Gemeinderat,
12. Sitzung vom 01.03.2002, Wörtliches Protokoll - Seite 79 von 81
absichtlich auch als
Minderheitenrecht definiert worden, sodass man sagt, es bedarf keiner Mehrheit
in diesem Hause zur Einsetzung einer Untersuchungskommission, sondern es kann
schon eine Minderheit - eben nicht die Mehrheit - dieses Hauses solch eine
Untersuchungskommission beantragen. Daher ist es auch gut so, dass hier jetzt
dieses Instrument zur Anwendung kommt.
Ich möchte in
diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass dieses Instrument im
österreichischen Nationalrat nicht vorhanden ist. Dort entscheidet die
Mehrheit, ob es einen Untersuchungsausschuss gibt oder nicht. Dort werden
andauernd und immer wieder Anträge zur Kontrolle von wirklichen Skandalen und
gravierenden Ungereimtheiten regelrecht abgeschmettert. Ich sage nur Spitzelaffäre,
ich sage nur Thomson-Radaranlage-Anschaffung, ich sage nur Gagenskandal im
Ministerium. In all diesen Fällen schmettert Schwarz-Blau undemokratisch alle
Untersuchungen regelrecht ab. (Beifall
bei der SPÖ.)
Aber zurück zu
den Verfahrensfehlern, die wir heute hier diskutieren. Günter Kenesei hat in
seiner Begründung etwas gesagt, was meiner Ansicht nach sehr wichtig ist: Es
hat nicht eine Magistratsabteilung versagt, sondern es hat der Leiter einer
Magistratsabteilung versagt. - Das war das Zitat von Günter Kenesei. Dies
scheint, den fünf Kontrollamtsberichten Folge leistend, absolut der Fall zu
sein. Da ist nichts zu beschönigen und gut zu reden, sondern das Wichtige ist,
dass hier der Leiter versagt hat, wie Kenesei sagt.
Die Politik
dieser Stadt, der zuständige amtsführende Stadtrat, hat sofort die richtigen
Maßnahmen gesetzt, dass künftig solche Verfahrensfehler nicht mehr passieren können,
sondern dass in Zukunft absolute Transparenz und vollständige Information
gewährleistet sein werden. (Beifall bei
der SPÖ.)
Vorsitzende
GRin Josefa Tomsik: Als
Nächster ist Herr GR Pfeiffer zum Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Gerhard Pfeiffer (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Vorsitzende! Meine sehr
geehrten Damen und Herren!
Ich habe
vorgestern das Begehren zur Einsetzung einer Untersuchungskommission betreffend
Praxis der Wiener Flächenwidmungen unterschrieben, weil meine Fraktion der
Meinung ist, dass jene Tatbestände, die das Kontrollamt festgestellt und
aufgezeigt hat, komplett und restlos aufgeklärt werden müssen, und weil ich
mich persönlich dieser Meinung voll und ganz anschließe. Wir haben im Sinne
einer Ökonomie nur eine Unterschrift geleistet. Denn solche
Untersuchungsinitiativen können ja, wie Sie wissen, von einem Gemeinderat nur
zweimal - und das für Landtag und Gemeinderat insgesamt - in der Legislaturperiode
unterschrieben werden.
Ich habe auch
deswegen unterschrieben - und das muss ich hier leider sagen -, weil einige
Äußerungen von wenigen sozialdemokratischen Politikern in Pressekonferenzen,
aber auch in der Sitzung des Kontrollausschusses extrem unfair waren,
insbesondere die des Herrn StR Rieder, nein, des Herrn StR Schicker.
Unglaublich ist in dem Fall die Art und Weise, wie er seine fachliche Kompetenz
hervorgekehrt hat, um sozusagen die fachliche Kompetenz seines Vorgängers
schlecht zu machen.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Ich habe - und darum war "Rieder" der
Versprecher - in der Budgetdiskussion bei Herrn StR Rieder gemeint, dass zu
viel Fachwissen in der Politik schadet, dass allerdings gar kein Wissen in der
Politik auch nicht angebracht ist. Bei Herrn StR Rieder habe ich bemängelt,
dass er gar kein Wissen über Biochemie und Biophysik im Gegensatz zu Biotechnologie
hatte und immer gemeint hat, es wäre Biotechnologie gefördert worden, obwohl es
die beiden anderen Dinge waren. Hier ist es umgekehrt: Hier ist ein Mann mit
einem hohen Fachwissen, aber seine politische Performance ist eigentlich
kläglich.
Darum frage
ich mich: Wie kann man so unfair sein und dieses Fachwissen ins Spiel bringen,
wenn ich nur an die inferioren Verhandlungsergebnisse beim Durchsetzen der
Masterplan-Maßnahmen denke, an den Eiertanz beim Bau Wien-Mitte (GR Christian Oxonitsch: Ist aber schon
klar, von wem der gekommen ist, der Masterplan?) oder, noch schlimmer, an
das Desaster in der Roßau! (GR Christian
Oxonitsch: Da hat es keinen Masterplan gegeben!) Bei so schlechter
politischer Performance, seinem Vorgänger gegenüber die eigene fachliche
Kompetenz in den Vordergrund zu stellen, ist unfair, meine sehr geehrten Damen
und Herren! (GR Mag Christoph Chorherr:
Wer hat Wien-Mitte ...?) Das ist nicht notwendig und das muss hier einmal
klar und deutlich gesagt werden. (Beifall
bei der ÖVP.)
Meine Damen
und Herren! Viel schlimmer sehe ich in diesem Zusammenhang eigentlich den
Rechtsbruch im Zusammenhang mit dem Gründruckverfahren. Im Jahre 1996 gibt es
eindeutig einen Landtagsbeschluss - ich habe ihn hier -, da steht drin, wie das
durchzuführen ist. (GR Christian
Oxonitsch: Es gibt keinen Rechtsbruch, das wissen Sie genau!) Über einen
Landtagsbeschluss kann man sich als Stadtrat nicht einfach hinwegsetzen, man
kann nicht einfach sagen: den vollziehe ich nicht. So wird das nicht gehen,
meine sehr geehrten Damen und Herren!
Selbstverständlich
können Sie Ihre Magistratsabteilungen fragen, auch alle anderen
Magistratsabteilungen, soviel Sie wollen, aber das Gründruckverfahren ist gesetzlich
normiert und durch einen Beschluss des Landtags fixiert. Das nicht zu machen,
ist eindeutig ein Rechtsbruch! Wir werden uns darüber in der
Untersuchungskommission wahrscheinlich ebenfalls unterhalten müssen.
Ich habe also diese
Untersuchungskommission mit befürwortet, weil es um die Flächenwidmungspraxis
in Wien geht und nicht, wie es in dem Titel dieser dringlichen Anfrage steht,
um den "Wiener Widmungsskandal" oder, wie es im Titel der heutigen
Aktuellen Stunde, "Sie wünschen, wir widmen", festgehalten ist. Nein,
meine Damen und
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
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