Gemeinderat,
15. Sitzung vom 26.04.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 96 von 99
gegen den Rainhard Fendrich habe, aber ob das wirklich das
tolle Angebot ist, das sollen die Jugendlichen beurteilen. Der "Sky
Day" ist Geschmackssache. Ob es wirklich trendsportartig toll ist,
Jugendliche zu einer Fallschirmsportveranstaltung einzuladen, das sei dahingestellt.
Ich habe schon im November bezüglich der JungbürgerInnenveranstaltung
gemeint, dass es nicht daran liegt, dass es diese Veranstaltungen gibt, dass
wir nicht wirklich 100-prozentig zufrieden sind, sondern dass es darüber
hinausgehen muss, und zwar die jungen WählerInnen in dieser Stadt auch aktiv an
der Politik teilhaben zu lassen und die Politikverdrossenheit, die es unter den
Jugendlichen gibt, in Angriff zu nehmen. Wenn in diesem Akt steht, dass eine
der Zielsetzungen dieser Großveranstaltungen ist, die Verbesserung des Verhältnisses
der jungen MitbürgerInnen zur Politik und zur Verwaltung zu erreichen, dann
frage ich mich, wie das gehen soll, wenn elegante Ballveranstaltungen oder eben
diese Stadt-Wien-Partys abgehalten werden, die eigentlich - das ist auch gut so
- dem Entertainment und dem Sichwohlfühlen, Lustigsein und Spaßhaben dienen,
aber sicher nicht dazu geeignet sind, Politik zu transportieren beziehungsweise
die jungen Menschen zu animieren, sich an der Politik zu beteiligen.
Ich möchte deshalb gemeinsam mit der Kollegin Jerusalem
einen Antrag einbringen:
"1. Wir fordern die zuständige
Magistratsabteilung auf, ein Konzept zu entwickeln, das über Entertainment hinausgeht,
sondern viel mehr nach wissenschaftlichen Richtlinien zur Jugendbeteiligung am
öffentlichen Leben gestaltet wird.
2. Zur Verstärkung der Mitbestimmung von jungen
Menschen veranstaltet die Stadt Wien zweimal jährlich einen Jugendgemeinderat.
Die Ergebnisse daraus werden in den zuständigen Gemeinderatsausschüssen behandelt."
In formeller Hinsicht beantragen wir die Zuweisung
dieses Antrags an den Gemeinderatsausschuss.
Wir werden diesem Akt schweren Herzens zustimmen,
weil wir nichts gegen diese Veranstaltungen haben, aber man sollte sich schon
überlegen, ob wir nicht mehr anbieten, um die jungen WählerInnen an der Politik
teilhaben zu lassen. - Danke. (Beifall
bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Rudolf Hundstorfer: Als Nächste ist Frau GRin Novak-Schild zum Wort
gemeldet. - Bitte.
GRin Barbara Novak-Schild
(Sozialdemokratische Fraktion des Wiener
Landtags und Gemeinderats): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter
Herr Berichterstatter! Guten Abend, meine Damen und Herren, weil es ist inzwischen
schon Abend!
Das vorliegende Poststück behandelt die JungbürgerInnenveranstaltungen,
zu denen die Bundeshauptstadt jährlich anlässlich der Volljährigkeit ihrer
jungen Bewohnerinnen und Bewohner einlädt. Diese Veranstaltungen dienen vor
allem dazu, die JungbürgerInnen als gleichberechtigte Mitglieder in der Gesellschaft
willkommen zu heißen, mit ihnen quasi ihre Volljährigkeit zu feiern und so die
ersten Informationen für Bürgerinnen und Bürger zu geben, was die Politik und
die Verwaltung dieser Stadt anbelangt. Das wird auch heuer wieder im Rahmen der
Einladung zu diesen JungbürgerInnenveranstaltungen passieren. Es wird eine CD-ROM
produziert werden, die viele Informationen und nützlich Tipps und Links, auch
für das Internet, beinhalten wird. Weiters wird es, um den politischen
Diskussionsansatz ein bisschen zu erfüllen, im Internet eine Homepage geben,
auf der gevotet werden kann, auf der zu bestimmten relevanten jugendlichen
Themen Stellung bezogen wird und Diskussionen stattfinden sollen.
Die heurigen Veranstaltungen werden sehr gut besucht
werden, nehme ich an, vor allem deshalb, weil wir heuer zwei Jahrgänge zu
diesen Veranstaltungen einladen. Das ist deshalb notwendig geworden, weil die
Bundesregierung die Volljährigkeit auf 18 Jahre herabgesetzt hat. Diese
Herabsetzung war aus meiner Sicht der erste Stein zu einem Puzzle, der ganz
klar ein Bild der Verschlechterung für Jugendliche zeigt. Viele weitere Puzzlesteine
sind inzwischen gefolgt, von der Auflösung der Jugendpolizei angefangen bis zur
- jetzt ganz aktuell - Zerspaltung und Zerschlagung des Jugendgerichtshofs.
Meine Damen und Herren, diese geplante Zerschlagung
des Jugendgerichtshofs - dazu muss ich einfach Stellung beziehen und etwas
sagen - ist kontraproduktiv und in Wahrheit ein Skandal! (Beifall bei der SPÖ.)
Die Meldungen und Stellungnahmen von ExpertInnen von
JugendbetreuerInnen, von JugendrichterInnen und Staatsanwälten hören gar nicht
mehr auf, reißen nicht mehr ab, da alle schon schwere Bedenken dagegen äußern
und sagen, warum sie glauben, dass es nicht sinnvoll ist, den Jugendgerichtshof
in der jetzigen Form aufzulösen und zu zerstören. Mein zentraler Kritikpunkt
geht vor allem dahingehend, dass ein System, das sehr gut funktioniert hat,
sehr sensibel ist und seit 1928 besteht, in einer kompletten Nacht- und
Nebelaktion quasi per Fax, ohne vorher mit irgendjemandem darüber zu reden -
geschweige denn mit der Stadt darüber zu reden -, einfach aufgelöst und zerschlagen
wird, und zwar mit der Argumentation, ein bisschen Geld einzusparen, das aber
überhaupt nicht zur Relation des Angebots und des Engagements des
Jugendgerichtshofs steht. Das ist ein eindeutiger Schlag ins Gesicht der
Jugendlichen in dieser Stadt und zeigt auch den Stellenwert, den Jugendliche
und die Bedürfnisse der Jugendlichen bei den Parteien der Bundesregierung
haben, nämlich anscheinend so gut wie keinen, denn es dürfte sie nicht
interessieren, welche Bedürfnisse die Jugendlichen haben und was sie in
Wahrheit brauchen. Den jungen WienerInnen ist damit eine faire Chance auf
Wiedereingliederung in die Gesellschaft genommen worden, wenn sie einmal
straffällig geworden sind. Der Jugendgerichtshof hat hier sehr viel Hilfe
geleistet und mit sehr außergewöhnlichen Methoden viel erreicht. Das wird im
Endeffekt auch zum Anstieg der Jugendkriminalität und damit zur Verschlechterung
der Lebensqualität in Wien führen.
Wirklich erschüttern tut mich eigentlich auch, dass die ÖVP
diesen Plänen des Herrn Böhmdorfer zustimmt, damit die Sicherheitsstruktur in
Wien gefährdet und kein
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