichische Städtetag stattgefunden und dabei sind insgesamt zwei
Resolutionen gefasst worden, womit sich eine genau mit dem Bereich ÖPNV, also
öffentlicher Personennahverkehr, befasst hat und in der formuliert wurde, das
Subsidiaritätsprinzip in den Vordergrund zu stellen und die Entscheidungen in
den Städten zu belassen. Dieser Resolutionsantrag wurde von allen beim
Städtetag vertretenen Fraktionen einstimmig beschlossen. Die Hauptverhandler
dieses Vertrags waren der Bürgermeister von Linz Dobusch, der Finanzstadtrat
von der SPÖ, der Finanzstadtrat von Graz Nagl und ich. Und alle waren wir uns
einig, dass diese Entscheidung richtig ist. Die Einzigen, die eigentlich nicht
mitstimmen hätten dürfen, waren dann bei den Delegierten der Kollege Tschirf
und der Kollege Prochaska, denn die haben sich in Wien dagegen ausgesprochen.
In Graz haben sie sich Gott sei Dank einstimmig zu dieser Entscheidung bekannt.
Aus diesem Grund glaube ich, so wie die Einleitung
geheißen hat und wie auch Salcher geschlossen hat, die Wiener Linien gehören
den Wienerinnen und Wienern. Ihr Eigentümervertreter ist der StR Rieder, der
dieser Eigenschaft manchmal nicht zum Wohle und zum Wohlergehen der Wienerinnen
und Wiener nachkommt. (Beifall bei der
FPÖ.)
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Danke. - Als Nächster ist Herr GR Kopietz zum Wort
gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Harry Kopietz (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats):
Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!
Ich bin an und für sich ebenso irritiert gewesen, wie
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