Gemeinderat,
16. Sitzung vom 29.05.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 18 von 90
Bereichen gegen weitere Privatisierung, gegen weiteren
Ausverkauf aufzutreten. Und ich würde mir wünschen, dass auch die ÖVP die
GRÜNEN in diesem Bestreben unterstützt und nicht den Auftakt "Wem gehören
die Wiener Linien?" zu einer peinlichen Gewerkschaftshetze nützt. - Ich
danke Ihnen sehr. (Beifall bei den GRÜNEN
und bei der SPÖ.)
Vorsitzender GRin Josefa Tomsik: Als Nächster ist Herr GR Stark zum Wort gemeldet.
Ich erteile es ihm.
GR Rudolf Stark
(Klub der Wiener Freiheitlichen):
Sehr geehrte Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Die Wiener Stadtwerke mit dem Teilbetrieb Wiener
Linien waren eine Unternehmung der Stadt Wien und wurden mit Beschluss des
Gemeinderats vom 17. Dezember 1998 mit den Stimmen der ÖVP und SPÖ in eine
Wiener Stadtwerke Holding AG übergeführt, wobei für die Bereiche Wienstrom,
Wiengas, Wiener Linien und Bestattung die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft
geschaffen wurde.
Schon bei dieser Umstrukturierung hat die freiheitliche
Fraktion auf die Nachteile dieser Holdingstruktur hingewiesen, einerseits auf
gesellschaftsrechtliche Nachteile, andererseits auf politische Nachteile für
den Gemeinderat. Die gesellschaftsrechtlichen Nachteile waren beziehungsweise
sind zum Beispiel die Verhinderung der Verschmelzung untergeordneter
Gesellschaften mit fremden Gesellschaften zur Schaffung einer überregionalen
Struktur.
Ziel einer Änderung der Organisationsstruktur hätte
unseres Erachtens sein sollen unter anderem die Schaffung der Voraussetzung für
einen überregionalen Personennahverkehr unter Einbindung der Wiener Linien sowie
für eine überregionale Elektrizitäts- beziehungsweise Energieversorgung. Beim
öffentlichen Personennahverkehr hätten wir uns diese überregionale Lösung in
Form eines Verkehrsverbunds vorgestellt, und zwar nicht nur im Hinblick auf
einen Tarifverbund, sondern auch hinsichtlich der Gesellschaftsstruktur, zum
Beispiel wie in Frankfurt der Rhein-Main-Verkehrsverbund oder der
Baden-Württembergische Verkehrsverbund in Stuttgart.
Die Nachteile, die den Gemeinderat betreffen, meine
sehr geehrten Damen und Herren, waren aber noch größer. Obwohl die Stadt Wien
noch immer 100-prozentiger Eigentümer der Holding ist, wurden dem Gemeinderat
sämtlicher Einfluss und sämtliche Kontrollmöglichkeiten entzogen. Auch darauf
haben wir im Dezember 1998 hingewiesen. Bezüglich der Wiener Stadtwerke AG mit
ihren Töchtern Wienstrom, Wiengas, Wiener Linien und Bestattung hat der
Gemeinderat keine Möglichkeit mehr, schriftliche oder mündliche Anfragen zu
stellen, hat der Gemeinderat kein Informations- und Debattenrecht mehr, hat der
Gemeinderat keinen Einfluss mehr auf die Tarifgestaltung. Und vor allem, meine
sehr geehrten Damen und Herren, hat der Gemeinderat keine Kontrollmöglichkeit
mehr.
Bei all diesen Benachteiligungen des Wiener Gemeinderats
hat die ÖVP als Koalitionspartner der SPÖ mit der SPÖ damals voll mitgespielt,
und ich darf aus der damaligen Debattenrede der ÖVP zitieren. "Wir haben
uns in dieser Stadtregierung vor einem Jahr zum Ziel gesetzt, eine Neuorganisation
der Wiener Stadtwerke, dass die erfolgen soll. Wir haben jetzt einen wesentlichen
Schritt dazu gesetzt, und ich möchte mich bei dieser Gelegenheit vor allem auch
bei Frau StR Mag Ederer für die konstruktive Arbeit bedanken. Ich glaube, dass
wir auf diesem Weg in eine gute Zukunft für die Wiener Stadtwerke und für die
Beschäftigten der Stadt Wien unterwegs sind." So damals die ÖVP.
Auf Grund des Themas der ÖVP zur heutigen Aktuellen
Stunde, "Wem gehören die Wiener Linien?", schließe ich, dass die ÖVP
bei der Neuorganisation der Wiener Stadtwerke deren Folgen nicht erkannt und
unsere Kritik und unsere Warnungen ignoriert hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP! Nun
erkennen auch Sie, dass es keinen Grund zum Jubeln gibt, dass es keinen Grund
für Dank an den damaligen Koalitionspartner gibt, sondern dass es wesentlich
bessere Schritte für eine gute Zukunft der Wiener Stadtwerke im Sinne der
freiheitlichen Überlegungen gegeben hätte.
Dieser von der SPÖ geplante und von der ÖVP mitgetragene
Entzug der Kontrollrechte, auch jener gegenüber den Wiener Linien, war eine
Verhöhnung der gewählten Mandatare und somit auch eine Verhöhnung der Bürger
der Stadt Wien. Die Frage zum Thema der Aktuellen Stunde, "Wem gehören die
Wiener Linien?", meine sehr geehrten Damen und Herren von der ÖVP, die
hätten Sie bereits früher stellen müssen, vor dreieinhalb Jahren, bevor Sie
dieser Umstrukturierung zugestimmt haben. (Beifall
bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Josefa Tomsik: Danke. - Als Nächster ist Herr GR Hundstorfer zum
Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Rudolf Hundstorfer
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats): Frau Vorsitzende! Meine sehr geehrten Damen und
Herren!
Zwar weiß man es, aber es ist von Zeit zu Zeit ziemlich
entlarvend, wie die ÖVP mit Arbeitnehmerrechten umgeht, wie die ÖVP mit Gewerkschaftsrechten
umgeht. Es zeigt das wahre Gesicht dieser Partei, dass man ein Mitglied des
Wirtschaftsbunds hier herstellt und den Abgesang machen lässt, was die ÖVP
wirklich von Gewerkschaftsrechten hält und was die ÖVP wirklich von
Arbeitnehmerrechten hält, unter anderem auch von einem Mitbestimmungsparagrafen
der Arbeitsverfassung.
Und wenn Sie sich hier herstellen, Herr Dr Salcher,
und von den pragmatisierten Mitarbeitern der Postbus AG sprechen, dann darf ich
Sie ein bisschen aufklären. Schauen Sie sich einmal an, wie viele dort wirklich
noch pragmatisiert sind. Denn ich finde es eine wirkliche Unverschämtheit von
Ihnen, locker da herauszugehen und zu sagen: die pragmatisierten Mitarbeiter.
Das sind Mitarbeiter, die eine Sorge haben um einen Arbeitsplatz. Die
Pragmatisierungsquote ist dort minimalistisch. Das ist ein kleiner Teil von
Altmitarbeitern. Jeder, der dort seit Jahren aufgenommen wird, kennt das
Pragmatikum nur mehr vom Hörensagen.
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